Eskalation am Reichstag Rechtsextreme Symbolik: CDU und SPD warnen vor Verharmlosung der Berliner Ausschreitungen

Teilnehmer einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen stehen mit Reichsflaggen vor dem Reichstag.
Berlin Zum „Sturm auf den Reichstag“ hatten sie geblasen, und fast hätten sie ihr Ziel erreicht. Erst vor den gläsernen Sicherheitsschleusen gelang es der überforderten Polizei, die Demonstranten aufzuhalten, die am Samstag bei den Kundgebungen gegen die Coronapolitik die Absperrungen vor dem Sitz des Parlaments niedergerissen hatten.
Reichsflaggen auf den Stufen des Reichstags – diese Bilder werden bleiben und die Parteien noch länger beschäftigen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fand in einer Facebook-Botschaft drastische Worte. Als „unerträglichen Angriff auf das Herz unserer Demokratie“ beschrieb er die Ereignisse. Die Sorge wächst, dass es Rechtsextremisten gelingt, das in Teilen der Bevölkerung verbreitete Unbehagen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen für ihre Agitation auszuschlachten und legitime Proteste für ihre staatsgefährdenden Bestrebungen zu kapern.
„Das Reichstagsgebäude ist nicht irgendein, sondern das zentrale Symbol unserer Demokratie und muss unantastbar sein“, sagte Thorsten Frei, stellvertretender Unionsfraktionsvorsitzender im Bundestag, dem Handelsblatt. „Der – wenn auch kurze – Triumph, den Rechtsextreme und Reichsbürger gestern dort feiern konnten, ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die wir seit einigen Monaten beobachten: Wir sehen, dass Extremisten die Corona-Demonstrationen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren suchen.“
Frei warnte davor, „diese Entwicklung und das kollusive Zusammenwirken von im Kern sehr unterschiedlichen Gruppen zu unterschätzen“. Hier werde über ideologische Grenzen hinweg „tiefes Misstrauen gegen unsere Demokratie gesät, das den Nährboden für eine weitere Radikalisierung bildet“.
Für den Innenexperten der Union ist klar: „Wir müssen uns gegen diese Entwicklung entschlossen zur Wehr setzen: mit allen Mitteln der wehrhaften Demokratie. Dazu gehört vor allem auch ein starker Verfassungsschutz.“
Steinmeier dankt Polizisten für Verteidigung des Reichstagsgebäudes
Warnung vor Verharmlosung der Vorfälle
Ute Vogt, innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, dankte der Polizei, „dass diese Ausschreitungen am Ende kein schlimmeres Ausmaß angenommen haben“. Dem Handelsblatt sagte die SPD-Politikerin: „Unterschiedliche Meinungen und Streit sind notwendig in der Demokratie. Wer aber dabei den Respekt vor anderen Menschen verliert und demokratische Institutionen angreift, muss mit unserem härtesten Widerstand rechnen.“
Wie Frei warnte Vogt davor, die Vorfälle zu verharmlosen: „Die unerträglichen Szenen vor dem Reichstag zeigen, dass wir Rechtsextremismus und die Strategien der AfD nicht unterschätzen dürfen.“ Die Feinde der Demokratie gingen systematisch vor und nutzten jede Gelegenheit, um Menschen hinter sich zu versammeln, die aus unterschiedlichen Gründen Unmut gegenüber der Regierung äußerten.
