Elektrogeräte Justizminister wollen mehr Nachhaltigkeit: Weniger Produkte sollen auf dem Müll landen

Die europäische Ökodesign-Richtlinie macht bestimmte Vorgaben für Produktgruppen, bei denen der Energieverbrauch besonders relevant ist – also zum Beispiel bei Geschirrspülern, Waschmaschinen, Kühlgeräten und Fernsehern.
Berlin Diese Situation halten Verbraucherschützer für typisch: Vor allem bei Elektro- und Elektronikartikeln und Kraftfahrzeugen treten genau nach Ablauf der zweijährigen Herstellergarantie Mängel auf.
Die Justizministerinnen und Justizminister der Länder sollen sich nun für mehr „Nachhaltigkeit im Zivilrecht“ einsetzen. So sieht es eine Beschlussvorlage von Nordrhein-Westfalen für die Justizministerkonferenz am 11. und 12. November in Berlin vor.
„Wir alle sehen die Anforderungen, die der Klimawandel an uns stellt“, sagte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) dem Handelsblatt. „Produkte müssen langlebiger werden als bisher und dürfen nicht schon dann auf dem Müll landen, wenn sie gerade einmal die Gewährleistungsfrist überstanden haben.“
Alle Kunden müssten schon beim Kauf mit einem Blick erkennen können, welche Produkte wirklich nachhaltig seien, fordert Biesenbach. Auch Produkte, die schon nach ein paar Jahren entsorgt werden müssten, weil die Ersatzteile fehlten, könnten beim Thema Nachhaltigkeit nicht punkten.
Darum seien auch Direktansprüche von Kunden zu diskutieren, um nach Ablauf der Gewährleistungsfrist weiterhin Ersatzteile für Geschirrspüler, Waschmaschine und Co. beziehen zu können. Biesenbach sicherte zu, sich dafür einzusetzen, dass von der Justizministerkonferenz „ein starker Impuls für mehr Nachhaltigkeit von Konsumgütern in Europa“ ausgehe.
Unter Federführung von Nordrhein-Westfalen hatten die Justizminister der Länder bereits im Jahr 2019 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit der Frage befasste, wie die Nachhaltigkeit von Produkten mithilfe des Zivilrechts verbessert werden kann. Der Bericht der Arbeitsgruppe soll nun auf der Konferenz diskutiert werden.
Kunden sollen sich vorab über Lebensdauer informieren können
In dem Bericht, so heißt es im NRW-Justizministerium, wird die Einführung „nachhaltigkeitsbezogener Informationspflichten“ vorgeschlagen, um die Herstellung und den Vertrieb nachhaltigerer Konsumgüter zu fördern. Demnach können Informationspflichten zum Beispiel über die Lebensdauer oder die Verfügbarkeit von Ersatzteilen dazu beitragen, das „ökologische Bewusstsein“ der Verbraucher zu unterstützen.
Die Arbeitsgruppe, so ist im Ministerium zu vernehmen, verweise darauf, dass die Prüfung einer solchen Lösung auf der europäischen Ebene bereits begonnen habe. Hierbei gelte es, Verbraucher vor der Gefahr des „information overload“ zu schützen. Sie sollten also nicht in eine Informationsflut gelangen, die sie überfordert. Unternehmer, vor allem kleinere Händler, müssten vor Überforderung bewahrt werden.
Nach den Empfehlungen können die Justizminister außerdem die „nachhaltigkeitsfördernden Produktdesignvorgaben“ in den Blick nehmen und hier die zivilrechtliche Durchsetzung stärken.
Hintergrund ist die europäische Ökodesign-Richtlinie. Diese macht bestimmte Vorgaben für Produktgruppen, bei denen der Energieverbrauch besonders relevant ist – also zum Beispiel bei Geschirrspülern, Waschmaschinen, Kühlgeräten und Fernsehern. Hier gelten konkrete Mindestanforderungen an das Produktdesign, um die Umweltverträglichkeit dieser Produkte zu verbessern.
Endabnehmer sollen direkt gegen Hersteller vorgehen können
Beispiel Haushaltsgeschirrspülmaschinen: Seit März 2021 müssen bestimmte Ersatzteile wie Motoren und Heizelemente mindestens sieben Jahre nach dem Verkauf des letzten Exemplars vom Hersteller zur Verfügung gestellt werden. Diese Teile müssen mit allgemein verfügbaren Werkzeugen und ohne dauerhafte Beschädigung am Gerät ausgewechselt werden können.
Bislang überwachen nur die Marktaufsichtsbehörden die Einhaltung dieser Ökodesign-Anforderungen. Künftig, so hieß es im NRW-Justizministerium, könnten die Endabnehmer direkt gegen Hersteller vorgehen, sollten diese die EU-Vorgaben nicht einhalten.
Dies müsse innerhalb einer bestimmten Zeitspanne geschehen, die sinnvollerweise länger als die gesetzliche Gewährleistungsfrist sein sollte. Denn typischerweise bestehe etwa ein Bedürfnis zum Bezug von Ersatzteilen erst dann, wenn Verschleißerscheinungen eines Produkts nach dem Ablauf der Gewährleistungsfrist zutage treten.
Den Kunden würde also eine zivilrechtliche Durchsetzung der ohnehin einzuhaltenden Vorgaben ermöglicht.
Daneben hat die Arbeitsgruppe offenbar auch die Vor- und Nachteile beleuchtet, die bei einer Verlängerung der kaufrechtlichen Verjährungsfristen entstehen. Es gehe darum, Anreize dafür zu setzen, dass langlebige Produkte produziert werden. Ein Weg wäre, die kaufrechtlichen Verjährungsfristen bei bestimmten Produktgruppen zu verlängern, insbesondere bei Elektro- und Elektronikgeräten wie etwa Haushaltsgeräten, Fernsehern, Computern oder Stereoanlagen sowie bei Kraftfahrzeugen.
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