Digitalisierung Altmaier-Berater attestieren deutscher Verwaltung „archaische“ Zustände

Der Wirtschaftsminister versprach im Wahlkampf 2017, Deutschland werde bis 2021 führend beim E-Government in Europa sein.
Berlin Wie sehr Deutschland bei der Digitalisierung hinterherhinkt, ist besonders eindrucksvoll in den Gesundheitsämtern zu besichtigen. In keinem anderen Bereich werde noch so viel gefaxt wie im Gesundheitswesen, spottete Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu Beginn seiner Amtszeit. Seit dem Ausbruch der Coronakrise ist Spahn nicht mehr zu solchen Scherzen aufgelegt.
Denn in der Pandemie geht in den Gesundheitsämtern viel Zeit verloren, weil die meisten Ämter immer noch mit handgeschriebenen Listen und ausgedruckten Excel-Tabellen arbeiten, Daten auf Papier per Fax übermittelt und anschließend händisch in den Computer eingetippt werden. Es geht Zeit verloren, die Menschenleben kosten kann.
Die Gesundheitsämter sind jedoch nur ein Beispiel für die lahmende Digitalisierung. Wie groß der Handlungsbedarf besonders in Verwaltung und in den Schulen ist, zeigt ein neues Gutachten mit dem Titel „Digitalisierung in Deutschland – Lehren aus der Coronakrise“ des Wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums, das an diesem Dienstag veröffentlicht wird und dem Handelsblatt vorab vorliegt.
„Verschiedene Formen von Organisationsversagen“
„Deutschland leistet sich in der öffentlichen Verwaltung Strukturen, Prozesse und Denkweisen, die teilweise archaisch anmuten“, heißt es darin in ungeschminkten Worten. Es komme zu „verschiedenen Formen von Organisationsversagen“.
Zwar habe es in der Coronakrise Fortschritte gegeben, etwa bei der digitalen Kommunikation und der Nutzung digitaler Prozesse durch die Umstellung auf das Homeoffice. „In anderen Bereichen, so im Schul- und Gesundheitswesen, gelang dies nur mühsam oder so gut wie gar nicht“, sagt Ökonom Klaus Schmidt, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats. Und vieles von dem, was während der Corona-Pandemie in kurzer Zeit umgesetzt wurde, hätte auch schon lange vor der Krise unternommen werden können.
Oft mangele es nicht an der finanziellen Ausstattung, vielmehr fehle „eine klarere Zuweisung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten“, kritisieren die Experten in ihrem Gutachten. Als Beispiel verweisen sie auf den Digitalpakt Schule, bei dem bislang nur ein Bruchteil der zur Verfügung stehenden Bundesmittel bei den Schulen angekommen ist.

In der Pandemie geht in den Gesundheitsämtern viel Zeit verloren, weil Daten per Fax übermittelt und anschließend händisch in den Computer eingetippt werden.
Um Abhilfe zu schaffen, setzen die Berater von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf einen verbindlichen Staatsvertrag zwischen den Bundesländern, der klare Maßgaben zu einer Vereinfachung der Verwaltungsabläufe enthalte.
Privatwirtschaft als Vorbild
Dietmar Harhoff, Direktor am Münchener Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb und einer der Studienautoren, fordert zudem eine Art Generalinventur der deutschen Verwaltung: „Die in der Krise getroffenen, oft befristeten Entscheidungen zugunsten einer Flexibilisierung von Abläufen sollten von der Politik, aber auch von Verwaltungs- und Behördenleitungen in den kommenden Monaten auf den Prüfstand gestellt werden. Einen automatischen Rückschritt zu den vor der Krise üblichen bürokratischen Vorgaben und Vorgehensweisen darf es nicht geben.“
Nötig sei aber auch ganz grundsätzlich eine klare Führung, die die Dringlichkeit der digitalen Transformation in Ministerien, Schulen oder Gerichten vermittele. Es gelte, in der öffentlichen Verwaltung Managementansätze aus der Privatwirtschaft wie Teamarbeit und agiles Management schneller als bisher zu integrieren.
„Vor allem sollte der Staat aber die lange überfällige digitale Transformation der eigenen Dienstleistungen zügig umsetzen und die öffentlichen Verwaltungen konsequent digitalisieren“, sagt Beiratsmitglied und Studienautor Stefan Bechtold.
Markige Ankündigungen der Politik hat es auch hier viele gegeben. So versprach Wirtschaftsminister Altmaier im Wahlkampf 2017, Deutschland werde bis 2021 führend beim E-Government in Europa sein. Vier Jahre später ist Deutschland davon weit entfernt. Und auch in der Coronakrise halten viele Bürger die Digitalpolitik für unzureichend.
