Führungsstreit Laschet kündigt Rückzug vom Parteivorsitz an – CDU-Wirtschaftsflügel will Mitgliederentscheid

Der CDU-Chef machte deutlich, dass er den Prozess zur Wahl seines Nachfolgers organisieren will.
Berlin Als Konsequenz aus der historischen Wahlniederlage hat der CDU-Vorsitzende Armin Laschet seine Bereitschaft zum Rückzug angekündigt. „Die personelle Neuaufstellung der CDU vom Vorsitzenden über Präsidium bis zum Bundesvorstand werden wir ebenfalls zügig anpacken“, sagte er. Die CDU solle „mit neuen Persönlichkeiten einen Neuanfang machen, ob in der Regierung oder in der Opposition“.
Über die Neuaufstellung soll ein Sonderparteitag entscheiden. Ein Datum nannte Laschet nicht. Er machte deutlich, dass er den Prozess zur Wahl seines Nachfolgers organisieren will. Er wolle „einen Konsens aller, die in Betracht kommen“, sagte er. Den wolle er moderieren. Das Wort „Rücktritt“ vermied Laschet aber. Er sagte auch nicht, wie lange der Prozess dauern könnte.
Laschets Nachfolger an der CDU-Spitze wird der dritte Parteichef in drei Jahren. Man müsse den Prozess anders gestalten als bei den vorherigen zwei Entscheidungen, lautete Laschets Botschaft. Dazu sollen nicht nur die potenziellen Kandidaten eingebunden werden, sondern auch die verschiedenen Parteigliederungen.
„Armin Laschet macht heute den Weg frei für den Neuanfang der CDU“, schrieb Friedrich Merz auf Twitter. Er werde sich „nach Kräften daran beteiligen, einen einvernehmlichen Weg zu finden, der auch die Zustimmung unserer Mitglieder findet“. Der frühere Unionsfraktionschef gilt als ein Aspirant auf den Parteivorsitz. Auch dem Außenpolitiker Norbert Röttgen wird Interesse nachgesagt, genauso Gesundheitsminister Jens Spahn.
Laschet machte deutlich, dass die CDU trotz ihrer personellen Neuaufstellung weiterhin für mögliche Koalitionsverhandlungen zur Verfügung stehe. „Wir schlagen keine Tür zu“, sagte der CDU-Chef. Er bleibe Ansprechpartner und habe dafür die Rückendeckung von Partei und Fraktion. Zugleich erklärte Laschet, dass er bei einem möglichen Jamaika-Bündnis nicht mehr zwingend Kanzler werden wolle. „An der Person wird es nicht scheitern“, sagte er.
Nach der Entscheidung von FDP und Grünen, mit der SPD zu sondieren, war der Druck auf Laschet parteiintern gestiegen. Immer mehr Kritiker forderten von Laschet, einen geordneten Prozess für seine Nachfolge einzuleiten. Wie das Handelsblatt aus Parteikreisen erfuhr, will die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) dem Bundesvorstand der Partei in einer der nächsten Sitzungen vorschlagen, einen Mitgliederentscheid auf den Weg zu bringen. Zuvor war bereits von Montag die Rede.
Der Antrag solle erst eingebracht werden, wenn es keine Chance mehr auf Jamaika-Verhandlungen gebe. „Wir bringen den Antrag ein, wenn es soweit ist“, sagte der MIT-Vorsitzende Carsten Linnemann dem Handelsblatt. Er hatte bereits am Wahlabend erklärt: „Wir müssen wieder mehr Mitglieder- und Programmpartei werden. Wir werden auch kaum darum herumkommen, bei der nächsten Parteivorsitzendenwahl einen Mitgliederentscheid durchzuführen.“ MIT-Chef Linnemann ist auch stellvertretender Fraktionsvorsitzender von CDU und CSU und war auch schon als Kandidat um den Fraktionsvorsitz im Gespräch.
Angesichts der sinkenden Chancen, doch noch eine Koalition mit FDP und Grünen zu vereinbaren, wuchs die Ungeduld in der Partei, eine inhaltliche, strukturelle und personelle Erneuerung auf den Weg zu bringen.
So stellt sich der MIT die Mitgliederbefragung vor
Der Wunsch kommt auch aus den Landesverbänden. So hat etwa die MIT Hessen in einem Antrag vom 3. Oktober die Bundes-MIT aufgefordert, im CDU-Vorstand auf eine Mitgliederbefragung zu drängen. „Der Bundesvorstand der Mittelstands- und Wirtschaftsunion fordert den Bundesvorstand der CDU dazu auf, im Vorfeld der nächsten Wahl eines CDU-Bundesvorsitzenden eine Mitgliederbefragung nach § 6a der Satzung der CDU zu beschließen“, heißt darin. „In dieser sollen alle CDU-Mitglieder ein Votum für die zur Wahl stehenden Kandidaten abgeben können“, heißt es in dem Antrag, der dem Handelsblatt vorliegt.
