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Energiewende Wie Peter Altmaier für den Netzausbau wirbt

Der Bundeswirtschaftsminister macht sich für den Bau von Stromtrassen stark. Im Dialog mit betroffenen Bürgern muss er große Widerstände überwinden.
17.08.2018 - 11:57 Uhr 2 Kommentare
Der Bundeswirtschaftsminister ist im Rahmen einer Netzausbaureise in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen unterwegs. Quelle: dpa
Peter Altmaier

Der Bundeswirtschaftsminister ist im Rahmen einer Netzausbaureise in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen unterwegs.

(Foto: dpa)

Cloppenburg Peter Ahmels hat leichtes Spiel. Der Mann, der am Donnerstagabend den „Bürgerdialog Stromnetz“ in der Stadthalle Cloppenburg moderiert, muss nur wenige Worte zur Begrüßung sagen, dann greift der wichtigste Gast des Abends zum Mikrofon und gibt es für eine knappe halbe Stunde nicht aus der Hand: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ist nach Cloppenburg gekommen, um skeptische Bürgerinnen und Bürger davon zu überzeugen, dass der Ausbau der Stromnetze unverzichtbar ist.

Der Minister greift tief in die Trickkiste, um seine Zuhörinnen und Zuhörer für sich zu gewinnen. Er lobt die Region und ihre Menschen. Er erwähnt, dass er mal zum Oldenburger Grünkohl-König gewählt worden ist, er preist den „Stoppelmarkt“, ein Volksfest in der Nachbarstadt Vechta.

Und schließlich erzählt er noch, er habe mal bei einem Tischler aus der Region ein Regal für sein Haus im Saarland anfertigen lassen. Mehr Nähe lässt sich kaum erzeugen.

Die Botschaft, mit der Altmaier sein Publikum für sich gewinnen will, ist klar: Peter Altmaier und Niedersachsen, das ist schon immer eine harmonische Verbindung gewesen. Der Bundeswirtschaftsminister will deutlich machen, dass er ein Ohr für die Menschen der Region hat und ihre Wünsche und Vorstellungen ernst nimmt.

Altmaier ist auf Werbetour. Er wirbt für den Ausbau der Stromnetze in Deutschland. Denn ohne die vielen neuen Stromleitungen scheitert die Energiewende, macht er den gut 100 Zuhörerinnen und Zuhörern in der Stadthalle klar.

Mit dem Besuch beim „Bürgerdialog Stromnetz“ schließt Altmaier seine dreitägige Netzreise ab. Gestartet war er am Dienstagmorgen mit einer Pressekonferenz in der Bundesnetzagentur in Bonn. Von dort aus ging es nordwärts, mit Stationen in Köln, Bornheim, Borken, Haren, Emden und schließlich Cloppenburg.

Altmaier macht den Netzausbau zur Chefsache

Altmaier besuchte ein Umspannwerk, eine Konverter-Station, eine Erdkabel-Baustelle, er stieg in eine Baugrube hinab, schaute bei der Errichtung eines Leitungsmastes zu und sprach mit vielen Dutzend Bürgern, Landräten, Bauern, Bürgermeistern, Technikern und Waldbesitzern.

Mit der Tour vom Süden Nordrhein-Westfalens bis zur Nordseeküste hat der Minister ein Zeichen gesetzt: Seht her, ich mach den Netzausbau zur Chefsache, ich treibe das Thema voran, ich will vermitteln und schnelle Fortschritte erzielen, Brücken bauen und pragmatische Lösungen anbieten.

Der rasche Ausbau des Stromnetzes ist für den Erfolg der Energiewende essentiell. Mit dem Umbau des Stromversorgungssystems verlagert sich die Stromproduktion in den Norden der Republik. Hier entstehen neue Windparks, hinzu kommt die stark wachsende Windstrom-Produktion in Nord- und Ostsee.

Die Verbrauchszentren liegen aber weiterhin im Westen und Süden der Republik. Der Windstrom aus dem Norden muss ungehindert in die Verbrauchszentren transportiert werden können. Das bestehende Netz ist hoffnungslos überlastet.

Aber der Netzausbau stößt vielerorts auf Widerstand. In Cloppenburg offenbart sich dem Minister das ganze Spektrum der Bedenken. Ein älterer Herr, der für eine Bürgerinitiative spricht, moniert, die Trassen würden „rücksichtslos durch die Kulturlandschaft“ getrieben, sinnvolle Alternative blieben unberücksichtigt. „Bei uns wurde eine Parallelführung zur Autobahn einfach nicht untersucht“, kritisiert er.

Ähnliche Vorwürfe hört Altmaier auf vielen Stationen seiner Reise: Bürger fordern, die neuen Leitungen mit vorhandenen Infrastrukturen, etwa Autobahnen, zu bündeln statt völlig neue Schneisen durch die Landschaft zu schlagen.

Schon tags zuvor hatte Altmaier in Haren im Emsland von einem Landrat gehört, man habe mit viel gutem Willen und nach jahrelangen Diskussionen einer bestimmten Trassenführung zugestimmt, um dann zu erfahren, dass bereits zwei weitere Trassen in Vorbereitung seien. Die würden jedoch nicht mit der ersten gebündelt.

