Ex-Verfassungsschutzchef Auch Hans-Georg Maaßen bekam Aktienoptionen von Augustus Intelligence

Nach einem Zwischenstopp bei Augustus Intelligence möchte Maaßen nun als CDU-Politiker in Thüringen Fuß fassen.
San Francisco Der ehemalige Verfassungsschutzchef und CDU-Bundestagskandidat Hans-Georg Maaßen war enger mit dem Start-up Augustus Intelligence verbunden als bislang bekannt. Laut einem unterschriebenen Vertrag, der dem Handelsblatt vorliegt, heuerte Maaßen im Juli 2019 als Berater bei dem deutsch-amerikanischen Unternehmen an, neun Monate nachdem er als Verfassungsschutzchef entlassen worden war. Er erhielt die Option, 2870 Aktien von Augustus Intelligence zu kaufen.
Das sind 53 mehr Aktienoptionen, als Philipp Amthor erhielt. Der CDU-Politiker hatte als Direktor des Unternehmens gearbeitet und in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) für ein Treffen mit dem deutschen Augustus-Gründer Wolfgang Haupt geworben. Infolge der Lobbyismusaffäre verzichtete Amthor auf seine Kandidatur für den CDU-Landesvorsitz in Mecklenburg-Vorpommern.
Maaßen bestätigte auf Anfrage, dass er einen Vertrag mit Augustus Intelligence hatte. Er habe diesen zum Oktober 2020 aufgelöst und für seine Tätigkeit bei Augustus „keinerlei Vergütung in welcher Form auch immer erhalten“.
Bislang war nur eine lose Verbindung zwischen Maaßen und Augustus Intelligence bekannt. Ein Foto, das der „Spiegel“ veröffentlichte, zeigt den Ex-Verfassungsschutzchef mit Haupt, Amthor und Unternehmensberater Roland Berger in einem Luxushotel in St. Moritz.
Bei Vertragsunterschrift mit Maaßen war Augustus Intelligence ein hoffnungsvolles Unternehmen: Es hatte rund 34,5 Millionen Dollar von Investoren eingesammelt. Das Start-up war mit 250 Millionen Dollar bewertet, Geschäftszweck war die Entwicklung von Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz.
Es kam anders. Ende 2020 entließ das Unternehmen die Hälfte seiner Mitarbeiter, im April dieses Jahres meldete Augustus Intelligence Konkurs an. Die US-Börsenaufsicht SEC ermittelt, ob das ehemalige Management um Haupt Investoren betrogen hat. Das Unternehmen erklärte auf Anfrage, es kooperiere mit der SEC-Untersuchung und antworte auf Fragen zu Maaßen nicht.

