Elektroautofabrik in Brandenburg DIW-Chef zum Rodungsstopp für Tesla: „Fall ist symptomatisch für selbstgefällige Bürokratie“

Der Ökonom sieht den Fall Tesla als Test für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Berlin Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sieht den gerichtlichen Stopp der Rodungsarbeiten auf dem Gelände für das künftige Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin kritisch.
„Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – dies scheint für wichtige Großprojekte in Deutschland immer seltener zu gelten“, sagte Fratzscher dem Handelsblatt. „Der Fall Tesla ist symptomatisch für eine überbordende, ineffiziente und selbstgefällige Bürokratie, die immer häufiger eine Bremse für Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist.“
Fratzscher mahnte, die Politik müsse es schaffen legitime demokratische Anliegen, Einspruchsrechte und wirtschaftliche Planbarkeit in Einklang zu bringen. „Nicht nur Tesla, sondern viele deutsche Unternehmen klagen seit langem über zu hohe Hürden für Investitionsprojekte“, sagte der DIW-Chef. „Der Fall Tesla wird ein weiterer Test für den Wirtschaftsstandort Deutschland mit internationaler Signalwirkung.“
Dieser war zuvor gemeinsam mit einer weiteren Naturschutz-Initiative, dem „Verein für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern“ (VLAB), vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder damit gescheitert, die Baumfällarbeiten per Eilentscheid zu verhindern. Der jetzt verfügte Stopp gilt laut OVG bis über den Antrag der „Grünen Liga Brandenburg“ entschieden ist. Dies sei erforderlich, da die Rodungen bereits weit fortgeschritten seien.
Bis zu 12.000 Arbeitsplätze in neuer Fabrik
Noch von Donnerstagabend bis Samstagabend waren auf dem Gelände zahlreiche Bäume gefällt worden: 29 sogenannte Harvester, das sind große Holzerntemaschinen, und neun Spezialmaschinen hatten in rasanter Geschwindigkeit meist Kiefern gefällt und zum Abtransport vorbereitet.
Geplant ist, in einem ersten Anlauf bis Ende Februar knapp 92 Hektar des Waldgrundstücks in Grünheide (Oder-Spree) zu roden. Der Rest soll erst abgeholzt werden, wenn die Brutsaison im Herbst vorüber ist.
Ab Juli 2021 will Tesla hier die Produktion starten und jährlich 500.000 Fahrzeuge vom Band laufen lassen. Laut der brandenburgischen Landesregierung könnten gemäß den vorliegenden Antragsunterlagen für den Bau der Fabrik in den kommenden Jahren bis zu 12.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.
Angesichts der aktuellen Blockade des Projekts brachte der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic eine Einschränkung der Klagemöglichkeiten für Umweltschützer ins Spiel. Grund ist, dass Umwelt- und Naturschutzorganisationen, die vom Umweltbundesamt (UBA) als klageberechtigt anerkannt sind, bundesweit bei Bau- und Infrastrukturprojekten gegen Genehmigungsbescheide klagen können, was sonst nur direkt Betroffenen wie Anwohnern möglich ist. Die „Grüne Liga“ und der Verein aus Bayern sind vom UBA als klagebefugt anerkannt.
„Unser Land wird an allen Ecken und Enden blockiert, wir brauchen mehr Tempo bei Planen und Bauen“, sagte Luksic dem Handelsblatt. Um Planverfahren zu beschleunigen, müsse auch das Verbandsklagerecht auf den Prüfstand. „Nur wenn die Belange eines entsprechenden Verbands auch direkt betroffen sind, sollten Klagen möglich sein“, sagte er.
Landesregierung reagiert gelassen auf Rodungsstopp
Luksic verlangte zur Planungs- und Investitionssicherheit zudem Fristen, nach denen Einwendungen keine Beachtung mehr finden dürften. „Ob E-Mobilität oder Ausbau von Schienenwegen, auch vermeintlich nachhaltige Projekte werden von ,grünen’ Verbänden ständig behindert, verzögert und verteuert“, kritisierte der Bundestagsabgeordnete.
Der Bundestag hatte zuletzt zwei Gesetze verabschiedet, um Genehmigungs- und Planungsverfahren zu vereinfachen. Eine Einschränkung des Verbandsklagrechts ist jedoch nicht vorgesehen. Solche Überlegungen kursieren aber schon länger.