Vielmehr seien zwei völlig neue Trassenverläufe geplant. Am Ende stehe dann der dreifache Eingriff in die Landschaft, mit allen negativen Folgen für Hausbesitzer und Landwirte.

Hart gehen die Menschen aus der Region mit den Übertragungsnetzbetreibern ins Gericht, die für den Bau der neuen Stromleitungen verantwortlich sind. Die Netzbetreiber suchten immer nur nach den einfachen Lösungen, würden die Möglichkeiten zu einer Erdverkabelung „nur in homöopathischen Dosen“ nutzen.

Übliche Einmalzahlung ist unzureichend

„Wir wollen bei der Planung nicht übers Ohr gehauen werden“, sagt ein Diskutant. „Das muss vor Ort besprochen werden“, bescheidet Altmaier den Diskutanten. Der Minister sagt zu, die Netzbetreiber ins Gebet zu nehmen.

Rolf Fahrenholz von der Bürgerinitiative „Cloppenburg unter Spannung“ kritisiert, der Einsatz neuer Typen von Masten, der sogenannten „Kompaktmasten“, müsse forciert werden. Doch der zuständige Netzbetreiber sperre sich dagegen mit dem Hinweis, sei seien nicht vorgesehen und nicht erprobt. Dabei seien solche Masten europaweit im Einsatz, sagt Fahrenholz.

Altmaier hakt ein. Die Bürger hätten ein Recht darauf, dass der Einsatz der neuen Masten geprüft werde, so der Bundeswirtschaftsminister.

Auf fast jeder Station seiner Reise trifft Altmaier auf Landwirte und Waldbesitzer, die mit den heute gängigen Regelungen für die Ausgleichszahlungen beim Stromleitungsbau nicht einverstanden sind.

In Cloppenburg meldet sich Norbert Leben zu Wort, der Präsident des Waldbesitzerverbandes Niedersachsen: „Was wir brauchen, ist eine wiederkehrende Leistung, denn wir haben durch die Leitungen auch eine wiederkehrende Belastung“, sagt er. Auch die Landwirte halten die übliche Einmalzahlung für völlig unzureichend. Kritiker von wiederkehrenden Zahlungen sprechen allerdings spöttisch von einer „Bauernmaut“.

Ein weiteres Ärgernis aus Sicht der Bauern: Für den Flächenverbrauch beim Leitungsbau muss in erheblichem Umfang ökologisch hochwertiger Ausgleich geschaffen werden. Dafür müssen die Netzbetreiber entsprechende Kompensationsflächen nachweisen. Diese Flächen gehen als landwirtschaftliche Nutzflächen verloren. Das sorgt für eine Verknappung von Agrarland und treibt Pachten und Kaufpreise in die Höhe.

Altmaier kennt das Thema seit Jahren und sagt Bauern und Waldbesitzern zu, sich ihrer Bedenken anzunehmen. Dass er sich für eine wiederkehrende Zahlung einsetzen wird, sagt er allerdings nicht.

Die Diskussion in Cloppenburg verläuft gesittet. Keine emotionalen Ausbrüche, keine Pfiffe, keine Transparente. Die ganze Debatte werde diszipliniert und auf hohem Niveau geführt, lobt der Minister.

In Auseinandersetzungen früherer Jahrzehnte, etwa um Gorleben oder Wackersdorf, „da flogen Steine, faule Eier und Molotowcocktails“. Das sei heute ganz anders. Der Minister vermittelt den Eindruck, es bereite ihm große Freude, mit den Kritikern des Netzausbaus zu diskutieren.

In den nächsten Wochen hat er noch reichlich Gelegenheit, ähnliche Debatten zu führen: Zwei weitere Netzausbau-Reisen sind in Vorbereitung.

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2 Kommentare zu "Energiewende: Wie Peter Altmaier für den Netzausbau wirbt"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Den Kommnentar von Hr Pella verstehe ich nicht. Nach meinem Verständnis ist es Konsens in Deutschland, aus der Kernenergie ausgestiegen zu sein (fast) und die Kohleverstromung zurückfahren zu wollen. Aber wie soll der durch Windkraft erzeugte Strom denn von Norddeutschland nach Bayern kommen. Die meiste erneuerbare Energie kommt aus dem Norden und die Industrie sitzt häufiger im Süden, also...?! M. E. ist es vor Jahren versäumt worden die Stromtrassen zu planen und zu bauen und vor allem das ganze mit einem Stromtrassenvorranggesetz zu hinterfüttern. Nach der Wiedervereinigung gab es so ein Gesetz für die wichtigsten Verkehrswege. Nun ist es leider fast schon nach 12.

  • Als der größte Lobbyist steht P. Altmaier ab sofort fest.
    Merkt denn einer, wie eine Volksveräppelung von statten geht.?
    Warum wehren sich keine Verbraucherverbände?
    Auch schon ruhig gestellt? Besser auf Dieselfahrer zeigen, übrigens auch einfacher.
    the stupid german

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