Coronakrise Deutschland im Shutdown-Modus – Die Alternativlos-Kanzlerin kehrt zurück
Merkel: Keine Urlaubsreisen ins In- und Ausland
Berlin Angela Merkel war sich der historischen Dimension ihrer Ankündigung bewusst. In der Coronakrise würden nun Maßnahmen ergriffen, „die es so in unserem Lande noch nicht gegeben hat“, sagte die Kanzlerin am Montagabend. Nun geschehe, „was wir bisher in über 70 Jahren Bundesrepublik noch nicht tun mussten. Aber jetzt tun müssen.“
Merkel bezeichnete die von der Bundesregierung empfohlenen und von den Ländern umzusetzenden massiven Einschränkungen des Alltags als notwendig, um die Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 zu verlangsamen und das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Es fehlte in der Ansprache der Kanzlerin eigentlich nur noch das Wort, mit dem sie einst ihr Handeln in der Euro-Krise begründete: alternativlos.
Wie lange der beispiellose Stopp des öffentlichen Lebens und die Begrenzung von Freiheiten dauern sollen, sagte Merkel nicht. „Wir kommen desto schneller durch diese Phase hindurch, je mehr sich jeder Einzelne an diese Auflagen und an diese Regelungen hält“, so die CDU-Politikerin.
Bis auf weitere Order ist die Republik also im Shutdown-Modus. In Koalitionskreisen hieß es, dass der Maßnahmenkatalog auch in den Bundestagsfraktionen von Union und SPD Konsens sei. Auch unter den Bundesländern herrsche Einigkeit über das Vorgehen, machte Merkel deutlich.
„Es leitet uns dabei, was uns immer wieder von der Wissenschaft gesagt wird“, erklärte die Kanzlerin. Um das Virus auszubremsen, sei die wirksamste Maßnahme, soziale Kontakte zu verringern oder zu vermeiden. Es werde „einen Prozentsatz von schweren Krankheitsverläufen“ geben, die das Gesundheitssystem auch behandeln können müsse.
Für dieses Ziel verordnet der Staat dem Land den weitgehenden Stillstand. Ein Großteil der Geschäfte soll geschlossen werden. Ausnahmen gibt es unter anderem für Supermärkte, Tankstellen, Drogerien, Banken und Apotheken. Die Bevölkerung soll sich weiter versorgen können.
Der Maßnahmenkatalog sieht darüber hinaus vor, Gottesdienste sowie Treffen in Vereinen zu verbieten. Spielplätze sollen gesperrt werden. Restaurants müssen demnach spätestens um 18 Uhr schließen und dürfen frühestens um 6 Uhr öffnen. Ganz dichtmachen sollen Bars, Clubs, Diskotheken sowie Kneipen, Theater, Opern, Konzerthäuser und Museen – dies ist in einigen Ländern bereits der Fall oder angekündigt.
Angesichts der Gefahren der Coronakrise für die Wirtschaft wies Merkel auf „umfangreiche Schutzmaßnahmen“ für Unternehmen hin, die Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) verkündet haben. Und sie schloss sich dem Versprechen der beiden Minister an: „Wir werden das tun, was nötig ist.“
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Der gemeinsame Plan von Bund und Ländern sieht außerdem vor, dass Übernachtungsangebote im Inland nur noch zu „notwendigen und ausdrücklich nicht zu touristischen Zwecken“ genutzt werden sollen. „Das beinhaltet und bringt auch mit sich, dass es keine Urlaubsreisen ins In- und auch keine ins Ausland geben soll“, sagte Merkel.
Ohnehin würde es den Deutschen an Reisezielen mangeln. In der Coronakrise schließen immer mehr Staaten ihre Grenzen in der Hoffnung, im Kampf gegen die Pandemie Zeit zu gewinnen. Die Freizügigkeit für EU-Bürger, einer der Grundpfeiler der Europäischen Union, ist de facto ausgesetzt.
Merkel betonte, die Kontrollen und Zurückweisungen an den Grenzen seien aus Sicht der Bundesregierung „befristete Maßnahmen, die jetzt erst mal dazu dienen, die Infektionsgefahren zu verringern“.
Eine Garantie für eine Rückkehr zu einem Europa ohne Schlagbäume gab die Kanzlerin allerdings nicht ab. Auf die Frage, ob nach der Coronakrise das passfreie Reisen im Schengen-Raum wieder möglich sein werde, antwortete die Kanzlerin nur: „Das hoffe ich.“ Allerdings habe sich schon gezeigt, dass die Koordination der EU-Staaten in dieser Frage nicht immer funktioniere.
Ein klares Bekenntnis, für eine der vier Grundfreiheiten der europäischen Verträge zu kämpfen, sieht anders aus.
Mehr: Olaf Scholz: „Wir werden die Wirtschaft nicht hängen lassen“
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Die Maßnahmen müssen verhältnismäßig bleiben.
In der Grippewelle 2017/18 starben rd. 25.100 Menschen in Deutschland, linear betrachtet 69 Personen täglich, wie der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, am 30. September 2019 erklärte. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/106375/Grippewelle-war-toedlichste-in-30-Jahren.
Abzuwägen sind hier nicht nur die Rechtsgüter Gesundheit, soweit besondere Risiken bestehen, sondern auch Freizügigkeit, Eigentum, Ausübung der Religionsfreiheit etc.
Der "Aktionismus", das gleichförmige Verhalten erinnert ein wenig an den "Blaumilchkanal" von Kishon.
Da England sich komplett anders verhält, werden wir am Ende der Osterferien wissen, ob die Maßnahmen des "Lockdown" nur eine maßlose Belastung der Wirtschaft erzeugt haben oder tatsächlich einen verhältnismäßigen "Mehrwert".
Herr Andre Peter, nein es war nicht Herr Spahn, sondern Herr Maas (der Herr mit den zu kleinen Anzug!).
Hat Jens Spahn nicht im Januar Masken und Schutzgeräte nach China verschenkt?
Wie blauäugig muss man sein, um als Gesundheitsminister nicht zu erkennen, dass eine Virusinfektion auch nach Deutschland kommen kann!
Zudem hat er erst am letzten Freitag 10.000 Beatmungsgeräte bei Drägerwerk bestellt - das hat aber sehr, sehr lange gedauert!
Frau Merkel muss endlich zurücktreten. 2015 konnten die Grenzen nicht geschlossen werden, jetzt geht es.
Nur Lügen aus der Politik, wie früher in der DDR. Und Ihr Krisenmanagement bisher war auch bei "null". Was jetzt im Krisenmanagement passiert, haben wir, so glaube ich Herrn Söder zu verdanken.
Danke, Herr Gregor Waschinski,
schön, dass es noch klare Denker gibt!
Ja, die Grundrechte werden eingeschränkt und alles erscheint so sehr alternativlos!
Meine Überlegung ist: Wenn Menschen 14 Tage infiziert sein können, ohne dies zu merken, haben sie bestimmt einige hundert andere bereits angesteckt. Insofern bin ich davon überzeugt, dass die Welt bereits weitgehend "durchinfiziert" ist.
Klar soll man sich schützen, Hände waschen und sonst möglichst Infektionen vermeiden - das gilt aber IMMER und GRUNDSÄTZLICH.
Wie war es mit der Schweinepest und Vogelgrippe? Haben die Schutzmaßnahmen damals nicht hinreichend funktioniert? Wie war es mit Ebola und SARS? Warum verhält sich England komplett anders? Warum dürfen trotz Englands geringer Einschränkung des öffentlichen Lebens Engländer in die USA einreisen?