Forderung der FDP Twitter-Abschied von Datenschützer Brink könnte Nachspiel auf EU-Ebene haben

Der Landesdatenschützer hat seinen Twitter-Account aus datenschutzrechtlichen Bedenken gelöscht.
Berlin Die Entscheidung des baden-württembergischen Landesdatenschutzbeauftragten Stefan Brink, wegen rechtlicher Bedenken seinen Twitter-Account aufzugeben, könnte ein Nachspiel auf EU-Ebene haben. Brinks angekündigter Twitter-Abschied sei „eine schlechte Nachricht für alle, denen der Datenschutz am Herzen liegt“, sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, dem Handelsblatt. „Nun ist der richtige Zeitpunkt, um den Europäischen Datenschutzausschuss mit der Frage zu befassen, wie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur gemeinsamen Verantwortlichkeit sozialer Netzwerke und ihrer Nutzer in der ganzen EU einheitlich umgesetzt werden kann.“
Das Gremium, das aus Vertretern der nationalen Datenschutzbehörden und dem Europäischen Datenschutzbeauftragten besteht, sollte aus Kuhles Sicht „möglichst schnell eine gemeinsame Linie gegenüber sozialen Netzwerken wie Twitter festlegen, damit die nationalen Behörden, aber auch Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen mit ihren Fragen und Sorgen nicht allein gelassen werden“.
Brink hatte seinen für Ende Januar geplanten Twitter-Abschied damit begründet, dass der Kurznachrichtendienst im Hintergrund Nutzerdaten sammele. Er könne nicht Datenschutzbeauftragter beziehungsweise Aufsichtsbehörde sein und gleichzeitig Nutzer eines womöglich datenschutzrechtlich problematischen Netzwerks, erklärte Brink. Die Abstinenz von sozialen Netzwerken sei jedoch nicht nur für ihn als Datenschützer zwingend, „sondern für alle Behörden und auch Privatunternehmen, die soziale Medien nutzen“.
Hintergrund ist eine inzwischen vom Bundesverwaltungsgericht in deutsches Recht überführte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes von 2018 zu Facebook-Fanpages. Die Richter erklärten damals, dass Nutzer bei Datenschutzverstößen der Konzerne mitverantwortlich seien und ihnen der Betrieb ihrer Seiten untersagt werden könne.
Die Nutzer sind demnach mit ihrer Seite oder ihrem Account quasi ein Türöffner für die Datensammelei der Konzerne. Diese legen im Hintergrund etwa Profile der Nutzer an, die die Seiten besuchen, vernetzen Daten und sammeln diese zu Werbezwecken.
Grüne kritisieren Facebook
Auch wenn das Verfahren noch auf alter Rechtslage vor Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beruht, berührt es die neuen europäischen Datenschutzregeln. Der Datenschutzexperte Malte Engeler, Richter am Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein, glaubt denn auch, dass derzeit kein Twitter-Account DSGVO-konform betrieben werden kann.
„Die Rechtslage ist erdrückend offensichtlich, wenn nicht sogar eindeutig“, erklärte Engeler auf Twitter, wie der „Tagesspiegel“ kürzlich berichtete. Infolge des EuGH-Urteils sei eigentlich eine Vereinbarung über die gemeinsame Verarbeitung von Daten nach Artikel 26 DSGVO zwischen dem User und dem Plattformbetreiber zwingend. Dies sei jedoch nicht möglich, weil Netzwerke wie Twitter und Facebook die dafür nötigen Informationen nicht zur Verfügung stellten.
Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz kritisierte, dass bei Facebook und vielen anderen Unternehmen immer noch unklar sei, welche personenbeziehbaren Daten erhoben und zu welchen Zwecken gespeichert werden. „Mit der Intransparenz und dem Ignorieren klarer rechtlicher Vorgaben muss endlich Schluss sein“, sagte von Notz dem Handelsblatt. „Die sozialen Plattformen müssen sich ihrer großen gesellschaftlichen Verantwortung endlich stellen und ihr auch tatsächlich gerecht werden.“
Auch die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk bemängelte, dass Facebook bis heute nicht ausreichend nachgebessert und nicht einmal definiert habe, welche personenbezogenen Daten überhaupt verarbeitet würden. Anhörungsverfahren zu dem Thema mit Behörden und Unternehmen liefen seit 2018, sagte die Behördenchefin laut einem Bericht des „Tagesspiegels“. Da die Verfahren langwierig seien, seien sie für Twitter noch nicht eröffnet worden.
Der Grünen-Politiker von Notz warf der Bundesregierung in diesem Zusammenhang Untätigkeit vor. „Dass sich die Regierung bis heute zu diesen zentralen Fragen der digitalen Gesellschaft, die sie und ihre Öffentlichkeitsarbeit durchaus auch betreffen, nicht verhält, ist leider bezeichnend für den Stellenwert, den der Schutzes persönlicher Daten innerhalb der Großen Koalition genießt.“
Mehr: Wegen datenschutzrechtlicher Bedenken löscht Landesdatenschützer Stefan Brink seinen Twitter-Account. Lesen Sie hier, warum andere Behörden und Firmen folgen könnten.
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