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Datenschutz-Urteil FDP sorgt sich um Sicherheitskooperation der EU mit Großbritannien

Der Europäische Gerichtshof hat ein wichtiges Datenabkommen zwischen den USA und Europa gekippt. Das könnte auch die künftige Kooperation der EU mit Großbritannien erschweren.
18.07.2020 - 08:43 Uhr Kommentieren
Zum Jahresende endet die Übergangsphase für Verhandlungen, nach dem Großbritannien die EU bereits Ende Januar verlassen hatte. Quelle: dpa
Brexit

Zum Jahresende endet die Übergangsphase für Verhandlungen, nach dem Großbritannien die EU bereits Ende Januar verlassen hatte.

(Foto: dpa)

Berlin Der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle sieht die Sicherheitskooperation zwischen der Europäischen Union und Großbritannien ohne ein spezielles Datenschutzabkommen gefährdet. Der Grund: Wegen des EU-Austritts (Brexit) ist die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Vereinigten Königreich nicht mehr direkt anwendbar. Großbritannien würde somit datenschutzrechtlich als Drittland eingestuft.

Um als sicheres Drittland zu gelten und also auch den Datenaustausch zwischen der EU und Großbritannien weiter zu ermöglichen, könnte die EU-Kommission den Briten alternativ per sogenanntem „Angemessenheitsbeschluss“ ein angemessenes Datenschutzniveau bestätigen. Eine solche Vereinbarung gibt es aber bislang nicht. Zum Jahresende endet die Übergangsphase für Verhandlungen, nach dem Großbritannien die EU bereits Ende Januar verlassen hatte.

Kuhle bezweifelt jedoch, ob ein „Angemessenheitsbeschluss“ nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur EU-US-Datenschutzvereinbarung „Privacy Shield“ überhaupt noch möglich ist. Der EuGH habe im Verhältnis zu den USA einen solchen „Angemessenheitsbeschluss“ eben erst „für unwirksam erklärt, weil die Zusicherungen der USA nicht ausreichen“, sagte der FDP-Politiker dem Handelsblatt.

„Wenn es einen ungehinderten Datenaustausch zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich im Rahmen der so genannten Five-Eyes-Nachrichtendienstkooperation gibt, aber in den USA das Datenschutzniveau nicht ausreichend ist, wird es mit einem Angemessenheitsbeschluss für das Vereinigte Königreich schwierig.“ Zur „Five Eyes“-Gruppe zählen die Geheimdienste der USA, Großbritanniens, Australiens, Neuseelands und Kanadas.

Der EuGH hatte am Donnerstag das transatlantische Datenschutzabkommen „Privacy Shield“ für ungültig erklärt. Das Abkommen begrenze nicht wirksam den Zugriff der US-Sicherheitsbehörden auf personenbezogene Daten von EU-Bürgern, urteilte das oberste europäische Gericht.

Datenschutz muss neue Priorität in Brexit-Verhandlungen bekommen

Die Entscheidung betrifft direkt gut 5000 Unternehmen, die das 2016 geschlossene Abkommen als Rechtsgrundlage für die Übermittlung personenbezogener Daten in die Vereinigten Staaten nutzen. Sie können aber auf sogenannte Standardvertragsklauseln ausweichen, die der EuGH für rechtmäßig erklärte. Allerdings müssen sie dabei grundsätzlich prüfen, ob das erforderliche Datenschutzniveau im Zielland eingehalten werden kann.

Nach dem Safe-Harbor-Abkommen, das der EuGH 2015 gestoppt hat, ist der „Privacy Shield“ schon die zweite Vereinbarung zwischen den USA und der EU, die vor dem Hintergrund der durch Edward Snowden bekannt gemachten Überwachungspraktiken der US-Geheimdienste scheitert.

Für Kuhle liegt auf der Hand, dass das Privacy-Shield-Urteil nun auch ein neues Licht auf die innen- und rechtspolitischen Themen der Brexit-Verhandlungen wirft. Das Urteil dürfe durch den Brexit nicht unterlaufen werden, warnte der FDP-Abgeordnete. „Nun muss die Europäische Kommission dem Datenschutz eine neue Priorität in den Brexit-Verhandlungen einräumen.“

Die Kooperation zwischen EU und Vereinigtem Königreich in Sicherheitsfragen sei „für beide Seiten besonders wichtig“, betonte Kuhle, etwa bei der Vollstreckung europäischer Haftbefehle oder beim Austausch von Informationen über die europäische Polizeibehörde Europol.

„Der Schutz der Grundrechte darf bei der Sicherheitskooperation mit dem Vereinigten Königreich aber nicht unter den Tisch fallen“, fügte der FDP-Politiker hinzu. Zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung der EU-Bürger brauche es daher „echte Verfahrensgarantien und Rechtsschutzmöglichkeiten“.

Kooperation bei der Verbrechensbekämpfung vor dem Aus

Was auf dem Spiel steht, deutet ein Passus im EU-Austrittsabkommen an. „Sofern in diesem Abkommen nichts anderes bestimmt ist, verliert das Vereinigte Königreich am Ende des Übergangszeitraums die Zugangsberechtigung für alle Netzwerke, Informationssysteme und Datenbanken, die auf der Grundlage des Unionsrechts eingerichtet wurden“, heißt es in dem Dokument.

Damit ist der weitere Weg vorgezeichnet: Die Zusammenarbeit zwischen Briten und EU in Sachen Verbrechensbekämpfung wird Ende Dezember in ihrer jetzigen Form Geschichte sein. Es sei denn, beiden Seiten gelingt es noch, ein Abkommen über ihre künftigen Beziehungen zu schließen.

Das müsste dann auch die Kooperation bei Strafverfolgung und Terrorismusbekämpfung umfassen. Dies betrifft insbesondere den Informationsaustausch in den Bereichen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Konkret geht es um das System Europäischer Haftbefehle und die Teilnahme am Europäischen Strafregisterinformationssystem (Ecris), mit dem Sicherheitsbehörden Informationen über Straftäter aus allen anderen Mitgliedsländern beziehen können.

Außerdem geht es um die Einbeziehung in die durch das Prüm-Abkommen etablierten Informationssysteme zu Erbgut-Profilen, Fingerabdrücken und Fahrzeugdaten sowie um das Schengen-Informationssystem, (SIS II), der mit Abstand größten Fahndungsdatenbank der EU. Zudem soll das Vereinigte Königreich weiterhin bei Europol und der Justizbehörde Eurojust mitwirken.

Allerdings: Ohne klare datenschutzrechtliche Regelungen wird es wohl keine Kooperation geben. Hier hat der EuGH mit seinem Urteil zum „Privacy Shield“ neue Pflichten festgelegt, an denen niemand vorbeikommt.

Mehr: Lesen Sie hier, warum die EU den Rest der Welt beim Datenschutz nicht missionieren sollte.

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