Der Ökonom Marcel Fratzscher glaubt dabei nicht, dass die Eskalation vor dem Reichstag politische und gesellschaftliche Probleme nach sich ziehen könnte, die ökonomische Risiken bergen. „Deutschland wird durch diese Demonstration und Ausschreitungen noch enger zusammenrücken“, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) dem Handelsblatt. „Ich sehe daher keine negativen Auswirkungen für die Wirtschaft durch die Ausschreitungen.“
Fratzscher betonte, dass Demonstrations- und Meinungsfreiheit zwei wichtige Grundrechte seien, die auch in dieser Coronakrise einen hohen Stellenwert haben müssten. „Der Missbrauch dieser Grundrechte durch einige wenige bei den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen kann eine starke deutsche Demokratie aushalten“, ist der Ökonom überzeugt. „Die Ausschreitungen schaden eher den Kritikern der Corona-Maßnahmen als der überwältigenden Mehrheit der Deutschen, die durch ihr Verhalten große Solidarität mit ihren Mitmenschen zeigen.“
Am Samstag hatten dem Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) zufolge bis zu 3000 „Reichsbürger und Extremisten“ demonstriert. Insgesamt waren in Berlin nach Polizeiangaben etwa 38.000 Menschen auf die Straße gegangen. Dabei wurden die Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus vielfach missachtet. Die große Mehrheit der Teilnehmer blieb aber friedlich.
Auch am Sonntag versammelten sich erneut zahlreiche Gegner der Maßnahmen in Berlin. Am Brandenburger Tor war eine Kundgebung mit etwa 2500 Menschen angemeldet, wie ein Polizeisprecher sagte. Zunächst sprach er von mehreren Hundert Menschen dort. Zuvor löste die Polizei eine Ansammlung mit rund 2000 Menschen an der Siegessäule auf.
Erinnerung an dunkelste Vergangenheit
Die Proteste verdeutlichen, wie die zuletzt in Umfragen schwächelnde AfD versucht, neue politische Energie aus den Corona-Protesten zu saugen. Der Thüringer AfD-Bundestagsabgeordnete Robby Schlund ließ sich auf der Kundgebung mit Plakaten fotografieren, die den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach, den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und den Virologen Christian Drosten in Sträflingskleidung zeigten. Die außer- und innerparlamentarische Opposition greift bei der neuen völkischen Rechten ineinander.
Die SPD kündigte an, dass sich der Ältestenrat des Bundestags mit dem Sicherheitskonzept vor dem Reichstag befassen werde, am Sonntagabend unterstützte auch Koalitionspartner CDU das Vorhaben. „Bilder mit Reichsflaggen vor dem Bundestag erinnern an unsere dunkelste Vergangenheit und dürfen sich nicht wiederholen“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil dem Handelsblatt. Klingbeil forderte, gegen die „rechten Netzwerke in unserem Land“ vorzugehen und diese „nicht nur aus unserem Sichtfeld“ zu vertreiben. Das sei eine Aufgabe, bei der alle demokratischen Kräfte zusammenstehen müssten.
Eine gute Nachricht vermeldete das für die Pandemiebekämpfung zuständige Robert Koch-Institut. Der zuletzt verzeichnete Anstieg der Infektionszahlen scheint sich abzuschwächen. Für Samstag wurden 785 Neuinfektionen gemeldet, der Durchschnittswert der vergangenen sieben Tage geht damit wieder leicht zurück.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Nun wenn 3 Polizisten die Stürmung des Reichstags gegen scheinbar „3000 Rechtsextreme“ verhindert haben, dann sind diese Rechten doch sehr, sehr friedliche und ordnungsliebende Menschen und sehen die Polizei nicht als ihre Feinde an. Obwohl der Versuch sich schon verbietet.
Wären es die Linken mit der Antifa gewesen könnten sich die 3 Polizisten jetzt nach einer Not-OP, so diese Erfolg gehabt hätte, vielleicht am Überleben freuen. Die Linken und Antifa sind gegen die Polizei nicht so zimperlich, sind ja eh alles Rassisten laut Linke, SPD, Grüne und ihrer Kampftruppe der Antifa.
Das ist der wesentliche Unterschied von Rechts und dem von Links.
Die Rechten stehen zu diesem Staat Deutschland und zum Grundgesetz, die Linken wollen diesen Staat Deutschland abschaffen und im Multilateralismus unter gehen lassen. Die Grünen postulieren eindeutig dass sie Deutschland verachten und hassen und Deutschland als Staat vernichtet werden müsse, einfach mal die Aussagen der Günen nachlesen.
