Erstes Triell Die Vorbereitungen der Kandidaten auf das Aufeinandertreffen im TV

In der ersten Fernsehdiskussion treffen Armin Laschet (CDU/l.), Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) am Sonntag aufeinander.
Düsseldorf/Berlin Hauptsache, Ruhe. So sehen es die Kanzlerkandidaten Annalena Baerbock, Olaf Scholz und Armin Laschet vor dem ersten TV-Triell am Sonntag. Ihre Wahlkampfkalender sind vollgepackt, doch am Tag der ersten gemeinsamen Fernsehrunde verzichten alle Drei auf weitere öffentliche Auftritte.
Armin Laschet (CDU) bereitet sich intensiv auf das erste Triell vor. Der Kanzlerkandidat der Union geht mit seinen Beratern alle Themen durch, die vermutlich angesprochen werden, von Afghanistan bis Zuwanderung. Auch das Wahlprogramm arbeiten sie genau durch, um mögliche Nachfragen beantworten zu können. Wahrscheinliche Fragen der Moderatoren werden besprochen.
Aus Sicht seiner Leute geht Laschet „unterbewertet“ in die TV-Diskussion. Deshalb setzen er und sein Team große Hoffnungen auf die Trielle. Da SPD-Kandidat Olaf Scholz mittlerweile die Favoritenrolle zukommt, könnte der CDU-Chef punkten. Seine persönlichen Umfragewerte seien schlechter als seine Rede- und Diskussionsqualitäten. Schon in einem Interview bei „Bild“ vor einigen Tagen hatte sich Laschet nach Wahrnehmung der CDU-Strategen sehr gut geschlagen.
Wie ernst Laschet das Triell nimmt, zeigt auch sein Terminkalender: Am Sonntag stehen keine anderen öffentlichen Auftritte auf dem Programm. Er will sich ganz auf die Fernsehsendung konzentrieren.
Intensive Vorbereitung hat Geschichte unter den Kanzlerkandidaten. 2017 nahm sich Martin Schulz (SPD) zwei volle Tage zum Debattentraining. Der „Spiegel“ berichtete, der Kandidat habe ein Studio gemietet und eine Merkel-Darstellerin engagiert. Die brachte ihn regelmäßig zur Fassungslosigkeit.
Jede Aussage nahmen die Berater auseinander. Die Vorbereitung wirkte. Schulz blieb ruhig, nahm einige seiner Angriffe auf Kanzlerin Merkel zurück. Das war dann allerdings zu ruhig. Die befragten Zuschauer fanden, es gebe nicht genug Unterschiede zwischen den beiden Parteien.
Dieses Jahr will die SPD es anders machen. Scholz, der die Beliebtheitswerte unter den Kanzlerkandidaten anführt, wird sich nicht groß auf das Triell am Sonntag vorbereiten. Er wird sich vor der Auseinandersetzung mit Baerbock und Laschet nur einmal mit seinen Beratern zusammensetzen, so heißt es zumindest aus seinem Lager. Dies geschehe auch vor anderen Auftritten. Der einzige Unterschied sei, dass diese Runde vor dem Triell vielleicht etwas länger zusammensitze als gewöhnlich.

2002 gab es das erste TV-Duell. Gerhard Schröder (r.) paukte Zahlen, wollte sonst aber spontan bleiben. Am Ende gewann er gegen Edmund Stoiber.
Scholz habe sich auch keine besonderen Formulierungen oder Pointen zurechtgelegt. Er würde sogar seine Abschlusserklärung aus dem Stand halten, behaupten seine Mitarbeiter. Doch natürlich weiß man in der SPD um die Bedeutung der drei TV-Trielle. Scholz hat deshalb am Sonntag viel freie Zeit bekommen. Weitere Auftritte sind an diesem Tag trotz heißer Wahlkampfphase nicht geplant, nur kleine interne Abstimmungsrunden. So soll Scholz mit möglichst frischem Kopf in die Auseinandersetzung mit seinen beiden Kontrahenten gehen.
Damit tritt er eher in die Fußstapfen des letzten SPD-Kanzlers. Gerhard Schröder führte 2002 die ersten TV-Duelle mit Unionskandidat Edmund Stoiber. Zur Vorbereitung aufs erste Duell sagte sein damaliger Regierungssprecher Béla Anda, Schröder habe Zahlen zum Arbeitsmarkt auswendig gelernt und sich besonders auf die Fragen zur Außenpolitik vorbereitet. Das Duell selbst habe er nicht geprobt: „Er agiert stark aus der Spontaneität der Situation heraus“, das Training hätte ihn nur eingeschränkt, sagte Anda im Gespräch mit dem Politikwissenschaftler Thomas Breuer.
Schröder startete mit den Auftritten seine Aufholjagd und gewann am Ende die Bundestagswahl knapp. Das wäre auch für Annalena Baerbock das Wunschszenario. Für die Grünen-Kanzlerkandidatin ist der Auftritt eine Chance, wieder anzugreifen. In den Umfragen sind die Grünen nur noch drittstärkste Kraft. Das Kanzleramt ist damit im Moment außer Reichweite.
Bei ihren öffentlichen Wahlkampfauftritten zeigte sich Baerbock zuletzt angriffslustig – vor allem in Richtung des SPD-Kanzlerkandidaten. Scholz habe beim sozialen Ausgleich und beim Klimaschutz gebremst, sagte sie am Mittwoch in Hamburg. Inzwischen scheint es, als habe Baerbock ihre Rolle gefunden. Nach den Rückschlägen im Frühjahr wirkte sie unsicher, wenig kämpferisch und verhaspelte sich in Reden.
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Der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte dem Handelsblatt, Baerbock habe „ihren Angriffsmodus gefunden“. Sie werde am Sonntag inhaltlich überzeugen, „anders als die Kandidaten von Union und SPD, denen außer Ankündigungen nicht viel Konkretes einfällt“, stichelte Krischer. Wie genau sich Baerbock auf das Triell einstellt, bleibt allerdings ihr Geheimnis. Die Parteizentrale möchte sich dazu nicht äußern – und richtet lediglich aus, dass Baerbock gut vorbereitet in den Auftritt gehe.
Gut vorbereitet war Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei allen TV-Duellen. Martin Schulz’ öffentliche Auftritte studierte sie 2017 genau. Das berichtete die „Berliner Morgenpost“ vor dem TV-Duell. Grundsätzlich war die Kanzlerin auf diese Auftritte aber weniger versessen als ihr Vorgänger. Bereits 2005, als sie das erste Mal kandidierte, setzte sie durch, dass es nur ein Duell geben solle. Auch in den Jahren danach wehrte sie sich erfolgreich gegen zusätzliche Termine. Einer der Vorteile, die das Kanzleramt und die Führung in Wahlumfragen bringen.
Jetzt hat kein Kandidat einen dieser Vorteile. Ohne Kanzlerbonus und in einem engen Rennen um den Wahlsieg lassen sich die Kandidaten auf drei Trielle ein. An diesem Sonntag geht es bei RTL und N-TV los. Zwei Wochen später treten sie in den öffentlich-rechtlichen Sendern an. Die letzte Auflage des Fernseh-Triells steigt am 19. September bei Sat 1 und Pro Sieben – genau eine Woche vor der Wahl. Es ist die letzte Chance, zumindest per TV einen Vorteil zu erringen.
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