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Fachkräfte China-Experten sind in Deutschland Mangelware

China ist Deutschlands größter Handelspartner, doch es fehlt an China-Experten. Nachbarland Frankreich ist da viel weiter, etwa beim Chinesisch-Lernen.
25.02.2020 - 18:09 Uhr Kommentieren
In Deutschland haben ungefähr 5.000 Schüler Chinesisch als Regelfach. Quelle: ddp images/Michael Gottschalk
Chinesisch-Lehrerin in Münster

In Deutschland haben ungefähr 5.000 Schüler Chinesisch als Regelfach.

(Foto: ddp images/Michael Gottschalk)

Berlin China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner. Außerdem investieren Chinesen hierzulande große Summen: Im Rekordjahr 2016 gaben chinesische Unternehmen 12,6 Milliarden Euro für Firmenbeteiligungen und -übernahmen in Deutschland aus.

„Chinakompetenz ist daher nicht nur für Unternehmen von Bedeutung, die etwa Mitarbeiter nach China entsenden. Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft ist es wichtiger denn je, das Verständnis der chinesischen Geschäftskultur generell zu fördern“, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben dem Handelsblatt.

Dafür fordert er die Hilfe der Politik, „vor allem beim Sprachunterricht an Schulen – inklusive Berufsschulen –, aber auch über Austauschprogramme“. Wie es gehen kann, zeigt Frankreich: „Dort lernen rund 38 000 Schüler in der Sekundarstufe Chinesisch – etwa siebenmal so viele junge Leute wie hierzulande“, sagt Wansleben.

„Und von mehr als 11.000 Sekundarschulen bieten bei uns gerade einmal 86 Chinesisch als Fach an. China kommt selbst in Fächern wie Erdkunde, Geschichte oder Wirtschaft nur selten vor.“ Das sei aus Sicht der deutschen Wirtschaft „ein unbefriedigender Zustand, der nicht zu den wirtschaftlichen Realitäten passt“, kritisiert Wansleben.

Denn „sowohl im politischen Entscheidungsprozess als auch im wirtschaftlichen Austausch ist tiefgründige inhaltliche und sprachliche Chinakompetenz wichtiger denn je, um die chinesische Vorgehensweise einordnen und angemessene Antworten finden zu können. Der Wirtschaftsstandort Deutschland kann sich weder als Wirtschaftspartner noch als Wettbewerber mit China leisten, nur oberflächliches Chinawissen aufzuweisen.“

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Vor einer mangelnden „Chinakompetenz in Deutschland warnt auch die Expertenkommission für Forschung und Innovation (EFI). „Ein produktiver wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Austausch mit China braucht Köpfe, die mit der chinesischen Sprache und Kultur gut vertraut sind, aber auch Märkte, institutionelle Rahmenbedingungen und politische Strukturen dort gut kennen und verstehen“, sagte EFI-Chef Uwe Cantner bei der Vorstellung des jüngsten Gutachtens für die Bundesregierung. „Eine solche umfassende Chinakompetenz ist in Deutschland bisher aber kaum anzutreffen. Das ist ein Problem – für Wissenschaft und Wirtschaft.“

Nur in Deutschland wenig Chinesisch-Unterricht

In der Schule „wird so gut wie nicht über China gesprochen – in den USA und Australien hingegen ist sogar Chinesisch-Unterricht sehr verbreitet“, sagt EFI-Vize Katharina Hölzle vom Hasso-Plattner-Institut der Uni Potsdam. Von elf Millionen Schülern haben nur gut 5000 Chinesisch als Regelfach – die Zahl stagniert seit Jahren. Nicht nur in Frankreich, auch in Großbritannien seien es viel mehr.

„Wünschenswert und mittelfristig durchaus machbar wäre bei uns eine Erhöhung auf mindestens 10.000 Schüler“, meint Andrea Frenzel, China-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik und Autorin der Studie „China kennen, China können“ für die Bundesregierung.

„Das wären immer noch weniger als 0,1 Prozent – und weniger als heute Altgriechisch lernen.“ Angesichts der existenziellen Bedeutung Chinas für Deutschland und Europa „wäre langfristig aber auch eine Steigerung auf circa 50 000 Schüler keinesfalls übertrieben“, sagt Frenzel.

