EZB-Urteil Friedrich Merz: „Dieses Urteil wird europäische Rechtsgeschichte schreiben“

Das Urteil verdiene besondere Beachtung, schreibt der CDU-Politiker.
Berlin Friedrich Merz fordert die deutsche Politik auf, aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) weitreichende Konsequenzen zu ziehen.
„Es muss zukünftig eine besondere Aufgabe der deutschen Wirtschaftspolitik sein, auf negative Folgen der Ankaufprogramme öffentlich und gegenüber der EZB hinzuweisen“, schreibt Merz, der sich um den CDU-Vorsitz bewirbt, in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt.
Die Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts, die Aufkaufprogramme der EZB ab sofort auch auf ihre wirtschaftspolitischen Folgen für Sparer, Versicherungsnehmer, Mieter, Hauseigentümer und Aktionäre zu untersuchen und eine Folgenabwägung der EZB-Entscheidungen mit aufzunehmen, verdiene besondere Beachtung.
Das Bundesverfassungsgericht hatte am Dienstag den billionenschweren Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB als teilweise verfassungswidrig eingestuft. Der zweite Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle urteilte, dass die Käufe der Notenbank in mehreren Punkten gegen das Grundgesetz verstoßen.
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Damit stellten sich die Verfassungsrichter gegen den Europäischen Gerichtshof (EuGH), der die Anleihekäufe im Dezember 2018 als rechtens einstufte. Die EU-Kommission erklärte, das europäische Gemeinschaftsrecht habe Vorrang. Die Entscheidungen des EuGH seien für alle nationalen Gerichte bindend.
Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts hätte die Bundesregierung dagegen vorgehen müssen, dass die EZB ihre Beschlüsse nicht auf deren Verhältnismäßigkeit überprüft habe. Die Notenbank hätte auch die wirtschaftlichen Folgen für Sparer und Immobilienpreise in den Blick nehmen müssen.
Rechtsgeschichte geschrieben
Für Merz hat das Bundesverfassungsgericht deshalb mit seinem Urteil zu den EZB-Ankaufprogrammen die Rechte von Sparern, Versicherungsnehmern, Mietern, Immobilieneigentümern und Aktionären gestärkt. „Ich bin mir sicher: Dieses Urteil wird europäische Rechtsgeschichte schreiben“, schreibt der CDU-Politiker.
Das Bundesverfassungsgericht attestiere dem EuGH in deutlichen Worten eine Kompetenzüberschreitung („ultra vires“) durch eine unzureichende Begründung seiner Entscheidung, die im Urteil als „schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar“ bezeichnet werde. „Diese Wortwahl der Verfassungsrichter offenbart ein tiefes Zerwürfnis mit dem EuGH.“
Bei dem Verfahren ging es um das laufende und bereits mehrfach verlängerte EZB-Programm zum Kauf von Staatspapieren der Euro-Länder, das in der Fachwelt „Public Sector Purchase Programme“ (PSPP) genannt wird. Die Käufe waren in den vergangenen Jahren die wichtigste Waffe der Euro-Wächter gegen eine schwache Konjunktur und eine aus ihrer Sicht zu niedrige Inflation.
Aufkauf von Staatsanleihen durch EZB verstößt teilweise gegen Grundgesetz
Die Währungshüter begannen mit den Käufen im März 2015, um ein Abrutschen der Wirtschaft im Euro-Raum in eine gefährliche Deflation zu verhindern. Inzwischen haben die EZB und die nationalen Notenbanken der Euro-Länder Staatsanleihen im Volumen von rund 2,2 Billionen Euro gekauft.
Die Bundesregierung sieht sich durch das Gericht in der Einschätzung bestätigt, dass die Staatsanleiheankäufe nicht im Widerspruch zum Grundgesetz stehen. Das Gericht habe „klar festgestellt: Das Anleiheprogramm der Europäischen Zentralbank ist keine monetäre Staatsfinanzierung“, sagte Finanzminister Olaf Scholz in Berlin. „Das Programm befindet sich in dieser Hinsicht im Einklang mit unserem Grundgesetz.“
Frist von drei Monaten
Die Bundesbank dürfe sich weiterhin an dem gemeinsamen Kaufprogramm beteiligen, auch über die vom Gericht gesetzte Frist von drei Monaten hinaus, sofern die vom Gericht genannten Voraussetzungen erfüllt würden.
