Ein Mechanismus für eine Staatsinsolvenz könnte die nationalen Regierungen zu viel stärkerer Haushaltsdisziplin mahnen als die Kriterien von Maastricht allein.
Für Andreas Haufler, VWL-Professor mit Schwerpunkt Wirtschaftspolitik in München, ist nur bei einer Staatsinsolvenz mit einem teilweisen Forderungsverzicht sichergestellt, dass auch die privaten Gläubiger einen angemessenen Beitrag zur Entschuldung leisten. Dies ist zwar auch unter dem ESM möglich, Hauffler befürchtet aber, dass die Kosten der Schuldenkrise unter den gegenwärtigen Bedingungen fast ausschließlich von den Steuerzahlern der Euro-Länder aufgebracht werden müssen.
Laut VWL-Professor Hauffler würde eine Staatsinsolvenz mit anschließender Umschuldung eine effektive Entlastung für diejenigen Staaten bringen, die selbst bei größtmöglichen Sparanstrengungen mit der Bedienung der Zins- und Tilgungslasten überfordert sind. Dies gelte insbesondere für Griechenland. Ohne eine Umschuldung werden weitere Sparmaßnahmen in der griechischen Bevölkerung politisch bald nicht mehr durchsetzbar sein, glaubt Hauffler.
Zahlreiche namhafte Ökonomen – vom deutschen Hans-Werner Sinn bis zum US-Krisenpropheten Nouriel Roubini – sind der Ansicht, dass es billiger wäre, hochverschuldete Staaten wie Griechenland pleite gehen zu lassen und hinterher punktuell Banken zu retten oder zu stabilisieren. Hans-Peter Burghof, Wirtschaftsprofessor der Uni Hohenheim drückt es so aus: Es sei insgesamt billiger Griechenland in eine „gut organisierte Pleite“ zu schicken und dann einige Banken zu stützen.
Die Politik befindet sich bei den Maßnahmen gegen Staatspleiten im Euro-Raum in einer Zwangssituation, konstatiert der deutsche Regierungsberater und Ökonom an der Uni Oxford, Clemens Fuest. Den Verantwortlichen bliebe mangels Alternativen zu immer weiteren Hilfsprogrammen nichts weiter übrig als immer weiter zu zahlen. – Es sei denn, ein Verfahren für eine geordnete Staatsinsolvenz würde eingeführt. Auch der Wirtschaftsweise Christoph Schmidt stellt ernüchtert fest: Nur durch einen strukturierten Pleitemechanismus könne verhindert werden, dass es aus Sorge vor einer ungeordneten Insolvenz immer wieder zu kurzfristig beschlossenen Hilfspaketen auf Kosten der Steuerzahler komme.
Für den Zeitraum nach Einführung des dauerhaften Euro-Stabilitätsmechanismus ESM im Juli 2013 hält sogar Bundeskanzlerin Merkel eine geordnete Staatspleite für möglich. Kein Wunder, waren doch die ersten Vorschläge für den ESM 2010 auch maßgeblich auf Betreiben der deutschen Regierung auf die EU-Tagesordnung gesetzt worden. Der größte Nettozahler Deutschland ist nämlich grundsätzlich sehr daran interessiert, dass andere Euro-Länder zu Sparsamkeit gezwungen werden.
Jüngste Andeutungen, auch von Finanzminister Schäuble, dass ein Vorziehen des ESM hilfreich wäre, werden wohl nicht in die Tat umgesetzt werden – zu hoch sind rechtliche, politische und finanzielle Hürden.
Ist ein Insolvenzmechanismus erst einmal etabliert, besteht die Gefahr, dass eine Insolvenz bewusst in Kauf genommen wird, um die Schulden auf diesem Wege zu senken. Dagegen müssten Maßnahmen getroffen werden, etwa indem ein Antrag abgelehnt werden kann oder der Schuldner das Insolvenzverfahren auch bezahlen muss (dies kollidiert allerdings mit der Problemfrage „Wer stellt den Insolvenzantrag?“).
Ein Insolvenzantrag eines anderen Landes würde wohl als eklatante Verletzung des Souveränitätsprinzips aufgefasst werden. Eine Institution wie der IWF habe aber das Problem, dass er nicht unabhängig sei, sagt Alexander Szodruch, Anwalt bei Latham & Watkins. „Er vereint als Gläubiger Richter und Partei in einer Person.“ Bleibt also nur noch der Pleitestaat selbst, dem es zur Bedingung für Notkredite gemacht werden könnte, dass er den Mechanismus einer Staatsinsolvenz auslöst.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, in den achtziger Jahren für das französische Finanzministerium selbst an einer Reihe von Umschuldungen in der Dritten Welt beteiligt, fürchtet, dass ein Bankrott in Europa für Chaos an den Märkten sorgt: dass Banken und Versicherungen zusammenbrechen, die den Staaten das Geld geliehen haben, dass Investoren in Panik geraten und ihr Geld aus ganz Europa abziehen, was zur Ansteckung ebenfalls gefährdeter Staaten führen könnte - und dass Anleger einen Teil ihres Ersparten verlieren.
Klar ist, dass die EZB, die schon länger massiv Anleihen von hochverschuldeten Euro-Staaten kauft, eine Staatsinsolvenz, vor allem von Griechenland, hart treffen würde. Dies dürfe aber keinesfalls als Argument herhalten, um eine Zahlungsunfähigkeit mit allen Mitteln zu verhindern, sagen Kritiker. Schließlich müsse die EZB neutral bleiben – und wenn sie Verluste verbuche, müssten die Anteilseigner eben notfalls das Kapital der Zentralbank erhöhen. Genau das ist es aber, wovor die Politik Angst hat. Angela Merkel sprach von einem „nicht zu beherrschenden Domino-Effekt“. Zuletzt lehnte die österreichische Finanzministerin einen Schuldenschnitt für Griechenlands Gläubiger im Gespräch mit dem Handelsblatt genau mit Verweis auf eine mögliche EZB-Kapitalerhöhung ab.