Da die Befragung nicht rechtlich bindend sei, könnten sich die Kandidaten bereiterklären, „dass sie sich an das Votum der Mitglieder gebunden fühlen.“ Die unterlegenen Kandidaten würden dann nicht mehr beim Parteitag, wo die offizielle Wahl des Vorsitzenden durchgeführt werden muss, antreten. „Da eine Mitgliederbefragung rechtlich unverbindlich ist und es keine Formvorschriften gibt, wie sie durchgeführt werden muss, könnte sie auch online und damit schnell und kostengünstig durchgeführt werden.“
Damit auch wirklich alle CDU-Mitglieder die Möglichkeit haben, ihre Stimme abzugeben, könnten Mitglieder ohne eigenen Internetzugang zum Beispiel eine Woche Zeit bekommen, um in die CDU-Kreisgeschäftsstellen zugehen, um dort online abzustimmen“, hieß es weiter in dem Antrag.
Ein Mitgliederentscheid und viel Aufarbeitung
Ein Mitgliederentscheid gilt längst als wahrscheinlichste Form, um einen neuen CDU-Vorsitzenden zu bestimmen. Das Verfahren nimmt jedoch Zeit in Anspruch, sodass mit einem „Krönungsparteitag“ eher im Januar gerechnet wird.
Parallel dazu will die CDU das Wahldebakel aufarbeiten. So soll angesichts der schweren Niederlage in Ostdeutschland, wo die AfD vielfach stärker als die CDU abgeschnitten und etliche Direktmandate errungen hat, bereits im November eine Ostkonferenz stattfinden, alternativ ist von Dezember die Rede. Die Konferenz sollen die Landesvorsitzenden, deren Generalsekretäre und Fraktionsvorsitzenden gemeinsam mit der Bundesparteiführung auf einem „Ostgipfel“ vorbereiten.
Es geht dabei nicht nur darum, die Themen und Probleme der Ostdeutschen besser aufzugreifen. Auch muss die Partei versuchen, in der Fläche präsent zu bleiben. Ohne Direktmandate und den damit verbundenen Bürgerbüros wird dies schwieriger.
Darüber hinaus sollen Kommissionen mit externen Fachleuten und die Partei über Regionalkonferenzen die Fehler der Vergangenheit aufbereiten, wie Generalsekretär Paul Ziemiak am Dienstag bei einem Treffen mit den Kollegen der Landesverbände erklärt hatte. „Ein solches Wahlergebnis muss intensiv und mit der Basis aufgearbeitet und analysiert werden. Es geht um unsere Zukunft als Volkspartei“, erklärte er im Anschluss.
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Die CDU/CSU hat mit dem zumindest teilweise erklärten Willen ihrer Mitglieder und Wähler in fahrlässiger Art und Weise Raubbau betrieben und damit der Bundesrepublik einen irreparablen Schaden zugefügt. Es ist arrogant, vermessen und auch dumm, jetzt obendrein noch suggerieren zu wollen, sie sei eine Volkspartei.
A priori hätte Armin Laschet gut daran getan, die ihm angetragene Kanzlerkandidatur zurückzuweisen, denn gute Argumente dafür gab es genug. Besteht nicht der Verdacht, dass man ihn mit System in diese Rolle katapultiert hat, um aus dem Ergebnis persönlichen Honig zu saugen?
So hat er gutgläubig sogar hingenommen, dass er auf dem CSU-Parteitag mit rauschendem Beifall überhäuft wurde, der wohl nicht von Herzen und aus tiefster Überzeugung erwachsen sein kann, sondern wohl gezielt darauf ausgerichtet war, ihn noch weiter ins Abseits zu befördern.
Derweil besucht Angela Merkel aktuell und zum wiederholten Mal in Rom den Pabst in einer persönlichen Audienz, was zweifelsohne erträglicher ist, als sich um die Anliegen unseres Volkes in den östlichen Bundesländern zu kümmern, was sicherlich auch bis zum Ende ihrer Amtszeit dringlicher und anerkennenswerter gewesen wäre.
In ihrer Amtszeit hat sie kreative CDU-Mitglieder wiederholt und mit System auf das Abstellgleis geschoben, um den eigenen Machterhalt zu stabilisieren. Man muss sich angesichts der langen Liste von Versäumnissen also nicht wundern, wenn die Partei
ihre Führungspraxis zu imitieren versucht und selbst der SPD-Kanzlerkanditat dieses "Männchen machen" für erfolgversprechend gehalten hat.
Dipl.-Ing. Harald Rasche
Man stelle sich das bildlich vor, es käme hypothetisch zu Jamaika-Verhandlungen und Grüne + FDP säßen dann den Herren Laschet, Röttgen, Merz, Spahn und nicht zuletzt Söder in Verhandlungen gegenüber und könnten eigentlich fast würfeln wen sie damit anschließend zum Kanzler machen. Und das im wirtschaftlich mächtigsten Land Europa's.
Man gewinnt langsam den Eindruck manche politisch Verantwortliche haben in diesen Tagen das Denken ganz eingestellt.
Wer soll es denn machen, der auch allgemein anerkannt wird; Röttgen - Spahn - Merz - glaube ich nicht; für mich ist die Partei auf Jahre abgewirtschaftet!