Dieselskandal FDP-Fraktionsvize Theurer: „VW sollte allen Geschädigten ein Angebot machen“

Der Verbraucherzentrale Bundesverband VZBV und VW wollen Gespräche über einen möglichen Vergleich aufnehmen.
Berlin Der Vize-Chef der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, hat den Volkswagen-Konzern angesichts der Diesel-Vergleichsverhandlungen mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) aufgefordert, alle betroffenen VW-Besitzer zu entschädigen. „VW sollte allen Geschädigten ein Angebot machen, unabhängig davon, ob sie am Musterklage-Verfahren teilgenommen haben oder nicht“, sagte Theurer dem Handelsblatt. „Das sollte eine Frage der Ehre für VW und Herrn Diess sein.“ Herbert Diess ist Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG.
Der VZBV und VW hatten am Donnerstag gemeinsam mitgeteilt, dass man sich darauf geeinigt habe, Gespräche über einen möglichen Vergleich aufzunehmen. Noch seien die Verhandlungen aber in einem sehr frühen Stadium. „Ob es zu einem Vergleich kommt, ist offen“, hieß es.
Die genaue Zahl der Kläger, die an der Musterfeststellungsklage teilnehmen, muss noch geklärt werden. Nach Angaben von VW gab es rund 470.000 Anmeldungen, aber auch 77.000 Abmeldungen, die das Bundesamt für Justiz noch nicht vollständig verarbeitet habe. Zudem könnte es Doppeleinträge geben sowie Anmeldungen, hinter denen mehrere Dieselfahrer stehen.
Der nun angestrebte Vergleich sei richtig, dürfe aber „nicht als Freibrief für das Fehlverhalten von VW im Dieselskandal missverstanden werden“, betonte Theurer. „Deshalb sollte VW auch offen sein für Entschädigungen von Menschen, die nicht im Klageregister registriert sind.“ Es könne doch wohl nicht wahr sein, dass die Geschädigten in Deutschland von VW schlechter behandelt würden, als die bereits vor mehr als zwei Jahren in den USA großzügig entschädigten VW-Kunden.
Der FDP-Politiker hält zudem eine „lückenlose und schonungslose Aufklärung“ des Diesel-Skandals weiterhin für notwendig, wenn VW verloren gegangenes Vertrauen bei Kunden und in der Politik zurückgewinnen wolle. Theurer forderte in diesem Zusammenhang VW auf, das „staatliche Kontrollversagen“ zu korrigieren.
Theurer: Weil und Althusmann müssten ihre Posten im VW-Aufsichtsrat räumen
„Dazu muss die Besetzung des Aufsichtsrates im Volkswagen-Konzern neu geregelt und in das Gremium Fachleute statt Politiker entsendet werden“, sagte Theurer. Deshalb müssten der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Landes-Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) ihre Posten im VW-Aufsichtsrat räumen. „Dass ausgerechnet bei einem Autokonzern, an dem der Staat über das Land Niedersachsen maßgeblich beteiligt ist, eklatantes Fehlverhalten offenbar lange Zeit unentdeckt blieb, ist eine besondere Form des Versagens des Staates und seiner Vertreter im Aufsichtsrat.“
VZBV-Chef Klaus Müller begrüßte die Gespräche mit VW. „Wir bewerten das Gesprächsangebot als positives Signal“, sagte Müller der „Rheinischen Post“. „Auch wenn keineswegs sicher ist, dass am Ende ein Vergleich erreicht wird, freuen wir uns, dass mehr als vier Jahre nach Beginn des Dieselskandals nun neue Bewegung in die Sache kommt.“
Der Automobilclub ADAC teilte mit, dass die Verhandlungen das Verfahren deutlich beschleunigen könnten. „Ein Prozess hätte sich über gut zwei Jahre hinziehen können, ein Vergleich kann aber noch in der ersten Jahreshälfte 2020 geschlossen werden“, sagte ADAC-Chefjurist Markus Schäpe. VW müsse aber „ein faires Angebot vorlegen und keine Symbolpolitik betreiben“.
Ähnlich äußerte sich der SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner. „VW sollte jetzt nicht lange taktieren, sondern den betroffenen Verbrauchern schnell ein faires Angebot machen“, sagte Fechner dem Handelsblatt. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Heribert Hirte sagte hingegen, eine Schattenseite dieses Vorgehens sei, dass bei einem Vergleich „die Hintergründe des Vorgehens der Automobilindustrie möglicherweise nie geklärt werden“.
Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig, Michael Neef, hatte bereits bei den ersten Sitzungen zur Musterfeststellungsklage für Verhandlungen zwischen VW und den Verbraucherschützern geworben. Im November forderte er den Autokonzern auf, ernsthaft über Vergleichsverhandlungen nachzudenken.
Mehr: Kehrtwende im VW-Dieselprozess: Lesen Sie hier, warum die Vergleichsgespräche kompliziert werden.
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