Finanzpolitik „Steuerbeamte sind keine Stümper“: Steuergewerkschaft weist Kritik an Betrugsportal scharf zurück

Nach Angaben des Finanzministeriums in Baden-Württemberg fehlten bei Hinweisen auf Steuerbetrug oft wesentliche Informationen.
Berlin Die Debatte um das neue Hinweisportal zur Steuerhinterziehung in Baden-Württemberg wird schärfer. Während Landesfinanzminister Danyal Bayaz (Grüne) Unterstützung vom Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler erhält, kommt vom früheren Präsidenten des Bundesfinanzhofs (BFH), Rudolf Mellinghoff, deutliche Kritik.
Er halte eine Meldeportal „für rechtsstaatlich bedenklich, sei es auf Länder- oder auf Bundesebene“. „Natürlich muss der Staat aufpassen, dass er nicht über das Ohr gehauen wird“, sagte Mellinghoff dem Handelsblatt. Es sei auch richtig, dass es den automatischen Informationsaustausch über Kapitalkonten gebe. „Es ist aber deutlich etwas anderes, wenn ein solches Portal dazu einlädt, zu denunzieren.“
Eigenthaler wandte sich gegen die teilweise in harten Worten vorgetragene Kritik einzelner Politiker. „Das ist zu einem großen Teil Wahlkampfgetöse“, sagte der Gewerkschafter dem Handelsblatt. Begriffe wie „Stasimethoden“ und „DDR-Mentalität“ seien außerdem „für die Steuerverwaltung ehrabschneidend“.
Union, FDP und AfD hatten die Grünen wegen der Meldeplattform mit drastischen Worten kritisiert. Bei den Grünen „gehören Denunziantentum und das Bespitzeln von Nachbarn quasi zum neuen Ton“, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume dem Handelsblatt. Dass Steuerhinterziehung geahndet werden müsse, steht doch völlig außer Frage. Wenn jedoch Misstrauen gegenüber den Bürgern die Basis des politischen Handelns sei, dann sei das das falsche Signal und der falsche Ansatz. „Die Grünen sind Verbots- und Kontrollpartei.“
FDP-Landeschef Michael Theurer sprach von „Blockwart-Mentalität“. Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) nannte das Portal einen „Steuerpranger“. Allerdings bildet die CDU in Baden-Württemberg zusammen mit den Grünen die Regierung.
Die Linkspartei reagierte gespalten auf die Meldeplattform. Während der Spitzenkandidat der Linken für die Bundestagswahl, Dietmar Bartsch, gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland von „Denunziantentum“ sprach, kam vom Linken-Finanzpolitiker Fabio De Masi Zuspruch. „Eine digitales Hinweisportal kann eine sinnvolle ergänzende Maßnahme sein“, sagte der Bundestagsabgeordnete dem Handelsblatt. „Noch wichtiger erscheint es mir aber, die Prüfquote bei den Superreichen zu erhöhen und die Finanzverwaltung personell zu befähigen“, fügte De Masi hinzu. „Auch Baden-Württemberg glänzt im Steuerwettbewerb mit geringer Prüfdichte bei den großen Fischen.“
Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung getitelt: „Grünen-Minister führt Steuer-Stasi ein.“ Grünen-Chef Robert Habeck sagte daraufhin, solche Vergleiche mit dem Staatssicherheitsdienst der DDR (Stasi) verharmlosten die „Diktatur der DDR“. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ergänzte: „Das verhöhnt aus meiner Sicht all diejenigen, die in einer Diktatur gelebt haben.“
Auch in der SPD wurde Kritik laut. Kanzlerkandidat Olaf Scholz wies den Vorstoß von Baerbock zurück, die ein Meldeportal auf Bundesebene ins Spiel brachte. „Ich bin überzeugt, dass wir erstklassige Finanzämter in Deutschland haben, die ihre Arbeit leisten“, sagte der Bundesfinanzminister am Rande eines Unternehmensbesuchs in Kassel. „Und da brauchen wir keine neuen Techniken, die dazu führen, dass der eine über den anderen redet.“
„Steuerbeamte sind keine Stümper“
Steuergewerkschafter Eigenthaler hält die aktuelle Aufregung für unbegründet. Anonyme Anzeigen gebe es, seit es Finanzämter gibt, sagte er. Das Portal in Baden-Württemberg sei „eher eine Verbesserung“, denn die Steuerverwaltung könne durch gezielte Rückfragen den „Anzeigenschrott“ von „werthaltigen Hinweisen“ trennen.
