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Fragwürdige Geschäftspraktiken Streit über Facebook-Verbot für Bundesbehörden

Der Bundesdatenschutzbeauftragte drängt nach den jüngsten Vorwürfen gegen Facebook darauf, dass Bundesbehörden ihre Fanpages abschalten. Die CDU lehnt das ab.
09.10.2021 Update: 10.10.2021 - 12:33 Uhr Kommentieren
Facebook soll angeblich bewusst polarisieren, um durch mehr Klicks mehr Werbeeinnahmen zu erreichen. Quelle: Reuters
Facebook-Nutzer

Facebook soll angeblich bewusst polarisieren, um durch mehr Klicks mehr Werbeeinnahmen zu erreichen.

(Foto: Reuters)

Berlin Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, hat nach den Enthüllungen zu den Geschäftspraktiken von Facebook die Bundesregierung und obersten Bundesbehörden aufgefordert, ihre Facebook-Fanseiten abzuschalten. „Die jüngsten Vorfälle zeigen, dass es neben dem Datenschutz offensichtlich noch einige andere Problemfelder gibt, die für ein zeitnahes Abschalten der Fanpages sprechen“, sagte Kelber dem Handelsblatt.

Eine ehemalige Facebook-Mitarbeiterin hatte im US-Kongress ausgesagt, dass Facebook bewusst polarisiere, um durch mehr Klicks mehr Werbeeinnahmen zu erreichen. Die Whistleblowerin hatte zuvor interne Dokumente des Konzerns an Behörden und Medien weitergereicht.

Mehrere Abgeordnete kündigten während der Anhörung rechtliche Schritte gegen Facebook an. Konzernchef Mark Zuckerberg wies die Kritik am Geschäftsmodell seiner Onlineplattform zurück.

Kelber sieht aktuell für die Bundesbehörden keine Möglichkeit, Facebook-Fanpages datenschutzkonform zu betreiben. „Nachdem alle Versuche, Facebook zu einer Anpassung seiner Services zu bewegen, gescheitert sind, haben wir den Bundesbehörden angekündigt, ab dem 1. Januar 2022 die Nutzung von Facebook-Fanpages durch sie zu prüfen und gegebenenfalls aufsichtsrechtliche Maßnahmen wie Anweisungen und Untersagungen zu ergreifen“, sagte er.

Der Vorstoß Kelbers stößt in der Politik auf ein geteiltes Echo. Aus der SPD kommt Unterstützung, aus der CDU eine klare Absage. „Was ist gewonnen, wenn nur die Seiten der Regierung bei Facebook verschwinden und alles andere einfach weiterläuft“, sagte der Beauftragte des Bundeswirtschaftsministeriums für die digitale Wirtschaft, Thomas Jarzombek, dem Handelsblatt.

SPD kritisiert Facebook

Es sei die Aufgabe der Datenschützer, europäisches Recht durchzusetzen. Der Vorstoß von Kelber zeige jedoch „auf erschreckende Weise Resignation, während gegen kleine und mittelständische Unternehmen mit voller Härte vorgegangen wird“. Er erwarte, dass die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) genauso auch gegen die Tech-Giganten durchgesetzt werde.

Der SPD-Digitalpolitiker Jens Zimmermann erklärte hingegen, dass Kelber bereits seit Monaten auf die Datenschutzproblematik hinweise. „Ich bin sehr verärgert, dass es offenbar vonseiten des Unternehmens kein Interesse an einer Lösung gibt“, sagte der Bundestagsabgeordnete dem Handelsblatt. Die Kommunikation über soziale Netzwerke sei gerade während der Corona-Pandemie ein „wichtiger Kanal in die Bevölkerung“ gewesen. „Gerade vor dem Hintergrund von Desinformation und Fake News sollte Facebook alles dafür tun, dass vertrauenswürdige Quellen seines Netzwerks erhalten bleiben.“

Kelber hatte bereits im Mai die Forderung nach einer Schließung der Facebook-Fanseiten in einem Rundschreiben an alle Bundesministerien und obersten Bundesbehörden erhoben. Danach hatte das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung mit Facebook über die Datenschutzbedenken der Behörde gesprochen.

Kelber stellte danach fest, Facebook habe leider auch dem Presseamt nur das öffentlich bekannte „Addendum“ von Oktober 2019 übersandt. Diese Vereinbarung sieht vor, dass sich Seitenbetreiber und Facebook die Verantwortung der Fanseite teilen. Alle relevanten Pflichten für den eingeforderten Datenschutz liegen demnach bei Facebook.

Bundesjustizministerin und EU-Kommissar für wirksame Regulierung

Kelber hält allerdings das „Addendum“ für unzureichend, um die Datenschutz-Bestimmungen zu erfüllen. „Dies zeigt aus meiner Sicht, dass Facebook zu keinen Änderungen an seiner Datenverarbeitung bereit ist“, erklärte Kelber damals in seinem Rundbrief. Die Ressorts und deren Geschäftsbereiche, die Fanpages betreiben, könnten ihrer Rechenschaftspflicht gemäß der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht nachkommen. Er empfehle daher allen Behörden, die eine Fanpage betrieben, diese bis Ende dieses Jahres abzuschalten.

Mit einem Abschalten der Facebook-Seiten könnte die Bundesregierung  erheblich an Reichweite verlieren. Die zentrale Seite der Bundesregierung hat auf Facebook knapp 890.000 Fans und über eine Million Abonnenten.

Facebook droht wegen der neuen Vorwürfe auch eine schärfere Regulierung in Europa. Appelle an Verantwortungsbewusstsein und Selbstregulierung reichten nicht aus, sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Profitinteressen würden im Zweifel über gesellschaftliche Verantwortung gestellt. Es sei deshalb wichtig, Facebook und Co. Zügel anzulegen und diese stramm anzuziehen, so Lambrecht.

Auch EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton sieht erheblichen Regulierungsbedarf. Derzeit beraten das Europaparlament und der Rat der 27 Mitgliedstaaten über entsprechende Gesetzentwürfe. Breton betonte, die Vorlagen dürften nicht verwässert werden.

Mehr: EU fühlt sich durch Facebook-Whistleblowerin bestätigt

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