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Coronapandemie 3G am Arbeitsplatz: Die neue Regel wirft einige Fragen auf

Müssen Arbeitgeber Tests bereitstellen? Welche Folgen hat es, wenn Beschäftigte sich nicht testen lassen wollen? Solche Fragen werden relevant, wenn ab Mittwoch 3G am Arbeitsplatz gilt.
21.11.2021 - 18:56 Uhr Kommentieren
In der Gebäudereiniger-Branche hält man die 3G-Regelung am Arbeitsplatz für nicht praktikabel. Quelle: dpa
Reinigungskraft

In der Gebäudereiniger-Branche hält man die 3G-Regelung am Arbeitsplatz für nicht praktikabel.

(Foto: dpa)

Berlin Voraussichtlich ab Mittwoch wird die 3G-Regelung am Arbeitsplatz gelten, wenn die am Freitag auch vom Bundesrat verabschiedete Novelle des Infektionsschutzgesetzes bis dahin im Bundesgesetzblatt veröffentlich ist. Beschäftigte dürfen dann nur noch ins Büro oder in die Fabrik, wenn sie geimpft, genesen oder getestet sind.

Arbeitgeber sind verpflichtet, dies täglich zu kontrollieren und zu dokumentieren. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 25.000 Euro.

Für die tägliche Praxis wirft die 3G-Regelung aber eine Reihe von Fragen auf:

Müssen nicht geimpfte oder genesene Arbeitnehmer den Testnachweis selbst erbringen, oder können sie verlangen, dass der Arbeitgeber sie testet?

„Die Arbeitnehmer sind verpflichtet, sich selbst um den Test zu kümmern“, sagt Michael Witteler, Partner bei Pusch Wahlig Workplace Law (PWWL). Sie könnten dafür aber natürlich die zwei Tests nutzen, die der Arbeitgeber wöchentlich zur Verfügung zu stellen hat, oder auch die kostenlosen Bürgertests.

Allerdings stellt das Bundesarbeitsministerium klar, dass vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Tests nur dann gültig sind, wenn sie unter Aufsicht durchgeführt werden. Einfach Selbsttests beim Pförtner auszulegen wird also nicht reichen.

Hans-Hermann Aldenhoff, Leiter der deutschen Praxis der Kanzlei Simmons & Simmons, würde jedem seiner Mandanten empfehlen, den Test zur Verfügung zu stellen – „schon aus Beweiszwecken und weil es die Position im Streitfall mit Impfverweigerern deutlich stärkt“.

Was passiert, wenn Arbeitnehmer nicht geimpft oder genesen sind, sich aber auch nicht testen lassen wollen?

Nach dem geänderten Infektionsschutzgesetz müssen Arbeitgeber Bürobeschäftigten anbieten, von zu Hause aus zu arbeiten, wenn keine betrieblichen Gründe dagegensprechen. „Und in der derzeitigen Situation gibt es eine Pflicht von Arbeitnehmern, einen Homeoffice-Arbeitsplatz anzunehmen“, sagt PWWL-Anwalt Witteler. Und im Homeoffice gilt auch keine Testpflicht.

Sei jedoch eine Tätigkeit von der Wohnung aus nicht möglich und scheitert damit ein Einsatz im Betrieb allein an der fehlenden Erfüllung der 3G-Regel durch den Arbeitnehmer, dürfe und müsse der Arbeitgeber den Beschäftigten nach Hause schicken, betont Tillmann Hecht, Fachanwalt und Partner bei Noerr in Frankfurt.

Ein Anspruch auf Lohn und Gehalt werde in diesem Fall nicht bestehen, da die Arbeitnehmer dann aufgrund der Neuregelung im Infektionsschutzgesetz nicht in der Lage seien, die Arbeitsleistung zu erbringen. „Und dann gilt der Grundsatz: Ohne Arbeit kein Lohn“, sagt Hecht.

Da der Arbeitnehmer seine arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Arbeitsleistung verletze, seien auch arbeitsrechtliche Maßnahmen denkbar, von einer Abmahnung bis hin zur Kündigung. Auch das Arbeitsministerium schreibt, dass Beschäftigte, die keinen 3G-Nachweis vorlegen können oder wollen, „grundsätzlich kündigungsrechtliche Konsequenzen befürchten“ müssten. Allerdings sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Außerdem sollten Arbeitgeber bedenken, dass die 3G-Regelung zunächst bis zum 19. März 2022 befristet ist.

Welche Vorteile haben Arbeitgeber, wenn sie einmal den Impf- oder Genesenenstatus eines Beschäftigten erfahren und diesen gespeichert haben?

Habe der Arbeitgeber den Impf- oder Genesenennachweis einmal kontrolliert und diese Kontrolle dokumentiert, dann könne er die entsprechenden Beschäftigten anschließend grundsätzlich von den täglichen Zugangskontrollen ausklammern, sagt Thomas Ubber, Partner bei Allen & Overy in Frankfurt: „Der Kontrollaufwand nimmt also ganz deutlich ab.“

Allerdings dürfe der Arbeitgeber wegen des Grundsatzes der Datenminimierung nur die Tatsache dokumentieren, dass ein entsprechender Nachweis vorliege – nicht aber, welcher. Ein Fragerecht nach dem Impfstatus bestehe auch nach Änderung des Infektionsschutzgesetzes nur in bestimmten Einrichtungen wie Kitas oder Pflegeheimen.
Die erfassten Daten dürfen nur zur Zugangskontrolle verwendet werden, allerdings ließen sich Missbrauchsfälle nicht vollständig ausschließen, sagt Ubber. So könnte ein Arbeitgeber bei Beschäftigten, die täglich einen Test nachweisen, schließen, dass sie nicht geimpft und nicht von einer Covid-Erkrankung genesen sind.

