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EU-Gesundheitspolitiker Peter Liese „Nichts wäre gefährlicher, als unter Druck vorschnelle Urteile über ein Vakzin zu fällen“

Peter Liese setzt auf den weiteren Einsatz des Astra-Zeneca-Impfstoffs. Der Europaabgeordnete und Mediziner kritisiert die späte Einführung des EU-Impfzertifikats.
18.03.2021 - 04:00 Uhr Kommentieren
Der EU-Gesundheitspolitiker kritisiert die Kommission für ihre Langsamkeit beim Einführen eines Impfzertifikats, um das Reisen in Europa zu erleichtern. Quelle: Erik Luntang für Handelsblatt  für Handelsblatt
Peter Liese

Der EU-Gesundheitspolitiker kritisiert die Kommission für ihre Langsamkeit beim Einführen eines Impfzertifikats, um das Reisen in Europa zu erleichtern.

(Foto: Erik Luntang für Handelsblatt für Handelsblatt)

Brüssel Die europäische Arzneimittelagentur Ema entscheidet am Donnerstag über die weitere Zulassung des Impfstoffs des britisch-schwedischen Pharmakonzerns Astra-Zeneca. Der EU-Gesundheitspolitiker Peter Liese (CDU) warnt trotz der Verzögerung der Impfpläne vor zu großem Druck auf die Amsterdamer Behörde.

„Nichts wäre gefährlicher, als unter Druck vorschnelle Urteile über ein Vakzin zu fällen“, sagte der Europaabgeordnete und Mediziner. „Wir sollten die Ema nicht unter Druck setzen.“ Es sei gut möglich, dass künftig das Vakzin nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen eingesetzt wird, um die entdeckten gefährlichen Nebenwirkungen zu vermeiden. Es könne aber gut sein, dass am Donnerstag noch keine abschließende Bewertung erfolge, sondern man sich noch ein paar Tage gedulden müsse.

Deutschland, Frankreich, Italien und andere Staaten haben die Impfung des Vakzins von Astra-Zeneca vorerst ausgesetzt. Das Bundesgesundheitsministerium begründete diesen Schritt mit einer erhöhten Zahl an Hirnvenenthrombosen nach einer Impfung. Die Ema ist bislang der Ansicht, dass die Vorteile des Impfstoffs die Risiken überwögen.

Liese kritisiert die Kommission für ihre späte Initiative zur Einführung eines EU-weiten Impfzertifikats. „Die EVP unter ihrem Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber hat ein EU-Impfzertifikat schon im Januar gefordert. Es ist jetzt höchste Zeit für einen Immunitätsnachweis in der EU“, sagte Liese.

„Wir erhalten damit mehr Reisefreiheit.“ Er warnt allerdings davor, in den nächsten Wochen die Maßnahmen gegen die Pandemie weiter zu lockern. Die Kommission will bis zum Juni den digitalen Impfnachweis schaffen und so der Tourismusbranche in der Coronakrise helfen. Das digitale Zertifikat soll als Nachweis für eine erfolgte Impfung, eine überstandene Erkrankung oder ein negatives Testergebnis dienen.

Lesen Sie hier das gesamte Interview:

Herr Liese, sind durch das vorübergehende Aussetzen von Impfungen mit dem Vakzin von Astra-Zeneca wegen gefährlicher Nebenwirkungen in den meisten EU-Ländern die Impfpläne nur noch Makulatur?
Ich hoffe, dass der Impfstoff von Astra-Zeneca weiter eingesetzt werden kann. Womöglich wird es künftig bestimmte Bevölkerungsgruppen geben, für denen der Impfstoff nicht mehr empfohlen werden kann. Nach einer Entscheidung könnten wir dann die vorhandenen Mengen an Impfstoffen verimpfen und so im Zeitplan wieder aufholen. Was mich außerdem optimistisch stimmt, ist, dass Biontech/Pfizer zuverlässig liefert und nun auch noch die Mengen erhöht.

