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Jim Acosta

Ein Video soll belegen, warum der CNN-Journalist aus der Pressekonferenz geworfen wurde.

(Foto: Reuters)

„Deep Fakes“ So werden manipulierte Videos zur Gefahr für Politik und Wirtschaft

Gefälschte Inhalte sind kaum mehr von authentischem Material zu unterscheiden. Das ist eine Gefahr für ganze Konzerne – und ganze Demokratien.
17.11.2018 - 04:00 Uhr Kommentieren

Berlin Das Weiße Haus macht es – wer macht es noch? Seit die Pressesprecherin von US-Präsident Donald Trump ein angeblich manipuliertes Video über einen Streit mit dem CNN-Journalisten Jim Acosta auf Twitter verbreitete, warnen auch in Deutschland Experten vor der nächsten Stufe von Fake News.

„Wir kennen solche Manipulationsversuche aus dem Mittleren Osten und Südamerika“, sagt Sandro Gaycken, Direktor des Digital Society Institute in Berlin. „Damit lassen sich nicht nur Wahlen, sondern auch wirtschaftliche Ereignisse wie Firmenübernahmen beeinflussen.“ Einig sind sich die Fachleute, dass Staat und Unternehmen auf die neuen Attacken kaum vorbereitet sind.

KI hilft bei der Täuschung

Gefälschte Ton- und Filmaufnahmen zum Zweck politischer Propaganda gab es zwar bereits lange bevor das Internet erfunden wurde. „In Zukunft werden die Möglichkeiten der Manipulation jedoch deutlich ausgefeilter sein. Wenn plötzlich die Stimme und ein Video einer Person so generiert werden können, dass ganze Reden gefakt werden, kann das gefährlich sein“, warnt Karolin Schwarz, Gründerin der Nichtregierungsorganisation Hoaxmap.org.

Tatsächlich bieten die digitalen Technologien ganz neue Möglichkeiten der Manipulation: „‚Deep Fakes‘ sind in erster Linie gefälschte Videos und Audiodateien, die überzeugend echt aussehen und klingen. Sie werden mithilfe einer Künstlichen Intelligenz erstellt, die von authentischem Material lernt“, erklärt Lisa-Maria Neudert, die sich an der University of Oxford mit Fake News in digitalen Medien beschäftigt.

In den USA haben Forscher an der University of Washington ein intelligentes Computerprogramm mehrere Stunden mit Videomaterial des früheren US-Präsidenten Barack Obama gefüttert. Herausgekommen ist ein „synthetischer“ Obama, dem man nach Belieben Worte in den Mund legen kann. In Stanford ist man dabei, Kopf- und Augenbewegungen in Videos so intelligent zu manipulieren, dass sich Original und Fälschung kaum noch unterscheiden lassen.

Die politischen Gefahren solcher „Deep Fakes“ sind offensichtlich. Bereits mit einfachen Manipulationen lassen sich politische Stimmungen bei Streitthemen wie Migration oder Klimawandel aufheizen. „Da wird etwa ein Video von marodierenden Demonstranten, das bereits Jahre alt ist, im Kontext einer anderen Demo verwendet“, berichtet NGO-Expertin Schwarz. „Oder Aufnahmen von eritreischen Christen werden als Beweis für die Islamisierung Deutschlands herangezogen, nur weil es sich um schwarze Menschen in religiös anmutenden Gewändern handelt.“

„Alternative Fakten“

Trumps Pressesprecherin Sarah Huckabee Sanders versuchte mit dem umstrittenen Video nachzuweisen, dass der CNN-Journalist Acosta während einer Pressekonferenz des Präsidenten mit körperlichem Einsatz sein Mikrofon verteidigte. Videoexperten entdeckten jedoch durch den Vergleich mit Originalaufnahmen, dass die Handbewegungen des Journalisten nachträglich forciert wurden. Demnach wurde genau die kurze Stelle beschleunigt, in der Acosta den Arm der Dame berührt, die das Mikrofon greifen möchte. Die Vermutung: Durch die Beschleunigung solle die Bewegung aggressiver erscheinen, als sie war.

Trumps Beraterin Kellyanne Conway bestritt, dass das Video „verändert“ worden sei. „Es wurde lediglich beschleunigt“, sagte Conway, die schon bei anderer Gelegenheit von „alternativen Fakten“ gesprochen hatte.

„Die größten Gefahren solcher Manipulationen lauern naturgemäß im politischen Raum“, diagnostiziert Gaycken. Obwohl es bei der Verbreitung von Wirtschaftsinformationen bislang kaum prominente Fälle gefälschter Videos gegeben habe, sei insbesondere auch die Unternehmenswelt nicht immun gegen „Deep Fakes“.

In schlechter Erinnerung ist noch das amerikanische Biotech-Start-up Theranos, das mithilfe irreführender Bild- und Tonaufnahmen seine Investoren hinters Licht führte. Auch wenn die US-Börsenaufsicht SEC den Schwindel später aufdeckte, eine Kultur des „fake it until you make it“ bekommt durch die Manipulationsmöglichkeiten der neuen Technologien einen ganz neuen Nährboden.

Gefahr für Unternehmen

„Schon heute lässt sich mit relativ einfachen Mitteln die Reputation eines Unternehmens beeinflussen“, sagt Digital-Forscher Gaycken. Das gelte im Positiven wie im Negativen – „etwa durch manipulierte Aufnahmen über vermeintliche Umweltverschmutzungen“. Darauf, dass soziale Medien wie Facebook zügig gegen die Verbreitung solcher Falschmeldungen vorgehen, sollten die deutschen Unternehmen nicht vertrauen, warnt Gaycken. „Im Zweifel interessieren sich die großen Internetplattformen nicht für die Reputationsängste deutscher Firmen.“

Nach Meinung der Experten sind weder Unternehmen noch der Staat bislang auf die Risiken durch Fake-Videos vorbereitet. „Aktuell sehen wir, dass Institutionen und Politik, zum Teil auch Medien noch keinen allzu konstruktiven Umgang mit den ‚herkömmlichen‘ Falschmeldungen und mit Fake-Fotos und -Videos gefunden haben“, sagt Schwarz. Eric Schmidt, langjähriger Chairman von Google, glaubt ohnehin, dass die neuen Technologien selbst das Problem von „Deep Fakes“ lösen können: „Künstliche Intelligenz kann dabei helfen, gefälschte Videos aufzuspüren und aus dem Netz zu nehmen.“

Trump vs. CNN

Der Vorfall im Weißen Haus hat jedenfalls dazu geführt, dass CNN-Journalist Acosta zum Held der sozialen Medien geworden ist. Selbst der Trump-nahe TV-Sender Fox unterstützt nun den Konkurrenten in dessen Klage gegen das Weiße Haus. CNN drängt darauf, dass Acosta der Zugang zum Sitz des US-Präsidenten wieder gestattet wird. Dieser Zugang wird ihm derzeit von Sprecherin Sanders mit Hinweis auf sein Auftreten in der Pressekonferenz verwehrt. Inzwischen rudert das Weiße Haus allerdings zurück und will sich vor Gericht nicht mehr allein auf das dubiose Video stützen. Trumps Anwälte monieren nun, dass der Journalist den Ablauf der Pressekonferenz durch seine Nachfragen gestört habe. Ein Urteil des Gerichts sollte noch am Donnerstag erfolgen.

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