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Gesetzesentwurf Verbraucher sollen bei kürzeren Handyverträgen künftig mehr bezahlen

Die Bundesregierung will auch in Zukunft lang laufende Verträge etwa mit Mobilfunkanbietern oder Zeitungsabos. Kürzere sollen künftig mehr kosten. Das sorgt für Unmut.
26.02.2021 - 04:30 Uhr Kommentieren
Handyverträge laufen oft zwei Jahre. Wer es versäumt zu kündigen, ist meist noch ein weiteres Jahr gebunden. Quelle: dpa
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Handyverträge laufen oft zwei Jahre. Wer es versäumt zu kündigen, ist meist noch ein weiteres Jahr gebunden.

(Foto: dpa)

Berlin Mit dem Gesetz, so der Plan der Bundesregierung, soll die Position der Verbraucher gegenüber der Wirtschaft gestärkt werden. „Wir machen Schluss mit unfairen Vertragslaufzeiten, und wir machen Schluss mit Überrumpelung am Telefon“, hatte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) im Dezember angekündigt. Bürgerinnen und Bürger müssten darauf vertrauen können, „dass sie nicht über den Tisch gezogen werden“.

Nachdem Lambrechts Ministerium lange mit dem Bundeswirtschaftsministerium über Details gerungen hat, steht der vom Kabinett gebilligte Gesetzentwurf „für faire Verbraucherverträge“ an diesem Freitag nun erstmals auf der Tagesordnung des Bundestags. Fairness ist indes ein dehnbarer Begriff. Bei näherem Hinsehen zeigt sich: Der Teufel bei den Gesetzesplänen steckt im Detail. So konnte sich die Ministerin zum Beispiel nicht damit durchsetzen, überlangen Vertragslaufzeiten einen Riegel vorzuschieben.

Das heißt: 24-Monats-Verträge etwa für Handys, mit einem Fitnessstudio oder bei Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements sollen weiterhin zulässig sein. Allerdings an die Bedingung geknüpft, dass dem Verbraucher gleichzeitig ein Vertrag über die gleiche Leistung mit einer Dauer von maximal einem Jahr angeboten wird. Der Haken dabei: Wer sich für die kürzere Laufzeit entscheidet, soll auch mehr bezahlen. Die kürzeren Verträge dürfen demnach bis zu 25 Prozent teurer sein.

Die Union sieht noch Änderungsbedarf, weil ihr der Entwurf zu bürokratisch ist. Das Justizministerium vertrete offenbar weiterhin die Meinung, dass Verbraucherverträge nur dann fair sein können, wenn sie kurz seien. „Diese Auffassung teile ich nicht“, sagte der CDU-Rechtspolitiker Jan-Marco Luczak dem Handelsblatt. „Längere Vertragslaufzeiten geben Unternehmen Planungs- und Investitionssicherheit, was die Preise drücken kann“, betonte Luczak. Außerdem könnten Verbraucher auch heute schon in aller Regel, etwa bei Mobilfunkverträgen, entsprechend ihren individuellen Bedürfnissen zwischen verschiedenen Vertragsmodellen und Vertragslaufzeiten frei wählen. „Hier braucht es keine gesetzlichen Vorgaben.“

Aktuell verlängert sich eine Laufzeit von zwei Jahren automatisch um jeweils ein weiteres Jahr, wenn nicht rechtzeitig gekündigt wird. Eine automatische Verlängerung soll nach den Gesetzesplänen allerdings nur noch dann möglich sein, wenn das Unternehmen den Kunden etwa per Brief, E-Mail oder SMS vorgewarnt hat. Geschieht dies nicht, soll eine automatische Verlängerung für höchstens drei Monate möglich sein. Die Kündigungsfrist darf nach den neuen Regeln nicht mehr als einen Monat betragen.

