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Energiewende Netzbetreiber kritisieren Netzagentur: Geplante Senkung der Renditen „verantwortungslos“

Eon und Amprion warnen vor Einschnitten und verweisen auf das europäische Ausland. Die Betreiber erhoffen sich mehr Effizienz durch engere Kooperation.
10.08.2021 - 15:46 Uhr 1 Kommentar
In der nächsten Regulierungsperiode soll der Eigenkapitalzins, der den Unternehmen von der Bundesnetzagentur zugebilligt wird, nur noch 4,59 statt 6,9 Prozent betragen. Quelle: Paul Langrock/Zenit/laif
Umspannwerk Eilendorf

In der nächsten Regulierungsperiode soll der Eigenkapitalzins, der den Unternehmen von der Bundesnetzagentur zugebilligt wird, nur noch 4,59 statt 6,9 Prozent betragen.

(Foto: Paul Langrock/Zenit/laif)

Berlin Die Betreiber der Stromnetze in Deutschland warnen vor großen Rückschlägen für die Energiewende, wenn die von der Bundesnetzagentur vorgeschlagene Absenkung der Netzrenditen Realität werden sollte. „Die hohen Anforderungen, die zu Recht an uns gestellt werden, können wir nur erfüllen, wenn wir auf einem international wettbewerbsfähigen Niveau Geld verdienen können“, sagte Hans-Jürgen Brick, Vorsitzender der Geschäftsführung des Übertragungsnetzbetreibers Amprion, dem Handelsblatt. Neben dem technischen Know-how sei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit „unabdingbare Voraussetzung für einen beschleunigten Netzausbau“.

Thomas König, Mitglied des Eon-Vorstands und in dieser Funktion zuständig für den Bereich Energienetze, sieht das ähnlich: Die Vorstellungen der Bundesnetzagentur zur künftigen Eigenkapitalverzinsung gingen „deutlich zu weit“, sagte er dem Handelsblatt. „Zinssätze, wie sie jetzt diskutiert werden, sind aus unserer Sicht verantwortungslos.“

Brick und König greifen ein Thema auf, das die rund 870 Betreiber von Stromnetzen und die etwa 700 Gasnetzbetreiber in Deutschland in diesen Tagen umtreibt. Die Bundesnetzagentur hatte kürzlich ihre Pläne für die künftigen Netzrenditen publik gemacht: In der nächsten Regulierungsperiode soll der Eigenkapitalzins, der den Unternehmen von der Bundesnetzagentur zugebilligt wird, nur noch 4,59 statt 6,9 Prozent betragen.

Netzagentur-Präsident Jochen Homann lässt die Argumente der Netzbetreiber nicht gelten: „Es gibt Wirtschaftszweige, die mit viel größeren Unsicherheiten zurechtkommen müssen als die Strom- und Gasnetze“, hatte Homann dem Handelsblatt kürzlich gesagt. Zudem seien „grüne Investments und Investitionen in Netze für Kapitalgeber sehr attraktiv“.

Homann verwies auf die Kosten für die Allgemeinheit: „Die Eigenkapitalverzinsung der Netzbetreiber muss bezahlt werden, auch vom Mittelstand.“ Eine Entscheidung über die künftige Höhe des Eigenkapitalzinses will Homann im Herbst treffen.

Netzausbau als Voraussetzung für die Energiewende

Nach Überzeugung der Netzbetreiber könnte eine Kürzung der Rendite gravierende Folgen haben: „Kurzsichtige Eingriffe in die wirtschaftliche Basis führen nur zu Strukturbrüchen und verzögern den Netzausbau. Die Klimaziele erreichen wir so nicht“, sagte Brick. „Was wir beim Klimaschutz nicht brauchen können, ist Dienst nach Vorschrift“, ergänzte der Amprion-Chef. „Wir brauchen eine angemessene Verzinsung, die dem internationalen Vergleich standhält“, sagte König.