Infolge der Lobbyismusaffäre verzichtete Amthor auf seine Kandidatur für den Landesvorsitz in Mecklenburg-Vorpommern.
Der 58-Jährige ist inzwischen Politiker. Ende April stellte die CDU im Wahlkreis um das thüringische Schmalkalden den ehemaligen Verfassungsschutzchef als ihren Direktkandidaten auf. Der bisherige Inhaber des CDU-Direktmandats, Mark Hauptmann, hatte sein Bundestagsmandat im März wegen fragwürdiger Maskengeschäfte und Lobbyismus für das autokratische Regime von Aserbaidschan niedergelegt.
Laut Vertrag sollte Maaßen ab dem 18. Juli 2019 Augustus Intelligence beraten und in Haupts Auftrag arbeiten. Auf einer „Fall zu Fall“-Basis sollte der Ex-Verfassungsschutzchef „Ad-hoc-Aufträge“ bekommen und Berichte verfassen zu den Themenbereichen „Artificial Intelligence/Machine Learning Strategy/Geopolitical Analysis“. Maaßen nannte die Fragen des Handelsblatts „Mutmaßungen“, die „in nahezu sämtlichen Details nachweislich falsch“ seien.
Maaßen sollte Provisionen von Augustus bekommen
Ein Sonderauftrag, den Maaßen für Augustus erledigte, ist bereits öffentlich bekannt: Wie der „Spiegel“ und „Abgeordnetenwatch“ berichteten, nutzte Maaßen Ende August 2019 seinen Kontakt ins Innenministerium, um eine Rechtsauskunft für einen Augustus-Mitarbeiter zu bekommen, der seine deutsche Staatsbürgerschaft verloren hatte.
Vor allem aber sollte der ehemalige deutsche Spitzenbeamte Augustus bei möglichen Klienten vorstellen und dafür Provisionen aus dem Umsatz erhalten, den Augustus mit dem Verkauf von Softwarelizenzen an den Kunden generiert hätte.
Das hätte sich gelohnt. Von Aufträgen mit mehr als zehn Millionen Dollar Jahresumsatz sollte der Ex-Verfassungsschutzchef einmalig fünf Prozent, also mindestens 500.000 Dollar, erhalten. Für kleinere Aufträge war eine Staffelung zwischen einem und 3,5 Prozent vorgesehen – zusätzlich zu den Optionen, von denen ihm über drei Jahre jeweils ein Drittel jährlich zugeteilt werden sollte.
Die Augustus-Aktien, zu deren Erwerb der Vertrag Maaßen berechtigt, waren zu dem Zeitpunkt rund 250.000 Dollar wert. Anders als üblich bei Aktienoptionen in Start-ups enthielt Maaßens Vertrag keinen Ausübungspreis – dieser liegt gewöhnlich beim aktuellen Wert der Aktie, sodass Inhaber der Optionen nur von der künftigen Wertsteigerung des Unternehmens profitieren und Investoren nicht benachteiligt werden.
Inzwischen wären Maaßens damalige Aktienoptionen wohl nicht mehr viel wert. Laut Insolvenzantrag ist von der einstigen Bewertung von 250 Millionen Dollar kaum etwas übrig: Nach Abzug von Schulden hat das Unternehmen noch Vermögenswerte von 7,3 Millionen Dollar, vor allem Beteiligungen an Start-ups, die Augustus in besseren Zeiten übernommen hatte.
Als Beamter im einstweiligen Ruhestand kann Maaßen Geld hinzuverdienen, seine Bezüge von gut 8300 Euro im Monat hätten sich dadurch verringert. Maaßen ist damit ein weiterer Politiker, der sich in den Dienst fragwürdiger Unternehmen stellte – wenngleich vor seiner Nominierung als CDU-Bundestagskandidat.
Der ehemalige Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg lobbyierte neben Augustus, wo er Investor ist, auch für den skandalumwitterten Wirecard-Konzern, genauso wie der ehemalige Geheimdienstkoordinator Klaus-Dieter Fritsche. Beide mussten sich im Bundestagsuntersuchungsausschuss erklären.
Maaßen wurde nach „Hetzjagd“-Kontroverse entlassen
Maaßen war gerade neun Monate als Verfassungsschutzchef außer Dienst, als er sich bei Augustus Intelligence verdingte. Der Verfassungsschützer war nicht freiwillig gegangen. Der langjährige Spitzenbeamte hatte im September 2018 nach einer Demonstration in Chemnitz ohne Belege behauptet, dort hätten keine Hetzjagden auf ausländisch Aussehende stattgefunden. Ein Video, das eine solche Hetzjagd zeigte, bezeichnete Maaßen als „Fake“. Als er entlassen wurde, schob er dies „linksradikalen Kräften“ in der SPD zu.
Nachdem Innenminister Horst Seehofer (CSU) kurzzeitig versucht hatte, den Juristen als Staatssekretär in sein Ministerium zu holen, wurde Maaßen am 5. November 2018 in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Er könne sich „auch ein Leben außerhalb des Staatsdienstes zum Beispiel in der Politik oder in der Wirtschaft vorstellen“, sagte Maaßen damals.

Innenminister Horst Seehofer (CSU) versuchte kurzzeitig, den Juristen als Staatssekretär in sein Ministerium zu holen.
Nach einem Zwischenstopp bei Augustus Intelligence möchte Maaßen nun als CDU-Politiker in Thüringen Fuß fassen. Die Entscheidung treffen im September die Wähler bei der Bundestagswahl.
Mehr: Wie Augustus Intelligence die Millionen seiner Investoren verbrannte
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Er könne sich „auch ein Leben außerhalb des Staatsdienstes zum Beispiel in der Politik oder in der Wirtschaft vorstellen“, sagte Maaßen damals.
Aber offenbar kann es sich die Wirtschaft nicht vorstellen, es sei denn es handelt sich um Start-ups vom "Kaliber" Augustus Intelligence.
Ich habe mich schon vor längerer Zeit mit dieser Firma befasst; meine Ansicht war damals: nicht sonderlich seriös und halbseiden. Eigentlich erstaunlich, dass sich damit eigentlich intelligente Leute wie Amthor und Maaßen abgeben. Wahrscheinlich ist es Gier oder Überschätzung der Bedeutung der eigenen Person.