„Steuerbeamte sind keine Stümper“, betonte der Gewerkschafter. „Sie können schnell erkennen, ob nur denunziert wurde oder ob man einer Steuerhinterziehung gezielt nachgehen muss.“ Man sei nicht an „kleinlichen Nachbarschaftskonflikten“ interessiert, sondern hoffe, mit dem Portal „dicke Fische“ zu fangen.
Die Bremer Finanzstaatsrätin Silke Krebs (Grüne) sieht die Plattform denn auch als wichtiges Instrument zur Unterstützung von Steuerfahndern. „Für unser vordringliches Ziel der Bekämpfung von relevanten Steuerstraftaten kann ein solches anonymisiertes Online-Portal einen Beitrag leisten“, sagte Krebs dem Handelsblatt. Ein solches Portal wäre jedoch nur ein weiterer Weg zur Aufnahme von Anzeigen wegen Steuerhinterziehung.
Die Steuerfahndung nehme jetzt schon regelmäßig Hinweise aus der Bevölkerung entgegen und gehe diesen in begründeten Fällen auch nach, erläuterte sie. Zu diesem Zweck gebe es in Bremen eine spezielle E-Mail-Adresse sowie ein sogenanntes Bereitschafts-Telefon.
„In einem Großteil der Fälle sind anonyme Hinweise jedoch nicht besonders werthaltig, da wesentliche Informationen fehlen“, fügte die Grünen-Politikerin hinzu. Daher sei es häufig nötig, den Hinweisgebern weitere Fragen zu stellen. „Ein Online-Portal sollte daher möglichst auch anonymisierte Rückfragen ermöglichen, um einen echten Mehrwert zu erzeugen“, sagte Krebs.
Zweifel am Nutzen des Meldeportals
Zuspruch für das Meldeportal in Baden-Württemberg kam auch vom Linken-Finanzpolitiker Fabio De Masi. „Eine digitales Hinweisportal kann eine sinnvolle ergänzende Maßnahme sein“, sagte der Bundestagsabgeordnete dem Handelsblatt. „Noch wichtiger erscheint es mir aber, die Prüfquote bei den Superreichen zu erhöhen und die Finanzverwaltung personell zu befähigen“, fügte De Masi hinzu. „Auch Baden-Württemberg glänzt im Steuerwettbewerb mit geringer Prüfdichte bei den großen Fischen.“
Ex-Finanzrichter Mellinghoff stößt sich vor allem daran, dass mit dem Portal „organisatorisch ausdrücklich dazu aufgefordert“ werde, Steuerbetrug anzuzeigen. Dabei lägen in den Finanzämtern ja auch keine Flyer oder Formulare aus, die dafür werben, Steuerstraftäter zu melden. Ein Portal sei zudem nicht einfach ein weiterer oder modernerer Weg für eine Anzeige. Jeder könne sich bereits per E-Mail an die Finanzverwaltung wenden, auch anonym. „Es werden auch Briefe an die Finanzämter geschrieben, häufig um jemandem explizit zu schaden“, erklärte Mellinghoff.
Der Jurist bezweifelt überdies den Nutzen eines Meldeportals. „Aus meiner Erfahrung haben anonyme Anzeigen selten die Qualität, dass dadurch große Steuerbetrugsfälle aufgedeckt werden“, sagte er. Die wirklich großen Steuerfälle seien über ein Portal auch kaum anzuzeigen, weil diese viel zu umfangreich wären. „Im Grunde würde es also doch auf Denunziantentum hinauslaufen“, fügte er hinzu. „Wir haben doch auch kein Internetportal eingerichtet, um Verkehrssünder anzuzeigen oder Umweltsünder anzuschwärzen.“
Dessen ungeachtet könnte nun auch die Qualifikation der deutschen Steuerfahnder in den Fokus rücken. Der Vorsitzende der Vereinigung Berliner Staatsanwälte, Ralph Knispel, äußerte „Zweifel an der Eignung“, wenn Kollegen der Abteilung Steuerstraftaten zugewiesen würden „und der einzige Berührungspunkt zu dieser Materie in der eigenen Steuererklärung besteht“. Dieses Beispiel sei keineswegs aus der Luft gegriffen, sondern „bittere Realität an deutschen Gerichten“.