Ende September warnte der Präsident des deutschen Bankenverbands, Andreas Schmitz, davor, die Debatte um eine Staatspleite Griechenlands anzuheizen. Eine größere Beteiligung der Banken als der am 22. Juli 2011 beschlossene Anleihetausch, der den Privatsektor insgesamt mit rund 37 Milliarden Euro belasten würden, sei unmöglich.
Zudem erwarten Experten nach einer Pleite eine Verschärfung der Vertrauenskrise im Finanzsystem. „Die Refinanzierungskosten für die Banken würden wohl noch weiter steigen“, warnt Ulrich Kater, Chefvolkswirt des Fondsdienstleisters Dekabank. Wie weit das führen kann, zeigte sich nach der Lehmann.Pleite 2008.
Wozu über Staatspleiten spekulieren und die Märkte nervös machen, wenn es bessere Instrumente gibt? So oder so ähnlich argumentierten einige Banker in den letzten Monaten. Im Raum stehen etwa Brady-Bonds. Bei dieser vom US-Finanzminister Brady in den 80er Jahren erfolgreich gegen eine Schuldenkrise in Lateinamerika engesetzten Methode werden Staatsanleihen mit einem geringen Abschlag (haircut) gegen neue, von einer staatlichen Institution garantierte, getauscht.
Eine für den Steuerzahler noch riskantere, zwischenzeitlich etwa von der Deutschen Bank ins Spiel gebrachte, „Brady debt swap“ genannte Variante: Die europäischen Staaten leihen Griechenland noch einmal Geld. Dafür kaufen die Griechen deutsche Staatsanleihen. Die Gläubiger Griechenlands könnten dann – freiwillig – griechische Anleihen mit einem Abschlag gegen deutsche tauschen.
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Es ist doch absolut richtig nach dem Verfassungsorgan Bundespräsident zu rufen! Er ist immerhin das Staatsoberhaupt! Köhler hat diese Machenschaften nicht mitmachen wollen! Jetzt kann Herr Wulff zeigen ob er diesem herausragendem Amt gewachsen ist!
In welchem Land leben Sie? Ich checke gerade einige Möglichkeiten durch und wäre für einen Tip dankbar.
Wir brauchen viel mehr Gauweilers, Schäfflers und Willschs!
http://www.propagandafront.de/186190/iwf-berater-globale-finanz-kernschmelze-innerhalb-der-nachsten-3-wochen.html
http://www.daf.fm/video/da-kommt-noch-der-grosse-knall-wollen-dm-zurueck-50148289-EU0009652759.html
http://www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de/2011/10/27205/
und Frankreich ist wohl auch schon pleite:
http://www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de/2011/10/27266/
Ich glaube nicht daß Wulff etwas dagegen unternehmen wird. Gauweiler wird an unseren Obermufti und deutscher Vater aller türkischen Mitbürger abgleiten wie an einem Aal.
" Es gibt keine Alternative zum Euro-Raum"...das ist die eigentliche Stammtisch-Dumpfbackenaussage. Als haette vor Einfuehrung des Euro in Deutschland bitterste Not und Krieg geherrscht, und die Exportindustrie sei erst durch den EURO entstanden...Ich lebe seit einigen Jahren in einem Nicht-EU-Nicht-Euro Land: Sehr exportorientiert, erfolgreich, Staatsueberschuesse, gute Infrastruktur, hervorragende Universitaeten...eine Notenbank, die am Markt noch ernstgenommen wird und eine Waehrung, die es auch noch in 30 Jahren geben wird. Traeumt ihr nur weiter euren euroromantischen Traum. Wir wissen ja, wo Visionen deutscher Politiker immer endeten.
@ fingal: nur einen guten rat für dich. das derzeitige europa hängt schon lange am seidenen faden. ich bin auch gegen jedwede populistische großkotze, aber wie es derzeit läuft, gehts auch nicht. noch profitiert deutschland, aber wenn wir jetzt in die falsche richtung gehen, ist die zebröckelnde eu noch das kleinste problem. langsam begreift der smarte bürger, dass es ans eingemachte geht und er sich das nicht gefallen lässt. in griechenland wird schon heftigst ein bild in den medien erzeugt, das alles bis dagewesene in der unrühmlich deutschen geschichte in den schatten stellt. aber bald ist eh die suppe gegessen, wenn erstmal entweder eine heftige hyperinflation oder -deflation die weltwirtschaft wieder ins chaos stürzt.
Diese populistische Mentaldiarrhoe der CSU-Granden geht mir mehr und mehr auf den Geist. Schlimm nur, dass viele Menschen das eigenständige Denken aufgegeben haben und lieber dümmlichen Parolen nachhecheln. Es gibt keine Alternative zum Euro und dessen Wirtschaftsraum, keine zur politischen Einigung Europas.Es wird Zeit, dass die pro-europäischen Kräfte wieder zu Gehör kommen und das dümmliche Stammtisch-Geschwätz der CSU ungehört im Nichts verhallt.
Wenn die CSU Populismus betreibt, dann ist die Haltung der SPD "Bankulismus".
Wer ist der Bundespräsident ?????
Nur ein Erfüllungsgehilfe von Merkel der von ihr abhängig
ist .
Es wird Zeit für eine neue Regierung - einen neuen
Bundespräsidenten !!!!!!!!!!!!!!
Welch gesteuerte Presse. Weh, wenn die CSU den Hintern kneifen sollte....