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Erdogan & Co. Pressefreiheit und andere lästige Dinge

Der türkische Präsident Erdogan wollte die Verbreitung eines Satire-Beitrags des NDR verbieten – ein Angriff gegen unsere Presse- und Meinungsfreiheit. Doch dieser Begriff ist für viele Staatschefs ein Fremdwort.
30.03.2016 - 17:17 Uhr

Wirbel um Extra-3-Beitrag: Was darf Satire?

Düsseldorf Die Presse- und Meinungsfreiheit ist einer der Grundpfeiler eines modernen Staates und einer funktionierenden Demokratie. Doch wenn man einen Blick auf die Pressefreiheit-Weltkarte von „Reporter ohne Grenzen“ wirft, sind wohl nur wenige Staaten dieser Ansicht. Nur eine geringe Anzahl von Ländern werden als gut oder zufriedenstellend eingestuft, bei den meisten von ihnen ist die Pressefreiheit eingeschränkt bis hin zu nicht existent.

Pressefreiheit scheint eine Trophäe der westlichen Industrienationen zu sein. Finnland führt das Ranking an, Deutschland landet auf Platz zwölf. Das diktatorisch geführte Nordkorea landet auf dem vorletzten 179. Platz. Doch auch die Türkei findet sich weit hinten wieder: Platz 149 für das Land am Bosporus, das gerne zur EU gehören möchte. Doch erst einmal will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Pressefreiheit abschaffen. Er befindet sich damit in guter Gesellschaft.

In der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur findet in der nächsten Woche eine gerichtliche Anhörung des prominenten Karikaturisten Zunar statt. Er ist für „Anstiftung zum Aufruhr“ angeklagt. Er deute an, die Regierung bevormunde die Justiz, so der Vorwurf. Ihm drohen 43 Jahre Haft.

Noch härter geht es in Simbabwe zu: Im dem afrikanischen Land reicht ein Facebook-Like, um wegen Beleidigung des Präsidenten im Gefängnis zu landen. Ein Schuldirektor hatte ein Bild auf Facebook gepostet, das den der greisen simbabwischen Staatschef Robert Mugabe im Hip-Hop-Outfit mit Baseball-Kappe zeigte, Superstar Rihanna eng an ihn geschmiegt. Ein Mitarbeiter der Schule klickte auf den Like-Button – mit Konsequenzen. Beide wurden verhaftet, ihnen droht ein Jahr Gefängnis.

So feiert ein Diktator Geburtstag
Geburtstagskarte für den Diktator
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Simbabwe hungert, der Präsident feiert eine luxuriöse Massenparty: Sechs Tage nach seinem Wiegenfest (21. Februar) lud Robert Mugabe am Samstag 50.000 Gäste in die historische Ruinenstadt Great Zimbabwe.

(Foto: AP)
60 Tiere geschlachtet
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Auf dem Gelände des nationalen Denkmals wurden für das Festmahl 60 Tiere geschlachtet, sagte Pupurai Togarepi, der Organisator der Feier. Außerdem gab es Hunderte Kilogramm Rindfleisch und Wild.

(Foto: dpa)
Kritik an Feierlichkeiten
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Politische Beobachter kritisierten die üppigen Feierlichkeiten angesichts der dramatisch schlechten Wirtschaftslage und der hohen Arbeitslosigkeit.

(Foto: dpa)
Mugabe mit seiner Familie
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Derzeit sind zudem rund drei Millionen Simbabwer nach Angaben der Regierung wegen einer anhaltenden Dürre von Hunger bedroht. Mugabe hatte Anfang Februar um internationale Unterstützung von 1,4 Milliarden Euro gebeten.

(Foto: dpa)
Trotz Hungerkrise
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Nach Angaben staatlicher Medien kostet die Feier mehr als 700.000 Euro.

(Foto: AP)
Umstrittenes Staatsoberhaupt
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Mugabe hielt eine mehr als einstündige Rede, in der er für Einheit innerhalb der zersplitterten Regierungspartei plädierte. Wie in zahlreichen Reden zuvor wetterte der Autokrat auch gegen die „dreckige Hilfe“ des Westens und Homosexualität. Vergewaltiger müssten kastriert werden, so Mugabe, egal ob Menschenrechtler sich dagegen aussprachen.

(Foto: dpa)
Geburtstagskuchen
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Geburtstagskind Mugabe (rechts) schneidet den 92 Kilogramm schweren Geburtstagskuchen an.

(Foto: Reuters)

In Simbabwe ist es riskant, sich über den 92-jährigen Mugabe lustig zu machen. Ein Gesetz verbietet, die Autorität des Präsidenten zu untergraben und ihn zu beleidigen. Seit 2010 wurden mehr als 150 Menschen verklagt, die sich Scherze über die simbabwische Regierung erlaubt hatten.

Auch der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan tendiert dazu, Kritiker ins Gefängnis zu werfen. Im vergangenen November wurden zwei regierungskritische Journalisten wegen „Spionage“ und „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ verhaftet: Der „Cumhuriyet“-Chefredakteur Can Dündar sowie Erdem Gül, Leiter des Haupstadtbüros. Erdogan persönlich hatte sie angezeigt. Jetzt fungiert er als Nebenkläger im Prozess, der am vergangenen Freitag in Istanbul begann. Geht es nach Erdogans Willen, sollen die beiden Journalisten den Rest ihres Lebens hinter Gittern verbringen.

Doch Erdogan reicht es nicht, die Journalisten in seinem eigenen Land zu denunzieren, auch die europäische Pressefreiheit ist ihm ein Dorn im Auge. Weil ihm ein Satire-Beitrag des NDR nicht gefällt, bestellte er sogar den deutschen Botschafter vor Ort ins türkische Außenministerium. Die Veröffentlichung dürfe nicht mehr weiterverbreitet werden, soll Erdogan gefordert haben. Doch Martin Erdmann, der deutsche Botschafter in der Türkei, machte klar: Politische Satire ist in Deutschland durch die Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt. Daran kann auch ein Erdogan nichts dran rütteln.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Türkei ein satirischer Beitrag in der deutschen Presse missfällt. Im Jahr 2011 hatte das Zeichner-Duo Greser&Lenz zwei Männer in bayerischer Tracht vor einer Berghütte mit dem Namen „Üzrüms Alpenglück“ in einer Karikatur abgebildet. Im Hintergrund: ein zähnefletschender Hund, auf dessen Hütte „Erdogan“ steht. Drei Jahre später wurde diese Karikatur in einem Schulbuch abgedruckt.

Auch damals wurde der deutsche Botschafter von der Türkei einbestellt. Der Abdruck einer solchen Karikatur in Schulbüchern sei „ein Spiegelbild des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland“ , sagte das türkische Außenministerium damals. Und weiter: „Unter dem Deckmantel der Freiheit wird zu Hass und Islamophobie angestachelt. Vorfälle wie der Abdruck der Karikatur, die unseren Präsidenten und unsere in Deutschland lebenden Bürger beleidigt, sind der wahre Grund für das Scheitern der Integrationspolitik, da sie ein Gefühl der Ausgeschlossenheit unter Türken und Muslimen in Deutschland schaffen.“ Zu mehr als einer öffentliche Beschwerde kam es allerdings nicht.

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