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Ernährung „Lebensmittel genauso wertschätzen wie Autos“: Özdemir gegen Billigpreise

Der Bundesminister für Landwirtschaft will Bio-Lebensmittel den Weg ebnen – mit Anreizen und auch Vorschriften. Höhere Preise für die Verbraucher sind gewollt. 
26.12.2021 - 15:43 Uhr Kommentieren
Der neue Chef im Bundeslandwirtschaftsministerium setzt die ersten Akzente. Quelle: dpa
Cem Özdemir

Der neue Chef im Bundeslandwirtschaftsministerium setzt die ersten Akzente.

(Foto: dpa)

Berlin Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hat Billigpreisen für Lebensmittel den Kampf angesagt: „Ich will, dass wir in Deutschland unsere tollen Lebensmittel genauso wertschätzen wie unsere tollen Autos. Manchmal habe ich das Gefühl, ein gutes Motoröl ist uns wichtiger als ein gutes Salatöl“, sagte Özdemir der „Bild“-Zeitung.

Bauern und Bäuerinnen bräuchten mehr Wertschätzung, „es darf keine Ramschpreise für Lebensmittel mehr geben, sie treiben Bauernhöfe in den Ruin, verhindern mehr Tierwohl, befördern das Artensterben und belasten das Klima“, sagte der frühere Parteichef. 

Zuletzt sind vor allem die Schweinefleischpreise eingebrochen. Doch von einem Kilopreis von beispielsweise vier Euro für Hackfleisch „kann keine Bauernfamilie leben“. Zwar dürften Lebensmittel „kein Luxusgut werden, doch der Preis muss die ökologische Wahrheit stärker ausdrücken“.

Özdemir verspricht dreierlei: „gutes Einkommen für unsere Bauern, gesundes Essen für alle sowie mehr Tierwohl, Klima- und Umweltschutz“. Die Zahl der Tiere müsse sich an der verfügbaren Fläche orientieren. Die Investitionsförderung werde er an den Haltungsbedingungen in den Ställen ausrichten. 

Laut Koalitionsvertrag soll der Anteil der ökologischen Landwirtschaft bis 2030 von weniger als zehn auf 30 Prozent steigen. Dazu will der Vegetarier Özdemir „die Nachfragemacht des Staates nutzen“: Dieser müsse Vorbild sein und die Verpflegung in öffentlichen Einrichtungen auf mehr Regionalität und mehr Bio umstellen.

Geringe Ausgaben für Lebensmittel

Zuletzt war die Inflationsrate im November, gemessen am Verbraucherpreisindex, auf den höchsten Stand seit Juni 1992 gestiegen. Im Schnitt lagen die Preise gut fünf Prozent höher als ein Jahr zuvor. Preistreiber ist vor allem die Energie für Heizung und Verkehr, für die die Preise um satte 22 Prozent zulegten.  

Klammert man diese Kosten aus, steigen die Verbraucherpreise „nur“ um 3,4 Prozent. Daran gemessen kletterten sie bei Lebensmitteln mit 4,5 Prozent etwas überdurchschnittlich. 

Generell ist der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel allerdings drastisch gesunken: 1960 gaben Haushalte in Deutschland noch 38 Prozent ihres Einkommens für Essen und Trinken aus, 1970 immerhin noch ein Viertel. Seit der Jahrtausendwende liegt der Wert kontinuierlich bei 13 bis 14 Prozent. Erst 2020 stieg er wieder auf 15 Prozent.  

Um die Ernährung gesünder zu machen, will Özdemir der Lebensmittelindustrie verbindliche Reduktionsziele für Zucker, Fett und Salz, vor allem in Fertigprodukten, vorschreiben. Freiwillige Selbstverpflichtungen hätten nicht genug gebracht. Zudem will er Werbung für ungesunde Lebensmittel wie Süßigkeiten, Limonaden und Chips, die sich an Kinder richtet, verbieten. 

Pestizide sollen reduziert werden

Özdemirs Parteifreundin, Bundesumweltministerin Steffi Lemke, hat parallel dazu eine starke Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden in der Landwirtschaft angekündigt, um das Insektensterben aufzuhalten. Das will sie einerseits durch finanzielle Anreize, „aber auch durch Ordnungsrecht“ erreichen, sagte sei den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. 

Bauern seien durch die europäische Agrarpolitik über Jahrzehnte in eine Zwangslage getrieben worden, dass Betriebe wachsen und mehr Ertrag abwerfen müssten oder aufgekauft würden. „Wir müssen dringend aussteigen aus diesem System der einfachen Flächenprämie, die ohne ökologische Gegenleistung gezahlt wird“, so Lemke. Das werde die Ampelregierung in den nächsten vier Jahren vorbereiten. 

„Wir müssen dringend aussteigen aus diesem System der einfachen Flächenprämie, die ohne ökologische Gegenleistung gezahlt wird.“ Quelle: dpa
Steffi Lemke

„Wir müssen dringend aussteigen aus diesem System der einfachen Flächenprämie, die ohne ökologische Gegenleistung gezahlt wird.“

(Foto: dpa)

Der Nutztierbestand in Deutschland ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. So ist die Zahl der Schweine so niedrig wie seit 25 Jahren nicht mehr. Der Bestand lag zuletzt bei rund 23,6 Millionen Tieren, teilte das Statistische Bundesamt mit. 

Allein 2020 Jahr sei der Bestand deutlich um 9,4 Prozent oder gut 2,4 Millionen Tiere gefallen. Zugleich sank auch die Zahl der Betriebe kräftig, um fast acht Prozent auf 18.800. Parallel wurden sie immer größer: Der durchschnittliche Schweinebestand stieg seit 2011 von 886 auf 1254 Tiere. 

Grund für den Rückgang der Branche seien die niedrigen Schweinefleischpreise in Handel und Export, die mangels Nachfrage weiter fallen. Rückgänge gab es auch bei Rindern, von denen es zuletzt gut 11 Millionen gab – 2,3 Prozent weniger als ein Jahr zuvor – und Milchkühen. Gewachsen ist lediglich der Bestand an Schafen. 

Mehr: Fleischersatz und „Kulturfleisch“, und noch viel mehr: Weltweit verändern Innovationen die Produktion von Lebensmitteln  

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