Was ist mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson? Er ist zwar von der EU-Arzneimittelagentur Ema zugelassen, aber bislang noch nicht verfügbar.
Von Johnson & Johnson bin ich enttäuscht. Ich rechne aber damit, dass der Impfstoff von Johnson & Johnson im zweiten Quartal verimpft werden kann. Im Juni oder Juli kann dann das Vakzin von Curevac hinzukommen, um die Impfziele in der EU bis Herbst zu erreichen.

Was passiert mit den Impfdosen von Astra-Zeneca? Werden sie auf dem Müll landen?
Das erwarte ich nicht. Trotz aller Skepsis wird es immer Menschen geben, die diesen Impfstoff auch in Zukunft akzeptieren werden. Nur wenn die Ema die Zulassung komplett aufhebt, müssten die Chargen vernichtet werden. Doch davon gehe ich im Moment nicht aus.

Am Dienstag hatte Ema-Chefin Emer Cooke nochmals ihr Vertrauen in den Impfstoff bekräftigt. Welche Entscheidung erwarten Sie?
Es ist gut möglich, dass künftig das Vakzin nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen eingesetzt wird, um die entdeckten gefährlichen Nebenwirkungen zu vermeiden. Es kann aber gut sein, dass am Donnerstag noch keine abschließende Bewertung erfolgt, sondern wir uns noch ein paar Tage gedulden müssen.

Ist es angesichts der gefährlichen Nebenwirkungen fahrlässig, wenn EU-Länder wie Belgien oder Nachbarländer wie die Schweiz weiterhin den Impfstoff von Astra-Zeneca verimpfen?
Ich plädiere dafür, wie in Deutschland, auf das Vorsorgeprinzip zu setzen und unnötige Risiken zu vermeiden – auch wenn ich erwarte, dass sich die Nebenwirkungen am Ende als weniger gravierend herausstellen als der Nutzen.

Am Mittwoch hat die EU-Kommission ihren Plan für einen europäischen Impfpass vorgestellt. Kann dieses EU-Impfzertifikat einen entscheidenden Beitrag zur Rückkehr in die Normalität leisten?
Es ist schade, dass die EU-Kommission erst so spät mit diesem Vorschlag gekommen ist. Die EVP unter ihrem Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber hat ein EU-Impfzertifikat schon im Januar gefordert. Es ist jetzt höchste Zeit für einen Immunitätsnachweis in der EU.

Wir erhalten damit mehr Reisefreiheit. Mit dem Immunitätsnachweis werden mindestens die gleichen Freiheiten in diesem Sommer möglich sein wie im vergangenen Sommer 2021 – allerdings ohne danach die Infektionszahlen im Herbst wieder nach oben zu treiben. Ein Effekt wie die zweite Welle im vergangenen Jahr darf sich nicht wiederholen.

Bei der grenzüberschreitenden Corona-App hatte die EU-Kommission zuletzt keinen großen Erfolg erzielt. Warum glauben Sie, dass es diesmal beim Impfpass besser werden wird?
Die Widerstände wie bei der Corona-App wird es in der Kommission diesmal nicht mehr geben. Leider hat beispielsweise EU-Justizkommissar Didier Reynders zulasten des Gesundheitsschutzes mit dem Datenschutz extrem übertrieben. Das war keine gute Abwägung.

Bei der Corona-App haben nicht alle 27 EU-Länder mitgemacht. Wird es beim Impfpass diesmal anders sein?
Im Kreis der Mitgliedsländer gibt es eine breite Zustimmung. Das macht mich zuversichtlich, dass der Immunitätsnachweis europaweit eingesetzt werden kann.

Werden Sie im kommenden Sommer mit ihrem EU-Impfzertifikat verreisen?
Im vergangenen Sommer habe ich meinen Urlaub in Deutschland sehr genossen. Im nächsten Sommer wird wahrscheinlich noch mehr möglich sein. Doch dafür gibt es eine Voraussetzung: Wir dürfen in den nächsten Wochen in der EU nicht zu viele Lockerungen erlauben.
Herr Liese, vielen Danke für das Interview.

Mehr: „Offenheit ist keine Einbahnstraße“ – EU droht mit neuen Exportauflagen für Corona-Impfstoff

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