Fachkräfte Mehr als jeder Dritte ist im Job über- oder unterfordert

Der Fachkräftemangel könnte durch den richtigen Einsatz von Mitarbeitern abgemildert werden.
Berlin Die konjunkturelle Eintrübung hat den Fachkräftemangel bislang kaum gelindert. Nach einer aktuellen Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) klagt fast jedes zweite (47 Prozent) der 23.000 befragten Unternehmen nach wie vor über Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Gegenüber der Vorjahresbefragung ist das nur ein leichter Rückgang um zwei Prozentpunkte.
„Fachkräfteengpässe bleiben trotz Konjunkturschwäche eine große Herausforderung für die deutschen Unternehmen“, kommentierte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks die Ergebnisse, über die zuerst die „FAZ“ berichtet hatte. 39 Prozent der befragten Firmen erwarten, dass sie Aufträge ablehnen oder ihr Angebot einschränken müssen, weil qualifiziertes Personal fehlt.
Umso mehr sollte eine neue Studie der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) aufhorchen lassen, die auf den „Skills Mismatch“ als weitere Facette des Fachkräftemangels hinweist. Demnach arbeiten in Deutschland rund 37 Prozent der Beschäftigten in einem Job, für den sie über- oder unterqualifiziert sind.
Dabei gebe es – neben der Einwanderung – im Wesentlichen zwei Hebel, um dem drohenden Arbeitskräftemangel zu begegnen, sagt Jens Baier, Senior Partner bei BCG: „Wir können in stärkerem Maße als bisher aus Erwerbsfähigen Erwerbstätige machen.“ Also etwa die Erwerbsquoten von Frauen und Älteren weiter erhöhen. Oder man könne die Arbeitsproduktivität steigern. „Und das geht am besten, wenn Arbeitnehmer auch entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt werden“, sagt Baier.
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
BCG hat den „Skills Mismatch“ in den Industriestaaten untersucht und für Europa auf Daten der EU-Arbeitskräfteerhebung zurückgegriffen. In den OECD-Ländern sind im Schnitt zwei von fünf Mitarbeitern über- oder unterqualifiziert. Die Spanne reicht dabei von unter 30 Prozent in Finnland bis zu 50 Prozent in Südafrika.
Weltweit führen nicht passgenau besetzte Stellen laut BCG zu einem Produktivitätsverlust von sechs Prozent und damit einem Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung um fünf Billionen Dollar.
Dass Deutschland vergleichsweise gut abschneide, sei kein Grund, sich auszuruhen, sagt Baier. Zwar bereite das hiesige Ausbildungssystem junge Menschen gut auf den Start in den Beruf vor, beim lebenslangen Lernen gebe es aber Defizite. „Wir sollten neue Möglichkeiten der Weiterbildung stärker nutzen.“
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Es müsse nicht immer der teure mehrtägige Kurs sein, viele kleinere Trainingseinheiten würden auch digital bereitgestellt, sagt der Berater. Neben der Eigeninitiative der Beschäftigten, die ein Interesse daran haben müssten, ihren Marktwert zu steigern, sei auch eine bessere strategische Personalplanung der Firmen erforderlich.
Beim DIHK hofft man vor allem, dass das im März in Kraft tretende Fachkräfteeinwanderungsgesetz für Entspannung an der Personalfront sorgt. „Ausländische Arbeitskräfte machen mittlerweile über die Hälfte des aktuellen Jobaufbaus aus“, sagt Dercks – bisher vor allem aus der EU. Jede zehnte befragte Firma will aber künftig auch außerhalb der EU gezielt um Fachkräfte werben.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.