Vor allem wenn man die Zahlen mit anderen Fremdsprachen vergleiche: „Warum sollten weniger Schüler Chinesisch lernen als zum Beispiel Italienisch?“ Dazu fehlt es allerdings aktuell an Lehrern: Zwar gibt es mehr Studiengänge für Chinesisch als Lehramt als früher – die zuletzt geschätzt 120 Lehrkräfte sind aber noch vor allem Seiteneinsteiger.

An den Hochschulen ist die Zahl der jährlichen Studienanfänger in Sinologie zuletzt wieder auf rund 500 zurückgegangen. In Japanologie und Koreanistik stieg dagegen die Zahl der Erstsemester – angesichts der weit größeren Bedeutung Chinas ein deutliches Missverhältnis, mahnt die EFI. Generell müsse sowohl die Forschung als auch die Lehre zu China deutlich verstärkt werden. Dabei sei es enorm wichtig, dass auch Experten die Sprache gut lernten – bisher sei das in vielen Studiengängen leider keine Pflicht.

BDI ist entspannter

Derzeit studieren in China daher auch lediglich 8 100 Studenten aus Deutschland. Das Missverhältnis könnte nicht größer sein: An deutschen Hochschulen lernen fast 43 .000 Chinesen. In den USA gibt es „contemporary china studies“, also ganze Fachbereiche, die sich mit Sprache, Wirtschaft, Kultur, und Wissenschaft befassen – so etwas gibt es bei uns nicht“, so Hölzle. „Wenn wir weiter erfolgreich mit China kooperieren wollen, brauchen wir das.“

Beim Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) sieht man die Lage etwas entspannter: „Die Wirtschaft braucht vor allem Ingenieure, Kaufleute und Juristen mit einer Zusatzqualifikation  in  Chinakompetenz“, sagt Friedolin Strack, BDI-Abteilungsleiter internationale Märkte. „Das können viele Unternehmen aber durchaus selbst einkaufen und in ihren eigenen Personalentwicklungsprogrammen aufbauen.“ Es gebe zwar nur einige wenige Studiengänge dazu, diese seien aber hervorragend – etwa für China-Wirtschaft in Würzburg, aber auch in Duisburg-Essen, München oder Trier.

Insgesamt gibt es 66 Studiengänge mit Chinabezug – davon zwei Drittel, die sich mit dem heutigen China beschäftigen, also moderne Sinologie oder interdisziplinäre Studiengänge. Deutsche Hochschulen haben aber große Probleme, geeignete Kooperationspartner in China zu finden, heißt es in der Merics-Studie.

Das Bundesbildungsministerium fördert den Ausbau der Chinakompetenz – etwa an der Universität Hohenheim mit Workshops und interkulturellem Training für Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler. Das Projekt „Culture China“ am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) richtet sich vor allem an Maschinenbauer, Elektro- und IT-Spezialisten sowie an Umweltwissenschaftler und Energieexperten.

Doch die Projekte laufen 2020/21 aus, noch ist unklar, wie es weitergeht. Denn die „China-Strategie 2015-20“ des Ministeriums läuft ebenso aus wie die „deutsch-chinesische Plattform Innovation“, eine neue ist nicht geplant. Die EFI-Kommission hat dies deutlich kritisiert. Sie fordert eine Fortschreibung der China-Strategie – gut abgestimmt mit der EU. Strack vom BDI geht noch weiter: „Es ist konsequent, wenn das BMBF keine neue China-Strategie auflegt. Das muss auf EU-Ebene passieren – und die Ansätze sind dort auch sehr erfreulich.“

China-Expertin Frenzel mahnt, angesichts der Probleme im Umgang mit China „nicht in Schreckstarre zu verfallen“. Die China-Strategie müsse so fortgeschrieben werden, dass Schulen Sprache, Wissen über China und interkulturelle Kompetenz vermitteln könnten.

Chinakompetenz im Arbeitsleben geht auch deshalb verloren oder wird nicht neu aufgebaut, weil deutsche Fachkräfte nicht mehr gern im Reich der Mitte arbeiten. Noch vor wenigen Jahren galt das als hochinteressant und zugleich als Karriere-Sprungbrett. Doch mittlerweile „berichten Unternehmen, dass es immer schwieriger wird, Mitarbeiter nach China zu entsenden“, sagt EFI-Mitglied Holger Bonin.

Mehr: Zu wenig Informationen und intransparente Ausschreibungen kritisieren europäische Unternehmen an dem Projekt. Vor allem chinesische Staatsunternehmen kämen dabei zum Zug.

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