Dies könne – auch unzulässige – Konsequenzen haben, beispielsweise, dass Beschäftigte von Kundenterminen ferngehalten, vom Rest der Belegschaft isoliert oder im schlimmsten Fall als „Querulanten“ identifiziert würden, die nicht zum Unternehmen

passten. „Probezeitkündigungen oder die Nichtverlängerung befristeter Verträge könnten die Folge sein. „Dies wäre zwar nicht zulässig“, betont Ubber, „die zweckwidrige Datennutzung dürfte aber häufig nicht nachweisbar sein.“

Gibt es Kritik an der geplanten 3G-Regelung?

Einige Berufs- und Branchenverbände halten die 3G-Regelung für nicht praktikabel – einige sprechen sich stattdessen für eine Impfpflicht am Arbeitsplatz aus. Die Test- und Kontrollpflichten seien für das Gebäudereiniger-Handwerk nicht machbar, sagte Johannes Bungart, Geschäftsführer des Bundesinnungsverbands, dem Handelsblatt. „Vor diesem Hintergrund sollte die Politik mutig und ehrlich sein: Besser als neue Test- und Kontrollpflichten, die für Unternehmen unmöglich zu erfüllen sind, wäre bundesweit stattdessen 2G in den Betrieben und damit eine Impfpflicht am Arbeitsplatz.“

Auch der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) hält die Umsetzung der 3G-Regelung nur bedingt für möglich. In Einzelfällen sollten den Betrieben daher Alternativen wie eine 2G-Regelung ermöglicht werden, sagte Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa dem Handelsblatt. „Auch wenn eine gesetzliche Impfpflicht immer nur die zweitbeste Lösung ist, sollte sie nicht von vornherein ausgeschlossen werden.“

Schwerwiegende Folgen werden auch für die Logistikwirtschaft befürchtet. Nach der bisherigen Regelung werden Logistikzentren als Arbeitsstätte gewertet. Entsprechend müssten auch Lkw-Fahrer, die dort zur Be- oder Entladung vorfahren, die 3G-Regel einhalten.

„Im mobilen Bereich droht die Regelung Lieferketten lahmzulegen“, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums, Florian Eck, dem Handelsblatt. Problematisch werde es vor allem bei der grenzüberschreitenden Belieferung.

„Oftmals ist das Personal mit nicht zugelassenen Impfstoffen immunisiert, Tests sind vor der Belieferung nicht greifbar. Die bisher berechtigte Ausnahme von Transportpersonal von der Testpflicht wird damit faktisch außer Kraft gesetzt“, warnt Eck. „Betriebsgelände können somit nicht befahren oder betreten werden, die Auslieferung gerät ins Stocken.“

Dabei hätten die Unternehmen seit März 2020 Schleusenkonzepte aufgebaut und eigene Hygienestandards entwickelt. Transportmitarbeiter sollten deshalb von der Testpflicht ausgenommen werden, soweit der Aufenthalt in der jeweiligen Betriebsstätte nur vorübergehend sei und Hygiene- und Schutzmaßnahmen eingehalten würden, fordert Eck.

Das Deutsche Verkehrsforum warnt wegen der 3G-Regel vor „Staus an den Toren der Logistikzentren“. Quelle: dpa
Logistikzentrum

Das Deutsche Verkehrsforum warnt wegen der 3G-Regel vor „Staus an den Toren der Logistikzentren“.

(Foto: dpa)

Die Schleusenkonzepte sähen unter anderem auch separate Toiletten für betriebsexternes Transportpersonal vor. „Wenn keine Ausnahmeregeln kommen, drohen diesmal keine Staus an den Grenzen, sondern in den Innenstädten und an den Toren der Logistikzentren.“

Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung teilt die Kritik: „Es muss alles unternommen werden, um einen reibungslosen Ablauf der Logistik zu gewährleisten“, sagte Vorstandssprecher Dirk Engelhardt dem Handelsblatt.

Dürfen Arbeitgeber eine 2G-Regelung einführen, also nur Geimpfte oder Genesene in den Betrieb lassen?

SPD, Grüne und FDP, die über die Bildung einer Ampelkoalition verhandeln, wollen eine Impfpflicht für Personal in Krankenhäusern oder Pflegeheimen auf den Weg bringen. Diese soll „einrichtungsbezogen“ erfolgen, könnte also etwa auch das Reinigungs- oder Küchenpersonal in einer Pflegeeinrichtung erfassen.

Simmons-&-Simmons-Anwalt Aldenhoff hält auch darüber hinaus eine 2G-Regelung im Betrieb und eine temporäre Freistellung von Nichtgeimpften für rechtlich möglich, wenn der Arbeitgeber überwiegende betriebliche Gründe anführen könne.

„Dies gilt jedenfalls, wenn ein Einsatz im Homeoffice praktisch nicht möglich ist.“ Allerdings müsse ein Arbeitgeber, der sich für 2G entscheide, einem nicht geimpften und deshalb freigestellten Beschäftigten weiter den Lohn zahlen, wenn dieser zu einem Test bereit gewesen wäre, sagt Aldenhoff.

Mehr: „Ausdruck von Hilflosigkeit und Kopflosigkeit” – Ex-Verfassungsgerichtschef kritisiert Impfpflicht-Debatte

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