Bis zu zehn Jahre Haft für schwere Steuerhinterziehung
Knispel verweist in seinem Buch mit dem Titel „Rechtsstaat am Ende“ auch auf das Vorgehen in Berlin. Hier habe der zuständige Innensenator Andreas Geisel (SPD) schon Ende 2018 den Kampf gegen die Clankriminalität eröffnet.

Die Steuergewerkschaft unterstützt das Meldeportal: Man sei nicht an „kleinlichen Nachbarschaftskonflikten“ interessiert, sondern hoffe, „dicke Fische“ zu fangen.
Verantwortliche aus verschiedenen Verwaltungen sowie aus den Finanz- und Justizressorts seien zusammengerufen worden, das Landeskriminalamt habe eine Koordinierungsstelle eingerichtet, um auf verschiedenen Ebenen gegen dieses kriminelle Milieu vorzugehen. Der gemeinsam erarbeitete Plan habe unter anderem vermehrte Gewerbe- und Finanzkontrollen vorgesehen, um Geldwäsche über Scheingeschäfte zu verhindern.
Knispel erklärt: „Man erhoffte sich davon bedeutsame Hinweise für die Steuerfahndung und die Gründung einer Spezialabteilung zur Abschöpfung kriminellen Vermögens seitens der Generalstaatsanwaltschaft.“
Eigene Wahrnehmungen sowie Schilderungen Dritter ließen allerdings erhebliche Zweifel an einer tatsächlichen Umsetzung der verkündeten Absichten aufkommen. „Angesichts der Personalnot bei diesen Behörden wäre das keine Überraschung“, meint Knispel.
Dabei sind für die Vergehen, um die es geht, harte Sanktionen möglich. Schwere Steuerhinterziehung werde mit Gefängnis bis zu zehn Jahren bestraft, erläuterte Steuerexperte Eigenthaler. Der Staat müsse diese Straftaten so gut wie möglich aufklären. Möglicherweise bekomme man über das Portal auch noch Hinweise auf andere Straftaten im Bereich organisierter Kriminalität wie zum Beispiel Geldwäsche, Urkundenfälschung oder Hehlerei.
Alle anonymen Anzeigen würden auf Plausibilität „abgeklopft“, Unsinniges lande rasch im Papierkorb, versicherte Eigenthaler, der früher selbst ein großes Finanzamt geleitet hat. Von einem Meldeportal auf Bundesebene hält Eigenthaler wenig: „Das Portal fällt ganz klar in die Kompetenz jedes einzelnen Bundeslandes“, sagte er.
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@Herr Helmut Metz
siehe: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_106.html
Dass Ihrer Lieblingspartei AFD das Grundgesetz nicht so wichtig ist, ist ja nichts neues.
Wäre es Ihnen lieber, der Staat würde das Geld, das er für Bildung, Rechtsprechung, Polizei, Verwaltungsaufgaben, Infrastrukturplanung, Verteidigung, Gesundheitsvorsorge, Grundlagenforschung etc. ausgeben muss, selber drucken.
Dann wird Frau Baerbock sicher auch dafür sein, Meldungen zu Schwarzarbeit und Sozialhilfebetrug einzubeziehen. Das Volumen der durch Schwarzarbeit hinterzogenen Steuern und Sozialabgaben ist jedenfalls beachtlich. Genug, um auch dafür ein Portal zu rechtfertigen. Man kann den Gedanken sicher fortspinnen und weitere Themen identifizieren, bei denen sich die gegenseitige Denunziation für den Staat lohnen würde. Wehret den Anfängen, rüstet Polizei, Steuerbehörden und Zoll auf, aber verleitet die Bürger nicht zu gegenseitiger Denunziation. In Sonntagsreden wird oft so getan, als habe man aus der Geschichte gelernt. Im Alltag wird's dann wieder ganz schnell vergessen.
- Fortsetzung -
Ist es also "ungerecht", keine Steuern zu zahlen?
"NEIN. Da Steuern Diebstahl sind, d.h. ein Unrecht, kann es nicht moralisch falsch sein, sich zu weigern, an Diebe zu zahlen oder sie hinsichtlich seines Einkommens oder Vermögens zu belügen. Das bedeutet nicht, dass es klug und weise ist, dies zu tun und seine Steuern nicht zu bezahlen - immerhin ist der Staat, wie Nietzsche es ausgedrückt hat, das kälteste aller Ungeheuer. Es kann dein Leben ruinieren und dich zerstören, wenn du dich seinen Befehlen widersetzt. Aber es kann keinen Zweifel daran geben, dass es GERECHT ist, seine Steuern nicht zu zahlen." (Hans-Hermann Hoppe: ebd., S. 32f.)
