Face-to-Face-Marketing Das Geschäft mit den Spenden

Ein Fünf-Euro-Schein wird in eine Spendendose gesteckt: Verzichten kann auf professionellen Sammler im Kampf um Spendengelder heute fast keine Hilfsorganisation mehr
Berlin „Hallo, Sie haben doch bestimmt ein Herz für Senioren, oder?“ Die junge Frau mit dem Nasenring lächelt aufmunternd und schiebt sich dabei einem bärtigen Mann in den Weg, der eigentlich an ihr vorbei in ein Einkaufszentrum im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg will. Mit dem Hilfsprojekt, für das sie wirbt, hat sie selbst eigentlich gar nichts zu tun. Die Frau arbeitet für eine Agentur, die im Auftrag Spenden sammelt - oder vielmehr Unterschriften. Auf einem Tablet-Computer, den sie bei sich trägt, sollen mögliche Spender direkt für eine regelmäßige Zahlung per Lastschrift unterschreiben.
Verzichten kann auf die professionellen Sammler im Kampf um Spendengelder heute fast keine Hilfsorganisation mehr. Etwa 130 Unternehmen und Dienstleister gibt es nach einer Schätzung des Deutschen Fundraising Verbandes (DFRV) auf dem Fundraisingmarkt hierzulande, ein kleiner Teil davon bietet auch das sogenannte Face-to-Face-Marketing an. Zahlen zu Umsatz und Gewinn der Anbieter hat der Verband nach eigenen Angaben nicht. In den Referenzen der Dienstleister tauchen Organisationen wie Amnesty International, die Welthungerhilfe, Caritas oder das Deutsche Rote Kreuz auf.
„Wir haben verschiedene Agenturen mit am Start“, sagt Jörn Ehlers vom WWF. Bei den Naturschützern seien es selten die Mitglieder, die auf der Straße Geld sammeln. „Die Spendensammler in den Fußgängerzonen versuchen ja, langfristige Spender zu gewinnen - und die sind besonders wichtig für uns. Mit dem Geld können wir planen.“ Schon allein um das Niveau der Spenden zu halten, müsse der WWF großen Aufwand treiben, erklärt Ehlers. „Es ist ein ziemlich umkämpfter Markt, aber der Spendenkuchen bleibt weitgehend gleich groß.“
Beim deutschen WWF kamen im vergangenen Geschäftsjahr bis zu fünf Prozent der rund 60 Millionen Euro Spendeneinnahmen über professionelle Sammler rein. Das entspricht pro Jahr etwa drei Millionen Euro. Die Abrechnung zwischen Agentur und WWF ist eine Mischung aus fester Vergütung und Provision. Die Höhe der Provision richte sich nach Faktoren wie Spendenhöhe oder Alter des Spenders, heißt es vom WWF.
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