Flüchtlingspakt: Merkels umstrittene Reise in die Türkei
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FlüchtlingspaktMerkels umstrittene Reise in die Türkei
Die Bundeskanzlerin fliegt am Samstag in die Türkei. Sie will dort überprüfen, wie das Flüchtlingsabkommen umgesetzt wird. Türkische Journalisten und Kurden werfen Angela Merkel vor, die Menschenrechte zu vergessen.
22.04.2016 - 14:36 Uhr
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Kanzlerin Merkel und der türkische Ministerpräsident Davutoglu
Im Mittelpunkt des halbtägigen Aufenthaltes Merkels in der Türkei steht die Umsetzung des Flüchtlingsabkommens.
(Foto: AP)
Berlin Zur Überprüfung des EU-Pakts mit Ankara besucht Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Brüsseler Spitzenpolitikern Flüchtlinge im südosttürkischen Grenzgebiet zu Syrien. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Freitag in Berlin: „Die ersten Schritte weisen in die richtige Richtung (...), es bleibt aber weiterhin viel tun.“ Am Samstagnachmittag kommt Merkel gemeinsam mit EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans in der Provinz Gaziantep mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu zusammen. Zu viert besuchen sie das nahegelegene Flüchtlingslager Nizip, nehmen an der Eröffnung eines aus EU-Mitteln finanzierten Projekts für Kinder und Familien in Gaziantep-Stadt teil und treten in der dortigen Universität vor die Presse. Die Provinz Gaziantep gehört zu den Regionen mit den meisten syrischen Flüchtlingen in der Türkei. Das Auswärtige Amt rät von Reisen dorthin ab. In der Region agiert die Terrormiliz IS. Auf Fragen, ob die Affäre um das umstrittene Gedicht des Satirikers Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan Thema sein werde, sagte Seibert, im Mittelpunkt des halbtägigen Aufenthaltes stehe die Umsetzung des Flüchtlingsabkommens. Er betonte aber: „Natürlich haben Themen der demokratischen Entwicklung, der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei immer ihre Bedeutung. Die Bundeskanzlerin hat sehr klar auf Entwicklungen hingewiesen, die uns Sorgen machen.“ Das spiele in Gesprächen immer die nötige Rolle.
Flüchtlingspolitik: Der EU-Türkei-Aktionsplan
Die Türkei soll der EU dabei helfen, dass weniger Flüchtlinge nach Westeuropa kommen. Das Land ist nämlich für viele Migranten ein wichtiges Transitland. Bereits im November wurden dafür die folgenden Punkte vereinbart.
Um die illegale Einreise von Flüchtlingen in die EU zu stoppen, soll die Türkei ihre Seegrenzen zu Griechenland besser sichern. Zudem soll das Land stärker gegen Schleuser vorgehen, die die Flüchtlinge über die Ägäis bringen.
Die Lebensbedingungen der Flüchtlinge in der Türkei sollen verbessert werden, damit diese gar nicht erst nach Europa weiterreisen. Dabei geht es etwa um eine bessere Gesundheitsversorgung und Bildungschancen für Kinder. In einem ersten Schritt hat die Türkei bereits ein Arbeitsverbot für Flüchtlinge gekippt. Nach Schätzungen des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) leben in der Türkei mittlerweile allein 2,7 Millionen syrische Flüchtlinge.
Für die Versorgung der Flüchtlinge haben die EU-Staaten der Türkei drei Milliarden Euro zugesagt.
Die EU hat der Türkei zugesagt, die Verhandlungen über Visa-Erleichterungen und einen möglichen EU-Beitritt zu beschleunigen. (Quelle: dpa)
Der Chefredakteur der regierungskritischen türkischen Zeitung „Cumhuriyet“, Can Dündar, warf Merkel im Magazin „Der Spiegel“ vor, zu den Menschenrechtsverletzungen in der Türkei zu schweigen. Dündar droht eine lebenslange Haftstrafe, weil er über angebliche türkische Waffenlieferungen an syrische Islamisten berichtet hat. Die Kurdische Gemeinde in Deutschland (KGD) kritisierte, dass Merkel ausgerechnet nach Gaziantep fahre. Die Stadt sei das türkische Logistik- und Finanzzentrum der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), erklärte die KGD am Freitag. Die Türkei befinde sich faktisch „im Krieg gegen die eigene kurdische Bevölkerung“. Seibert verwies darauf, dass die Europäische Union mit zunächst drei Milliarden Euro und später noch einmal in dieser Größenordnung dazu beitragen wolle, dass Flüchtlinge in der Türkei menschenwürdig und sicher leben und ihre Kinder zur Schule gehen können. „Die Türkei hat in den vergangenen Jahren dazu große Anstrengungen gemacht. Jetzt teilen wir ihre Lasten und helfen, das Los der Flüchtlinge zu verbessern.“ Elend und Aussichtslosigkeit in Lagern seien Ursachen, die Flucht fortzusetzen. „Diese Ursachen wollen wir abbauen helfen.“ Das Abkommen mit der Türkei sieht die Rückführung aller Flüchtlinge und Migranten vor, die illegal aus der Türkei auf griechische Inseln übersetzen. Für jeden Syrer, der von den griechischen Inseln in die Türkei zurückgebracht wird, soll im Gegenzug einer legal und auf direktem Wege in die EU kommen können.
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