Verbraucherschützer warnen vor Zwei-Klassen-Gesellschaft

Die SPD-Fraktion pocht indes darauf, lange Vertragslaufzeiten generell zu unterbinden. „Bei einer maximalen Vertragslaufzeit von zwei Jahren sollte der Vertrag danach monatlich kündbar sein statt der automatischen Verlängerung um ein Jahr“, sagte der Rechtspolitiker Johannes Fechner dem Handelsblatt. Überlange Vertragslaufzeiten und zu lange automatische Verlängerungen von Verträgen verhinderten oft einen Wechsel zu besseren Angeboten. „Der Blick in andere Länder zeigt, dass dies gerade nicht zu höheren Preisen zum Beispiel auf dem Telekommunikationsmarkt führt“, so Fechner.

Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller bemängelt dagegen die im Gesetzentwurf angedachte Kostensteigerung bei kürzeren Verträgen. „Auf dem Gesetz steht ‚fair‘ – die Regelungen zu den Vertragslaufzeiten sind aber noch nicht fair und würden zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft bei den Verbrauchern führen“, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) dem Handelsblatt.

Faktisch gesehen würden nur die Verbraucher künftig einen Zwölf-Monats-Vertrag abschließen können, die über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügen. Die Verbraucher, die auf kurze Vertragslaufzeiten angewiesen seien, würden sich diese aber nicht leisten können. „Damit blieben Zweijahresverträge der Standard, und auch der für die Wirtschaft wichtige Wettbewerbsimpuls bleibt aus“, so Müller.

Mit den Kosten argumentiert auch der IT-Verband Bitkom. Ohne lange Laufzeiten würde vielen Verbrauchern „die sehr beliebte Finanzierungsmöglichkeit genommen, hochwertige Smartphones in Kombination mit Mobilfunkverträgen über Monatsraten abzubezahlen“, sagte Rebekka Weiß, Leiterin Vertrauen und Sicherheit beim Bitkom. Auch anfallende Einmalkosten wie Anschlussgebühren könnten über einen längeren Zeitraum gestreckt werden. „Kürzere Laufzeiten würden zwangsläufig zu teureren Monatsraten führen“, warnte Weiß.

Verschärfte Regeln bei unerwünschter Telefonwerbung

Kritisch sieht der CDU-Rechtsexperte Luczak außerdem, dass der Gesetzentwurf aus seiner Sicht den gesamten Onlinebereich vernachlässige. „Dabei sehen wir gerade hier Handlungsbedarf“, sagte er. Denn ein Vertrag im Internet sei schnell geschlossen, oftmals genüge dafür ein Klick. Den Vertrag wieder zu kündigen sei dagegen oftmals wesentlich schwerer. „Auch hier wollen wir endlich vorankommen und eine unkomplizierte Kündigungsmöglichkeit in Form eines Kündigungsbuttons schaffen.“

Das will auch Verbraucherschützer Müller. „Der blinde Fleck des Entwurfs sind die vielfach verbraucherunfreundlichen Kündigungsprozesse“, sagte er. Während Vertragsabschlüsse mit einem Klick möglich seien, sei die Kündigung oftmals deutlich aufwendiger. „Ein Kündigungsbutton und eine automatische Bestätigung des Kündigungseingangs wäre eine einfache und gute Lösung“, betonte der VZBV-Chef. „Die Politik muss komplizierte, undurchsichtige und unsichere Kündigungsprozesse endlich aus dem Weg räumen.“

Änderungen sieht der Gesetzentwurf des Justizministeriums auch bei Strom- und Gasverträgen vor. Ziel ist es, Verbraucher besser vor telefonisch aufgedrängten oder untergeschobenen Energielieferverträgen zu schützen. Solche Verträge sollen künftig nicht mehr am Telefon geschlossen werden können. Nur schriftliche Verträge sind wirksam.

Verschärft werden sollen mit dem Gesetz zudem die Regeln zur unerwünschten Telefonwerbung. Künftig sollen nun Unternehmen die Einwilligung in Telefonwerbung dokumentieren müssen, ansonsten drohe ihnen ein „saftiges Bußgeld“, betont Justizministerin Lambrecht. „Das ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen unzulässige Telefonwerbung.“

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