Um bei der Digitalisierung voranzukommen, müsse sich allerdings auch beim Datenschutzrecht etwas tun, schreibt der Beirat. In der öffentlichen Diskussion werde der Datenschutz mitunter „als absoluter Wert wahrgenommen, der unter keinen Umständen aufgeweicht werden dürfe“, schreiben die Experten. Aber auch Grundrechte unterlägen Abwägungsprozessen, inwieweit sie mit anderen Interessen wie einer effektiven Pandemiebekämpfung vereinbar seien.
Zudem zeige „die tägliche Erfahrung im Internet, wie nutzlos es ist, das Datenschutzrecht nach dem Primat der Einwilligung des Betroffenen auszugestalten“. Internetnutzer müssten derart häufig dem Setzen von Cookies zustimmen, dass sie die Umstände und Reichweite der einzelnen Zustimmungen schwerlich überblicken könnten.
Auch die Datenschutz-Richtlinien der Anbieter würden wenig oder gar nicht gelesen. Der Beirat rät daher, im deutschen und europäischen Datenschutzrecht stärker auf andere Regulierungskonzepte wie Datentreuhänder, Optionsregelungen im Browser oder regulierte Datenräume zu setzen.
Daneben empfiehlt der Beirat eine zielgerichtete staatliche Förderung der digitalen Kommunikationsinfrastruktur. Mit „Gigabit-Gutscheinen“ ließe sich beispielsweise der Internetzugang zu hochwertigen Breitbandanschlüssen für kleine und mittlere Unternehmen und für Haushalte mit schulpflichtigen Kindern verbessern.
Mehr: Datenwüste Deutschland: Wie die Krisenpolitik wirkt, kann niemand so genau sagen
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Hallo Deutschland, vor der Digitalisierung müssen wir die Energiefrage lösen. (...) Beitrag von der Redaktion editiert. Bitte achten Sie auf unsere Netiquette: Kommentare sind keine Werbeflächen. https://www.handelsblatt.com/netiquette
Da passt das doch auch: Wir müssen laufend verbindliche Zolltarifauskünfte einholen. Dieses ist nur über das Bürger- und Geschäftskundenportal Zoll möglich. Dort legt man äußersten Wert darauf, dass unser Unternehmen mit der vollen langen Firmierung wie im Handelsregister geführt wird. Das wiederum kann aber das Finanzamt wegen Zeichenlängeneinschränkung gar nicht darstellen. Man kann sich aber nur mir der Finanzamtsfirmierung beim Zoll anmelden. Rien ne va plus. Deadlock. Blockade. Vielleicht ist die Finanzamtssoftware noch in Cobol programmiert? Auf einem Mainframe aus dem Jahr 1968? Und beim Zoll sitzt der oberste Oberbürokrat?
Herrn Altmaier hat der Kadavergehorsam Frau Merkel gegenüber, in seiner Karriere immer geholfen. Nun bekommt er jedoch von der Realität sein Zeugnis ausgestellt. Es reicht nicht aus, wenn nur die Gehirnregion "Sprache" sehr gut ausgebildet ist.
Die Pandemie hat auch gezeigt, dass sehr viele Politiker nur einfach gestrickt sind.
Politiker eher Marketingprofis, die gute Redner sind. Es fehlt ein klarer "hands on" udn Lösungsansatz statt Probleme zirkulizieren zu lassen und die Beliebtheit als KPI zu nehmen. Mit klaren Vorgaben, die langfristig messbar sind und die Politiker anhand dieser Zielvorgaben bewerten, sind notwendig. Warum sollte ein ehrgeiziger Politiker, der seinen Job super macht, nachhhaltig und effizient arbeitet nicht mehr Gehalt erhalten,a ls ein Kanzler? Motivation, Leistungswille sind entscheidend und nicht verharren udn auf eine Pension hfofen und als Berater Geld verdienen....
Seit Abschluß als Verwaltungsfachmann, der Jahrzehnte zurückliegt, hat er zwar zig Posten bekleidet, aber nichts weiter hinzu gelernt.
Auch keine Weiterbildung abgeschlossen.
Eine Beamtenkarriere, Beförderungen aufgrund von Dienstjahren.
Sein Job ist hochdotiert und unkündbar. Er kann nur noch WEG befördert werden.
Daher hat er auch, wie viele seine Kollegen, keine Verbindung mehr zur Basis.
Um dies festzustellen benötigt dieser Mann ein GUTACHTEN !
the stupid german
Welche Partei stellt seit 16 Jahren die Kanzlerin und regiert dieses Land der "archaischen Zustände" ? 🤔
Wenn ich nicht mehr weiter weiß,
gründe ich einen Arbeitskreis.
Reicht das nicht aus,
hole' ich mir Berater ins Haus.
Habe ich das Problem noch immer jetzt,
dann werde ich versetzt.
Das beste, dieser Mann tritt aus der Verantwortung, die so schwer auf ihm lastet, ab.
Brauchte es für diese Erkenntnisse wirklich Berater? Ich (und vermutlich noch viele andere Deutsche) hätten Herrn Altmeier dasselbe für die Hälfte gesagt.