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Digitalisierung Elektronische Patientenakte: Spahn befeuert Streit über sein Prestigeprojekt

Der Gesundheitsminister wettert gegen die Vorbehalte des Bundesdatenschützers bei der E-Patientenakte. Der keilt zurück und bekräftigt seine Kritik. Droht dem Projekt ein Rückschlag?
06.11.2021 - 08:00 Uhr Kommentieren
Gesundheitsminister: Streit über Jens Spahns E-Patientenakte Quelle: Reuters
Jens Spahn

„Der Bundesbeauftragte für Datenschutz hat die Digitalisierung nicht einfacher gemacht.“

(Foto: Reuters)

Berlin Mit Gesundheitsunterlagen ist es so eine Sache: Da ist die Karteikarte beim Hausarzt. Und noch eine in jeder weiteren Praxis. Röntgenbilder und Impfpass liegen schon mal irgendwo in Schubladen. Da kann man als Versicherter den Überblick verlieren. Als große Lösung für den Datenwust gilt die elektronische Patientenakte (ePA).

Es ist ein Prestigeprojekt von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Der CDU-Politiker will die Digitalisierung im Gesundheitswesen endlich vorantreiben.

Und die E-Akte, die seit Anfang 2021 angeboten wird, ist ein zentrales Element, das Erleichterungen für Patienten und Ärzte konkret spürbar machen soll. Darin können beispielsweise medizinische Befunde gespeichert und auch geteilt werden.

Für Spahn stehen die Vorteile für die mehr als 73 Millionen Versicherten im Vordergrund. Wenig Verständnis hat er deshalb für das Vorgehen des Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber, der seit Monaten öffentlich mit den Krankenkassen über zusätzliche Datenschutzfunktionen in der digitalen Patientenakte streitet. Kelber ist für insgesamt 63 gesetzliche Krankenkassen mit 44,5 Millionen Versicherten zuständig.

„Dieser Konflikt zeigt das ganze Problem rund um den Datenschutz in Deutschland“, sagte Spahn dem Handelsblatt. Statt sich über den Fortschritt der E-Akte „zu freuen und ihn in den Jahren weiter zu verbessern, wird lieber versucht, jeden kleinen Schritt nach vorne zu verhindern“. Spahn sieht den Datenschutz sogar als große Hürde für die Digitalisierung. „Der Bundesbeauftragte für Datenschutz hat die Digitalisierung nicht einfacher gemacht.“

So sollen Ärzte in naher Zukunft alles auf einen Blick haben. Quelle: dpa
Elektronische Patientenakte

So sollen Ärzte in naher Zukunft alles auf einen Blick haben.

(Foto: dpa)

Die Kritik lässt Kelber nicht auf sich sitzen. „Die Behauptung von Jens Spahn, es hätte an meiner Behörde gelegen, dass neue digitale Anwendungen im Gesundheitsbereich nicht oder nicht im Zeitplan realisiert wurden, ist schlichtweg die Unwahrheit“, sagte er dem Handelsblatt. Spahn sage beispielsweise selbst, dass die ePA seit 2004 im Gesetz stehe und schon längst hätte da sein müssen. Auch die vereinbarten Anforderungen stünden seit Jahren fest. „Jeder Nutzende muss selbst entscheiden können, wem er welches Dokument zugänglich macht.“ Das entspreche der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem nationalen Gesetz zur ePA.

Kassen droht Stopp der E-Akte

Weil hier offenbar aber Mängel bestehen, hat Kelber vier große gesetzliche Krankenkassen kürzlich angewiesen, die neue elektronische Patientenakte um zusätzliche Datenschutzfunktionen zu erweitern. Ohne diese Erweiterungen verstoße das neue Instrument gegen die DSGVO.

In der Kritik steht eine vorerst „abgespeckte“ Version der Zugriffsrechte. So können Patienten im ersten Jahr Ärzten nur alle oder keine Daten freigeben. Feinere Zugriffe je nach Arzt und nur für einzelne Dokumente kommen aber erst Anfang 2022 – allerdings nur für Patienten, die die ePA per Smartphone oder Tablet nutzen. Kelber sieht darin einen Verstoß gegen Europarecht.

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Von den Kassen erwartet er nun, bis zum Ende des Jahres die dokumentengenaue Freigabe zu ermöglichen, auch für Versicherte ohne Smartphone oder Tablet. Passiert das nicht, könnte Kelber den Krankenkassen untersagen, die ePA anzubieten.

Der Streit könnte in einen Rechtsstreit münden. Experten gehen davon aus, dass quasi alle Krankenkassen gegen die Weisungen Kelbers klagen werden.

Kelber sieht sich als „großen Befürworter der Digitalisierung“

Spahn räumt zwar ein, dass das teilweise Sperren von Patientendaten für einzelne Ärzte am Anfang technisch noch nicht möglich sei. Er sagt jedoch auch: „Darüber nun einen langwierigen Rechtsstreit seitens des Datenschutzbeauftragten zu führen geht meiner Meinung nach am Patientenalltag völlig vorbei.“

Die Nutzung der elektronischen Patientenakte sei freiwillig, die Freigabe an eine Ärztin oder einen Arzt sei freiwillig und keiner müsse seine Daten teilen, betonte der Minister. „Aber die Patientinnen und Patienten haben das Recht, ihre Daten in ihre ePA übertragen zu bekommen.“

Kelber kann mit der Darstellung Spahns wenig anfangen. „Menschen mit dem Hinweis, die Nutzung dieses zentralen Instruments der Gesundheitsversorgung sei ja freiwillig, in ihrer Selbstbestimmung einzuschränken, halte ich für zynisch“, so der Datenschützer.

Statt Papierschein sollen Apotheken bald auch die digitalen Form des Rezepts auf dem Handy akzeptieren. Quelle: dpa
E-Rezept

Statt Papierschein sollen Apotheken bald auch die digitalen Form des Rezepts auf dem Handy akzeptieren.

(Foto: dpa)

Ebenso kritisch sieht er in diesem Zusammenhang etwaige juristische Auseinandersetzungen mit den Kassen über die E-Akte. „Dass die Krankenkassen jetzt auf Kosten der Beitragsgelder ihrer Versicherten vor Gericht gehen, um nicht für alle Versicherten die gleichen Rechte schaffen zu müssen, komplettiert das absurde Szenario“, sagte er.

Für abwegig hält Kelber auch, dass er immer wieder als Digitalisierungsblockierer hingestellt wird – auch von Spahn. Als Informatiker und Datenschützer sei er ein „großer Befürworter der Digitalisierung“, sagte er. „Meist sind kluge digitale Lösungen analogen Verfahren in Datenschutzbelangen sogar überlegen.“

Mehr: „Manchen Ärzten ist die Digitalisierung einfach zu anstrengend“ – Jens Spahn zieht Bilanz

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