Aus der Union kam ein entsprechender Vorstoß im September 2019. Um Verfahren zu beschleunigen, sollten etwa das Klagerecht von Umweltverbänden eingeschränkt, das Personal in Behörden aufgestockt und Bürger besser beteiligt werden, hieß es seinerzeit in einem 11-Punkte-Plan. Und: „Umweltverbände sollen nur klagen dürfen, wenn die Belange des entsprechenden Verbands direkt betroffen sind oder eine ordnungsgemäße Beteiligung der Umweltverbände im Genehmigungsverfahren nicht gegeben war.“
Die Brandenburger Landesregierung reagiert derweil gelassen auf den vorläufigen Rodungsstopp auf dem Tesla-Gelände. „Wir warten unaufgeregt die Entscheidung des OVG ab“, sagte Regierungssprecher Florian Engels am Sonntag. Das Landesamt für Umwelt habe nun Gelegenheit, bis Dienstagmittag Stellung zu nehmen. „Das wird selbstverständlich gemacht“, sagte er. „Wir setzen dann auf zeitnahe Entscheidung des OVG“, schrieb auch Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) auf Twitter.
Mehr: Lesen sie hier, wie Brandenburgs Wirtschaftsminister Steinbach zu dem Tesla-Projekt steht.
Podcast von Orange by Handelsblatt zum Thema:
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Frau Engel, Wir haengen alle von der Wirtschaft ab - es geht nicht um "Profite" sondern
um bezahlte Arbeit. Dagegen gibt es die Waldameisen, die fuer den guten Zustandes
des Waldes mit zustaendig sind - nur - wenn es dort keinen Wald mehr gibt, wozu
brauchen wir die Ameisen?
Hat man was anderes erwarten können?
So läuft das in Deutschland.
Beispiel:
Hätte der letzte deutsche Kaiser nicht für die Wasserversorgung des Ruhrgebietes im Sauerland innerhalb weniger Jahre einige Wassertalsperren gebaut um die Versorgung sicherzustellen, heute bekämen wir das nicht mehr hin.
Ab - zurück in die Zukunft.
... tja - klar, gerne macht man Profite - am liebsten, wenn die Nachteile nicht bei einem selbt im Garten zu fühlen sind - sondern natürlich immer beim anderen, dem Nachbarn, noch besser, wenn der ganz weit weg is, ihm eine Maulschelle auferlegt wurde und ihm die bürgerlichen Rechte entzogen worden sind ...
Profite sind eben wichtiger als Demokratie - jedenfakls die der anderen - man selber möchte natürlich frei bleiben.
Es ist keine selbstgefällige Bürokratie die alles verhindert. Es sind die unsäglich erweiterten Klage-befugnisse für NGO's, die sich nur zum Selbstzweck mit Klagen gegen alles und jedes hervor tun.
Die von Grünen und Linken einst gefeierte verstärkte Mitsprache von NGO's bei Bauprojekten, die nicht zum Vorteil der Gesamtbevölkerung genutzt wurden/werden, sondern nur für Partikularinteressen der NGO‘s missbraucht wurden. Die wirtschaftliche Infrastruktur in Deutschland verkommt immer mehr, der Niedergang ist vorgezeichnet. Eine handvoll Personen können als nützliche Idioten für NGO’s, mit diesen im Rücken, Projekte über ein Jahrzehnt hinauszögern und somit völlig unwirtschaftlich machen. Kein Privatinvestor geht ein solches Risiko ein, da investiert er doch lieber im Ausland. TESLA wird sich gerade die Frage stellen was sie geritten hat in Deutschland zu investieren und andere Investoren schauen sich den Vorgang genau an. Aber auch bei Windkraft-, Solaranlagen findet sich eine NGO die dagegen klagt.
Wie heißt es: Den Teufel den ich rief werde ich nicht nun mehr los. Es wird viel Mut kosten die NGO’s in ihre Schranken zu verweisen.
So ist es Herr Fratzscher - die Beamten haben einen sicheren Arbeitsplatz, ein sicheres
Gehalt und eine sichere Rente. Was immer sie tun, keine Verantwortung fuer die Folgen.
Da muesste die Politik eingreifen - aber da die Beamten und ihre Angehoerigen auch
Waehler sind, hueten sich die Politiker am Status zu kratzen.