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Gebäudesektor Trotz Rekordausgaben: Bundesregierung verfehlt Klimaschutzziel

Auch mit dem neuen „Sofortprogramm 2020“ wird die Klimaschutz-Lücke im Gebäudesektor nicht geschlossen. Das zuständige Wirtschaftsressort verlangt mehr Klarheit, will aber auch die Mittel weiter aufstocken.
16.08.2021 - 18:34 Uhr Kommentieren
Nie zuvor wurden mehr Bundesmittel für die energetische Gebäudesanierung in Anspruch genommen. Quelle: imago/photothek
Dämmung eines Dachstuhls

Nie zuvor wurden mehr Bundesmittel für die energetische Gebäudesanierung in Anspruch genommen.

(Foto: imago/photothek)

Die Rüge ist nicht mehr abzuwenden: Der von der Bundesregierung berufene Expertenrat für Klimafragen kommt in einer vorläufigen Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass die Wirkungen des vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegten Klimaschutzsofortprogramms für den Gebäudesektor „tendenziell überschätzt werden“.

Mit anderen Worten: Das Ministerium rechnet sich die Effekte seines Programms schön. Zuvor hatte bereits das Bundesumweltministerium kritisiert, das Sofortprogramm reiche als Reparaturmaßnahme nicht aus.

Das Sofortprogramm war erforderlich geworden, weil die Klimaschutzziele im Gebäudesektor im Jahr 2020 verfehlt wurden. Das 2019 verabschiedete Klimaschutzgesetz sieht in diesem Fall vor, dass die für die Erreichung der Ziele zuständigen Ministerien ein Sofortprogramm vorlegen müssen. Das Sofortprogramm soll bewirken, dass die Lücke geschlossen wird. Das Sofortprogramm wird vom Expertenrat geprüft.

Der Mechanismus ist neu. Er ist Bestandteil des Klimaschutzgesetzes und zeigt in diesem Jahr zum ersten Mal praktische Auswirkungen. Das Klimaschutzgesetz schreibt jahres- und sektorscharf bestimmte Reduktionsziele fest. Werden sie nicht erreicht, sind die zuständigen Ressorts in der Pflicht.

Verantwortlich für die Zielerreichung im Gebäudesektor sind die Ressorts Innen und Wirtschaft, die Mitte Juli das geforderte Sofortprogramm vorlegten, das mit 5,8 Milliarden Euro ausgestattet und bereits angelaufen ist.

Wirtschaftsministerium weist Kritik zurück

Trotz der absehbaren Rüge des Expertenrats, der sein endgültiges Votum voraussichtlich in der kommenden Woche veröffentlichen wird, gibt sich das Ressort von Minister Peter Altmaier (CDU) keineswegs reumütig. Vielmehr verweist das Ministerium darauf, es flössen mehr Mittel als je zuvor in die Gebäudesanierung: „Insgesamt hat es noch nie ein so großes und erfolgreiches Gebäudesanierungsprogramm gegeben wie das aktuelle Förderprogramm“, teilte das Ministerium am Montag mit.

Bei den allein im ersten Halbjahr bewilligten Mitteln in Höhe von 6,1 Milliarden Euro handelt es sich nach Angaben des Ministeriums um einen „noch nie da gewesenen Rekord“. Der Betrag setzt sich zusammen aus 2,7 Milliarden Euro, die das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) im ersten Halbjahr bewilligt hat, sowie 3,4 Milliarden Euro von der staatlichen Förderbank KfW.

Wenn die Mittel im zweiten Halbjahr ähnlich stark nachgefragt werden, beläuft sich der Mitteleinsatz auf zwölf Milliarden Euro. Die 5,8 Milliarden des Sofortprogramms sollen die Mittel weiter aufstocken.

Und da das nicht ausreichen wird, verweist man im Wirtschaftsministerium auf das „Klimaschutzsofortprogramm 2022“, das vom Bundeskabinett im Juni im Zusammenhang mit der Verschärfung des Klimaschutzgesetzes verabschiedet wurde. Mit dem Programm sollen in den kommenden Jahren zusätzliche acht Milliarden Euro für Klimaschutzmaßnahmen in verschiedene Sektoren fließen, davon 4,5 Milliarden in den Gebäudesektor.

Konstruktionsfehler des Klimaschutzgesetzes?

Die Debatte um die Zielerreichung offenbart nach Überzeugung des Wirtschaftsministeriums einen Konstruktionsfehler des Klimaschutzgesetzes. „Der aktuelle Prozess zum Sofortprogramm 2020 ist ein erster Anwendungsfall des Klimaschutzgesetzes. Damit ist jetzt der Zeitpunkt, Unklarheiten und methodische Schwächen des Klimaschutzgesetzes zu beheben“, heißt es in einem Papier des Wirtschaftsministeriums.

Im Klimaschutzgesetz sei nicht geregelt, „bis wann oder in welchem Zeitraum eine festgestellte CO2-Reduktionslücke abgebaut werden muss“. Es seien „gesetzliche Klarheit und Auslegungshinweise“ erforderlich. In dieser Hinsicht sei das Bundesumweltministerium gefragt.

Dabei müssten die Unterschiede zwischen den Sektoren berücksichtigt werden. „Während im Kraftwerksbereich ein Kohlekraftwerk in wenigen Wochen heruntergefahren werden kann, ist die Sanierung von bis zu einer Million Bestandsgebäuden für die Einsparung von zwei Millionen Tonnen CO2 ganz offensichtlich zeitaufwendiger“, schreiben die Fachleute des Ministeriums. Angefangen von der Planung über die Vergabe bis zur Realisierung einer Eigenheimsanierung vergingen meist mehrere Monate oder gar mehr als ein Jahr.

Außerdem greife der Blick auf das Sofortprogramm 2020 zu kurz. Es müssten auch die Wirkungen des Klimaschutzsofortprogramms 2022 einkalkuliert und berechnet werden.

Allerdings wirft die Debatte auch andere Fragen auf. So kritisieren etwa die Grünen, aber auch manche Fachleute, die Programme des Bundes setzten falsche Schwerpunkte. Sie wünschen sich, den Gebäudebestand konsequenter zu adressieren, weil sich dort mit vergleichsweise geringem Mitteleinsatz hohe CO2-Einspareffekte erzielen ließen. Sanierungspflichten im Gebäudebestand gelten allerdings als politisch heikles Thema.

Mehr: Was Mieter und Vermieter bei der Sanierung erwartet

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