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Mietendemonstration

Tausende demonstrieren in Berlin gegen Wohnungsbaugesellschaften und steigende Mietpreise.

(Foto: AFP)

Enteignung von Wohnungsbaugesellschaften Demonstrationen gegen steigende Wohnkosten – SPD fordert Mietenstopp

Heute gehen tausende Menschen gegen steigende Mieten auf die Straße. In Berlin beginnt das Volksbegehren zur Enteignung von Wohnungsbaugesellschaften.
06.04.2019 - 12:24 Uhr Kommentieren

Berlin Das Verständnis der SPD ist den Demonstranten sicher – zumindest, was die steigenden Mietpreise betrifft. Der Wohnungsmarkt sei in Schieflage geraten, sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Sören Bartol, anlässlich der heute stattfindenden Mietendemonstrationen. Er habe großes Verständnis dafür, dass so viele Mieterinnen und Mieter ihren Unmut öffentlich kundtun.

Um die Aufwärtsspirale der Mietpreisentwicklung endlich zu stoppen, will die SPD an mehreren Stellschrauben drehen. Darunter: das für die Partei seit langem verlockende Mittel eines Mietenstopps.

Nur durch Neubau werde mehr Wohnraum geschaffen, das aber brauche Zeit. Darum werde für diese Übergangsphase eine Atempause gebraucht. Die SPD, so Bartol, „fordert einen fünfjährigen Mietenstopp in angespannten Wohnungsmärkten.“
Auch Chris Kühn, Bau- und Wohnungspolitiker der Grünen-Bundestagsfraktion, verlangt eine Mietengarantie auf Bestandsmieten, um die Wohnungsmärkte wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Auf das Thema Enteignungen geht Bartol nicht konkret ein. Man brauche ein solidarischeres Miteinander zwischen Eigentümern und Mietern, sagte er. Besonders den großen Wohnungsunternehmen als größte Bestandshalter komme eine besondere Verantwortung zu. „Wenn sie ihren Ruf ändern wollen, müssen sie jetzt handeln: Beispielsweise, indem sie sich zu sozialen Grundregeln verpflichten und Mietern mit geringem Einkommen die Angst vor horrenden Mieterhöhungen nehmen.“

Auf der Mietendemo in Berlin startet am heutigen Samstag auch das Volksbegehren der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. Ziel ist, alle Wohnungskonzerne in Berlin mit mehr als 3.000 Wohnungen zu enteignen. Die Union lehnt das entschieden ab. „Die Befürworter von Enteignungen spielen mit den Ängsten der Menschen“, sagte der Mietrechtsexperte und stellvertretende rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak. „In Wirklichkeit sind Enteignungen Scheinlösungen.“ Das Problem steigender Mieten werde damit nicht gelöst.“

Auch SPD-Chefin Andrea Nahles lehnt Enteignungen als Instrument gegen Mietenexplosion und Wohnungsnot ab – und stellt damit gegen den allgemeinen Tonus ihrer Partei. „Ich verstehe die Wut auf Wohnungskonzerne, die jeden Cent aus den Mietern rauspressen wollen“, sagte sie der Zeitung „Bild am Sonntag“ laut Vorabbericht. „Aber Enteignung dauert Jahre und schafft keine einzige Wohnung.“

Die für Entschädigungen fälligen Milliardenzahlungen des Staates fehlten für den dringend benötigten Neubau durch öffentliche Wohnungsbaugesellschaften. Statt Enteignungen wolle die SPD einen „Mietenstopp und das verfügbare Geld in bezahlbaren Wohnraum investieren, damit mehr Wohnungen entstehen“.

Luczak weist darauf hin, dass selbst Wohnungsbestände der Hilfswerk-Siedlung der evangelischen Kirche betroffen wären. Genau diese biete aber preisgünstige Wohnungen an.
Zudem entstünden horrende Kosten, die die ohnehin schon hohe Staatsverschuldung Berlins von 58 Milliarden Euro nochmals enorm ansteigen lassen würden.

Damit verletze Berlin die verfassungsrechtliche Schuldenbremse und hätte gleichzeitig kein Geld mehr für die Sanierung von Schulen, Personal in Kitas oder die Ausstattung von Polizei und Justiz, sagte Luczak. „Das ist irrwitzig, weil durch Enteignungen nicht eine einzige neue Wohnung entsteht.“ Genau die aber würden gegen steigende Mieten gebraucht.

„Anstatt mit Gespensterdebatten Investoren abzuschrecken und eine Planwirtschaft 2.0 auszurufen, müssen wir mehr, schneller und kostengünstiger bauen.“ Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) wirft der CDU-Politiker mangelnde Führungsstärke vor. Die Berliner SPD hatte zuletzt auf ihrem Landesparteitag eine klare Haltung zu dieser Frage vermieden.

Juristen sehen die Debatte mit großer Skepsis. Andreas Griebel von der internationalen Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner erklärte, er betrachte eine Enteignung als „Kapitulation des Rechtsstaats“. Gewiss habe sich der Berliner Wohnungsmarkt in den letzten zehn Jahren positiv für die Vermieter entwickelt, sagte der Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Es habe aber nur eine Anpassung des „eher dörflichen Niveaus“ hin zur Großstadt stattgefunden. „Gleichzeitig – und das ist das eigentliche Problem – ist die Nachfrage durch Zuzug explodiert.“

Der Anwalt forderte jedoch, dafür Sorge zu tragen, dass die Wohnungsunternehmen sich an die gesetzlichen Vorgaben halten. „Es ist doch in aller Regel so, dass die Wohnungsunternehmen notwendige Sanierungsarbeiten nicht durchführen und die Durchführung dieser Arbeiten eher auf den Sektor der Modernisierung – mit anschließender Kostenumlage auf den Mieter - verlegt werden.“

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