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Der Netzausbau gilt als Grundvoraussetzung für ein Gelingen der Energiewende und für das Erreichen der Klimaziele. Hintergrund ist der komplette Wandel der Stromerzeugung.

Der Anteil der Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen steigt stetig, die Zentren der Stromerzeugung verlagern sich in die windreichen Regionen Norddeutschlands. Von dort muss der Strom in die Verbrauchszentren im Westen und Süden des Landes transportiert werden. Das ist Aufgabe der vier Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland, neben Amprion sind das 50Hertz, Tennet und TransnetBW.

Auf lokaler Ebene wiederum müssen Verteilnetzbetreiber wie die Eon-Tochter Westenergie neue Aufgaben bewältigen: „Früher war das System statisch und hierarchisch. Die Verteilnetzbetreiber haben den Strom von der Übertragungsnetzebene zum Verbraucher weitergeleitet. Das war im Prinzip alles“, sagte König. Heute gebe es allein im Eon-Verteilnetz 850.000 Einspeiser erneuerbarer Energien – im Norden Windparks, im Süden Photovoltaikanlagen. Dadurch steigen die Anforderungen an die Verteilnetze enorm.

König ist davon überzeugt, dass die Elektrifizierung deutlich schneller vorangehen wird als bislang prognostiziert. Quelle: Thomas Dashuber/Eon
Eon-Vorstand Thomas König

König ist davon überzeugt, dass die Elektrifizierung deutlich schneller vorangehen wird als bislang prognostiziert.

(Foto: Thomas Dashuber/Eon)

Zusätzliche Aufgaben ergeben sich für die Verteilnetzbetreiber durch die fortschreitende Elektrifizierung vieler Anwendungen: „In unserem Netzgebiet entwickelt sich die Zahl der Anschlüsse für E-Autos und Wärmepumpen rasant noch oben“, sagte König. Parallel gingen die Anschlussbegehren für Photovoltaikanlagen „durch die Decke“. Außerdem sorge man für den Netzanschluss für die geplante Batteriefabrik von VW in Salzgitter sowie für etliche Rechenzentren im Großraum Frankfurt und für weitere Großabnehmer.

König ist davon überzeugt, dass die Elektrifizierung deutlich schneller vorangehen wird als bislang prognostiziert. „Das muss sich in einem beschleunigten Netzausbau widerspiegeln“, sagte er. Das Netzgeschäft ist für Eon mittlerweile der wichtigste Gewinnbringer. Eine Kürzung der Eigenkapitalverzinsung hätte daher deutliche Auswirkungen auf die Bilanz des Energiekonzerns.

Westenergie versorgt etwa 6,6 Millionen Einwohner

Eon betreibt mit seiner Tochter Westenergie neben Stromverteilnetzen auch Gas-, Wasser- und Glasfasernetze. Westenergie versorgt rund 6,6 Millionen Einwohner und ist damit größter regionaler Energiedienstleister und Infrastrukturanbieter Deutschlands. Die Eon-Tochter mit 10.000 Mitarbeitern ist an 130 Versorgungsunternehmen beteiligt.

Die Betreiber der Verteil- und Übertragungsnetze haben gewaltige Investitionen zu stemmen. Amprion beziffert diese in den kommenden zehn Jahren auf „mehr als 24 Milliarden Euro“. Bei Eon sind es im Zeitraum von 2021 bis 2023 über sieben Milliarden Euro - und das allein in Deutschland.

„Was wir beim Klimaschutz nicht brauchen können, ist Dienst nach Vorschrift.“ Quelle: Amprion GmbH / Rüdiger Nehmzow
Amprion-Chef Hans-Jürgen Brick

„Was wir beim Klimaschutz nicht brauchen können, ist Dienst nach Vorschrift.“

(Foto: Amprion GmbH / Rüdiger Nehmzow)

Unterstützung bekommen die Netzbetreiber von Fachleuten. Die Analysten von Bernstein Research wandten sich am Montag gar in einem offenen Brief an Netzagentur-Chef Homann. Man betrachte den geplanten Eigenkapitalzins als niedrig, er entspreche nicht den Erwartungen der Investoren, heißt es darin.