Selbstverständlich fördert der grüne Ba-Wü-Finanzminister übelstes Denunziantentum; leider kann er sich dabei jedoch auf die "allerbeste" Eigenschaft der Deutschen stützen: nämlich den NEID. Es gibt eigentlich auf der Welt kein widerlich-neidbehafteteres Volk als die Deutschen. Auch deshalb ist dieses Volk dem verdienten Untergang geweiht.
Die "Bild" hatte gestern getitelt: STEUER-STASI - und das trifft auch vollkommen zu. Dieser grüne (Un-)Mensch gehört in einen diktatorischen Unrechtsstaat, der sich eben auf Denunziantentum, Blockwarte und eine Gestapo stützt. Und diese Subjekte wagen es dann auch noch zu tönen, "gegen rechts" zu sein bzw. den Faschismus bekämpfen zu wollen!!
Grundsätzlich kann es auch so etwas wie eine "Steuergerechtigkeit" überhaupt nicht geben!! Steuern sind IMMER Unrecht!! Bedauerlicherweise hat die Polit-Propaganda auch in demokratischen Staaten die Bürger hier jedoch erfolgreich indoktriniert:
"Steuern - gleich welcher Höhe - sind niemals mit individueller Freiheit und Eigentumsrechten vereinbar. STEUERN SIND DIEBSTAHL. Die Diebe - der Staat und seine Argenten und Alliierten - versuchen natürlich ihr Bestes, diese Tatsache zu vertuschen. Doch es gibt einfach keinen Weg um diese Erkenntnis herum. Ganz offensichtlich sind Steuern keine freiwillige Zahlung für Güter und Dienstleistungen, da es nicht gestattet ist, diese Zahlungen einzustellen, falls man mit dem Produkt unzufrieden ist [wie etwa mit dem Katastrophen-(Nicht-)Management nach der Flutkatastrophe durch unfähige Behörden; der Kommentator]. Man wird nicht bestraft, wenn man aufhört, Volkswagen-Autos oder Chanel-Parfum zu kaufen, aber man wird ins Gefängnis geworfen, wenn man aufhört, für staatliche Schulen oder Universitäten oder den Pomp mancher Politiker zu zahlen." (Hans-Hermann Hoppe: Der Wettbewerb der Gauner, Berlin 2012, S. 32)
Ich habe 40 Jahre in der DDR gewohnt und fühle mich durch die Stasi-Vergleiche in keiner Weise verhöhnt. Im Gegenteil zeigt mir die Einlassung von Frau Bärbok was von einer Rot-Rot-Grün Koalition zu erwarten wäre. Steuerbetrug ist keine Kavaliersdelikt, aber deren Bekämpfung ist Aufgabe der zuständigen Institutionen und nicht eines kollektiven Denunziantentums. Ich frage mich welchen moralischen Kompass die Grünen und all die, die das gut finden haben.
Ich bin gespannt, wie die Datenschützer auf so einen Pranger reagieren. Meines Erachtens sollte es nicht im Internet möglich sein, diese Daten zu erfassen. Wenn die Daten durch Hacker offen gelegt werden...wer zahlt dann die Zeche für den Reputationsverlust von unschuldig angezeigten Personen?
Der Fisch stinkt vom Kopf...
Die Finanz-/Steuerverwaltung hat mehrfach bewiesen, dass nicht einmal den substantiierten Hinweisen - ob öffentlich oder "geheim" oder von der Basis (Finanzämter, Betriebsprüfung,...) nach oben gemeldet entsprechend zeitnah nachgegangen wird. Jüngste Beispiele sind "cum ex" und "wirecard", früher z.B. als Betriebsausgaben in Deutschland verbuchte Bestechungsgelder von deutschen Konzernen im Zusammenhang mit Exportgeschäften (nenne hier keine Namen).
Eine Online-Anzeige wird allenfalls bearbeitet, wenn der Anzeiger behauptet, er könne Belege beibringen. Dabei gilt es doch, dass dafür zunächst "Preisverhandlungen" anstehen (seit dem Ankauf von CDs)?
Also wird KI benötigt, um ein Angebot zu konfigurieren bzw. eine Anzeigenflut zu selektieren - wurde diese gleich mitprogrammiert?