Für Merz zeigt das Bundesverfassungsgericht Grenzen der Anleihekaufprogramme auf, die eingehalten werden müssen, damit daraus nicht eine Staatsfinanzierung durch die Währungsbank wird. „Diese Grenzen werden nach meiner Auffassung mit den Aufkaufprogrammen des Jahres 2020, die nicht Gegenstand der aktuellen Entscheidung waren, bereits überschritten“, schreibt Merz.
Kläger in Karlsruhe äußerten sich zufrieden. „Wir hatten nicht unbedingt erwartet, dass der Gerichtshof so mutig ist“, sagte der Unternehmer Heinrich Weiss. Der Berliner Finanzwissenschaftler Markus Kerber, der eine weitere Gruppe von Klägern vertritt, sagte: „Dies ist ein Verdammungsurteil über den EuGH. Noch nie hat ein Gericht so präzise, methodisch unwiderlegbar ein Urteil des EuGH als reine Gefälligkeitsjurisprudenz bezeichnet.“
Experten sehen die laufenden Anleihekäufe aber nicht gefährdet. „Im Kern hat das Verfassungsgericht der EZB grünes Licht gegeben“, kommentierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.
Mehr: Ankauf von Staatsanleihen durch EZB teilweise verfassungswidrig
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ein Gastbeitrag aus der Kategorie Wahlkampf um Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur.
Beim Lesen habe ich mich gefragt, ob ich nicht mehr ganz funktioniere im Oberstübchen oder ob es vielleicht doch am Autor liegt. Jeder beansprucht den Sieg für sich; das ist doch mal echte Rechtsprechung.
Die juristischen Folgen dieses Urteils interessieren mich nur peripher. Weitaus entscheidender ist, wie der Markt urteilt!! Was tut der Euro nämlich bereits seit geraumer Zeit gegenüber dem USD??
"Viel interessanter ist aber etwas ganz Anderes: schaut man sich an, was die "Konkurrenz" so macht, dann "druckt" etwa die Fed gerade mal so eben ein paar Billiönchen an Dollar-Schulden-Grätze aus dem Stehgreif bzw. aus dem Nichts. Die grüne WeltleiDwährung müsste also gegenüber dem EuroleiD in den Sturzflug übergehen. Was aber passiert stattdessen??
https://www.finanzen.net/devisen/dollarkurs
Die Fed "druckt", als gäbe es kein Morgen mehr - und der EUR macht auf U-Boot!!!"
https://www.handelsblatt.com/finanzen/geldpolitik/bundesverfassungsgericht-ankauf-von-staatsanleihen-durch-ezb-teilweise-verfassungswidrig/25799360.html?nlayer=Meistgeteilt_14982652
Das Jahrtausend-Genie Carl Menger hat bereits vor über 150 Jahrern erkannt, dass es gar keinen objektiven Wert geben kann!!! Und weil es keinen objektiven Wert geben kann, gibt es selbstverständlich auch keinen objektiven Geldwert!! Und weil es diesen objektiven Geldwert nicht gibt, kann man ihn auch nicht "stabil" halten!!
Statt eines "Geldwertes" gibt es dagegen den GRENZNUTZEN einer Währung!!
Die EZB kann noch so sehr versuchen, den "Wert" des EUR "stabil" zu halten, und trotzdem wird der EUR gegenüber dem USD fallen, wenn die Marktteilnehmer die Eurozone wegen des Geldsozialismus´dort für Investitionen verschmähen - und stattdessen lieber dank der wirtschafts- und investitionsfreundlichen Politik vom bösen Onkel Donald in Amiland investieren und daher verstärkt USD nachfragen!!
Der Mann hat offensichtlich (....)
Dieses Urteil bedeutet (...). Es fordert die EZB allenfalls dazu auf, ihr Handeln besser zu begründen.So What ? (...) Beitrag von der Redaktion editiert. Bitte bleiben Sie sachlich.