Amprion und Eon wollen künftig stärker kooperieren, um „schneller und kosteneffizienter zu werden und zugleich die Systemsicherheit weiter zu erhöhen“, sagte Brick. Das habe „hohen volkswirtschaftlichen Nutzen und dient der Energiewende“. Eon und Amprion haben bereits im November vergangenen Jahres eine entsprechende Kooperationsvereinbarung geschlossen. Sie soll die Grundlage dafür bieten, die Integration von Übertragungsnetz und Verteilnetz voranzutreiben.

Sorge um gesicherte Kraftwerksleistung

Bereits heute gibt es Ergebnisse der netzübergreifenden Kooperation. So setzen Amprion und Eon Batteriespeicher gemeinsam ein, um die Netz- und Systemsicherheit zu gewährleisten. Bislang wurden für die unterschiedlichen Spannungsebenen jeweils eigene Speicher vorgehalten.

Kritisch sehen beide Unternehmen den fortschreitenden Wegfall sicher planbarer Kraftwerksleistung – eine Folge des Ausstiegs aus Kernkraft und Kohle. „Ich beobachte mit Sorge, wie jetzt von einzelnen Akteuren nach einem Erdgasausstieg gerufen wird. Ich hielte es für problematisch, jetzt komplett aus gesicherter Erzeugung auszusteigen“, sagte König. Ehe grüne Gase wie Wasserstoff flächendeckend einsetzbar seien, werde Erdgas „für eine beträchtliche Übergangszeit noch eine elementare Rolle spielen“.

Auch Brick sorgt sich um die gesicherte Kraftwerksleistung. Die künftige Bundesregierung werde in dieser Frage schnell handeln müssen. Es fehlten die Anreize für übergangsweise benötigte Gaskraftwerke.

Der Amprion-Chef warnte davor, Nachfragespitzen zu glätten, indem man Industrieanlagen herunterfährt: „Ich halte nichts davon, der Industrie Vorgaben bei den Spitzenlasten zu machen. Wenn wir Standorte und Jobs erhalten wollen, kann es nicht unser Ziel sein, die Industrie einzuschränken“, sagte er.

Entsprechende Pläne sind dem Strommarktkonzept der Grünen zu entnehmen: Große Stromverbraucher aus der Industrie sollen den Betrieb ihrer Anlagen nach den Vorstellungen der Grünen stärker an der volatilen Erzeugung von Windrädern und Photovoltaikanlagen orientieren. So soll die Stromnachfrage in Zeiten mit geringem Stromangebot spürbar gesenkt werden.

Zusätzliche Herausforderungen stellen die Unwetter im Juli in Teilen Westdeutschlands an Netzbetreiber: „Wir sind mit über 1000 Leuten in der Region und haben die Versorgung für fast alle Menschen dort, zumindest provisorisch, wiederhergestellt“, sagte König. „Die Schäden sind enorm. Ein Teil der Infrastruktur ist komplett zerstört. Es wird Jahre dauern, wieder alles komplett aufzubauen.“

Mehr: Altmaier erhöht Prognose für Stromverbrauch

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1 Kommentar zu "Energiewende: Netzbetreiber kritisieren Netzagentur: Geplante Senkung der Renditen „verantwortungslos“"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Wenn Sie jemand was wegnehmen wollen ,wird er schreien.Wenn die Netzgebühren für die Verbraucher steigen ,und sie werden kräftig steigen ,regt sich natürlich niemand auf.
    Sinn hat der Netzausbau in Wahrheit nicht,denn wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht gibt es trotz Netzausbau keinen Strom.Nur bei den Grünen kommt er aus der Steckdose.

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