Nochmals, es gab keine nennenswerten Ausschreitungen, außer diesem kurzen Geplänkel vor dem Reichstag. Es wurden keine Steine, Brandsätze gewaltsamen Übergriffe auf die Polizei getätigt wie bei Linken, Grünen und Antifa-Demos üblich. Es mussten auch nicht massenweise Polizisten im Krankenhaus mit schwersten Verletzungen behandelt werden, es war einfach so friedlich. Die Polizei musste höchstens wegen Langeweile behandelt werden.
Deshalb auch das Reichtags Narrativ, das uns in einer Endlosschleife erzählt wird, da es sonst nichts negatives gibt.
Ich stehe auch einigen Maßnahmen im Zusammenhang mit Corona kritisch gegenüber und finde diese Hysterie einfach überzogen, aber dieser Angriff auf die demokratischen Grundpfeiler gehen gar nicht.
Das Grundproblem dieser immerwährenden Vorkommnisse in Berlin ist das Ergebnis des inkonsequenten Vorgehens der Sicherheitsbehörden und Justiz gegen die linksextreme Szene, die sich jetzt durch die rechtsextremen Antidemokraten erweitert hat.
Diese Minderheiten müssen sich doch im Rahmen dieser legitimen Demonstrationen separieren lassen - es sind doch keine Einzelpersonen, die nicht zu identifizieren sind.
Das neue Polizeigesetz in Berlin - mit Beweislastumkehr zu Lasten der einzelnen Polizisten - tut ein übriges für die Moral der Truppe.
Die Standhaftigkeit und der Mut der drei Polizisten, die den Reichstag "gerettet" haben, kann nicht hoch genug gewertet werden.
Es fehlt einfach an manchen Stellen - offensichtlich speziell in Berlin - das offensive und konsequente Durchsetzen demokratischer Grundregeln.
Es findet ja auch kaum noch eine ausgewogene, öffentliche Diskussion und Kommunikation über die Themen statt, die die Menschen umtreiben.
Bei Ex-Kanzler hieß es die "Basta-Politik", gleichwohl ist es ja heute nicht anders.
Unser politisches Führungspersonal guckt sich ein Problem aus, bildet sich politisch eine Meinung, wie die Menschen gefälligst damit umzugehen haben und dann erfolgt über die Leitmedien die immerwährende Kommunikation der Vorgaben, aus welchen politischen Gründen auch immer gerade es so oder anders entschieden wird.
Ein wirkliches Ringen um die beste Lösung, unter Einbeziehung der wirklichen Fakten- und Risikolagen wie im Beispiel Corona, erfolgt sehr, sehr begrenzt. Selbst die politischen Sendungen geben selten bis gar nicht kritischen Stimmen eine Öffentlichkeit.
Die Menschen sind nicht dumm und suchen sich ein Ventil für den Protest - fertig. So stärken wir nicht den Zusammenhalt in der Gesellschaft.
es bleibt ein "schasler Beigeschmsck"... 3 Beamte sichern den Reichstag???? gegen 3000 Rechtsradikale??? Unfassbar. Ist die Demokratie tatsächlich "wehrhaft", wenn sie als Nazis zu bezeichnende Rednwer öffentlich auftreten lässt, in politischen Gremien Platz und Rede nehmen lässt, verachtenswerte Mails mit rechtsradikalem Inhalt offenkundig viel zu spät und viel zu lasch zur Kenntnis nimmt, verdienstvolle Politikerinnen und Politiker vor Gericht in einer schändlichen Art und Weise behandelt - unter dem Argument der freien Meinungsäußerung? Ich bin überzeugt, dass die individuelle Freiheit an der Freiheit des anderen ihre Grenze hat (KIerkegaard), Wehrhaftigkeit bedeutet nach meiner Meinung, dass die Umtriebe in Berlin und anderswo eben NICHT "auszuhalten" sind, sondern eben mit aller Härte unseres Grundgesetzes bekämpft werden müssen. Oder finden Sie "laissez-faire" wehrhaft?