EU lässt viertes Vakzin zu Neuer Impfstoff von Johnson & Johnson löst Knappheit vorerst nicht

Die Lieferschwierigkeiten des nun zugelassenen Impfstoffes bescheren Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides weitere Kritik.
Brüssel, Berlin, Frankfurt Der Mangel an Impfstoffen in der Europäischen Union (EU) wird mit der Zulassung des Vakzins des amerikanischen Pharmaherstellers Johnson & Johnson nicht beseitigt. Denn der erste Impfstoff wird erst im April oder später geliefert.
Die EU-Kommission hat 200 Millionen Dosen des Impfstoffs von Johnson & Johnson gekauft. Davon sollen laut Vertrag bis Juli 55 Millionen Einheiten geliefert werden. Außerdem besitzt Brüssel eine Option auf weitere 200 Millionen Dosen. Laut dem Unternehmen soll in der zweiten Aprilhälfte mit der Auslieferung in der EU begonnen werden.
Im Bundesgesundheitsministerium hieß es am Donnerstag, dass bisher noch keine konkreten Mengen für erste Lieferungen von Johnson & Johnson bekannt seien. Das Vakzin sei bei der Vorschau, wie viele Impfstoffmengen der unterschiedlichen Hersteller in den kommenden Wochen für Deutschland erwartet werden, auch noch nicht eingeplant.
Das US-Unternehmen hat sich noch nicht genau zu den Lieferterminen geäußert. „Wir erwarten von Unternehmen, mit denen wir einen Vertrag geschlossen haben, dass sie ihre Verpflichtungen gegenüber den EU-Bürgerinnen und -Bürgern erfüllen“, sagte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides.
Im Gegensatz zu den Vakzinen von Biontech/Pfizer oder Moderna kann der Impfstoff von Johnson & Johnson in einem herkömmlichen Kühlschrank bis zu drei Monate gelagert werden und muss nur einmal gespritzt werden. Experten gehen davon aus, dass damit ein schnelleres Impfen in der EU möglich sein wird.
Ema prüft noch drei weitere Impfstoffe
Die europäische Arzneimittelagentur Ema hatte am Donnerstag erwartungsgemäß den Impfstoff von Johnson & Johnson als sicher eingestuft und für Personen ab 18 Jahren zur Zulassung empfohlen. Die EU-Kommission genehmigte das Vakzin umgehend.
„Johnson & Johnson hat einen guten Impfstoff produziert. Er wirkt nicht nur gegen schwere Verläufe, sondern auch gegen die Infektionen an sich. Auch gegenüber der südafrikanischen Variante wurde eine hohe Schutzwirkung festgestellt“, sagte der Europaabgeordnete und Arzt Peter Liese (CDU).
„Mit dieser jüngsten positiven Stellungnahme haben die Behörden in der gesamten Europäischen Union eine weitere Option, um die Pandemie zu bekämpfen und das Leben und die Gesundheit ihrer Bürger zu schützen“, sagte Ema-Chefin Emer Cooke.
Das grüne Licht der EU-Kommission ist nur noch Formsache. Damit ist nach Biontech/Pfizer, Moderna und Oxford University/Astra-Zeneca nun der vierte Impfstoff in der EU zugelassen. Die Ema prüft derzeit noch drei weitere Impfstoffe, nämlich Curevac, Novavax und Sputnik V.
Da trotz der Zulassung des Impfstoffs von Johnson & Johnson der Mangel an Vakzinen in der EU weiter besteht, wird der Ruf nach einem Exportverbot insbesondere für Großbritannien laut. Der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Liese, kritisiert London und Washington scharf. Die USA etwa haben ein generelles Exportverbot von Vakzinen verhängt.
EU ist größter Impfstoff-Lieferant
Die EU hatte zuletzt im Februar 34 Millionen Impfdosen weltweit exportiert. Mit 9,1 Millionen gingen die meisten Impfdosen nach Großbritannien. Zu den wichtigsten Exportländern der in der EU produzierten Impfdosen zählen weiter Kanada, Mexiko, Japan, Saudi-Arabien, Hongkong, Singapur und die USA. Die EU ist der führende Lieferant von Impfstoffen in die Welt. In den vergangenen sechs Wochen wurden von der Kommission 249 Exportanträge in 31 verschiedene Länder genehmigt. Nur ein Exportantrag von Astra-Zeneca nach Australien wurde nicht bewilligt.
Der Vorstoß aus der größten Fraktion im Europaparlament trifft in Berlin auf keine Resonanz. Die Bundesregierung lehnt Exportverbote ab, da diese unkalkulierbare wirtschaftliche und politische Folgen haben könnten. So sei Europa auf Lieferungen für Vorprodukte bei der Impfstoffherstellung angewiesen.
Die Gefahr, dass andere Länder auf ein europäisches Exportverbot mit eigenen Ausfuhrbeschränkungen reagieren und damit die EU von dringend benötigten Gütern abschneiden, hält Berlin für unkalkulierbar. Wegen des Impfstoffmangels hat Brüssel bisher lediglich Exportkontrollen beschlossen. Diese verlängerte die EU nun bis Ende Juni.
Mehr: EU hat Impfstoff von Biontech und Pfizer marktkonform eingekauft
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