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Gesundheitspolitik Industrieverband drängt auf Datenspende – Hindernis Datenschutz-Grundverordnung

Der BDI fordert, dass Patienten ihre Daten der Forschung zur Verfügung stellen dürfen. Der Verband dringt auf rasches Handeln der Bundesregierung.
23.12.2019 - 18:25 Uhr Kommentieren
Nach acht Jahren will die PKV wieder Gesellschafter der Gematik werden. Quelle: The Image Bank/Getty Images
Digitales Gesundheitswesen

Nach acht Jahren will die PKV wieder Gesellschafter der Gematik werden.

(Foto: The Image Bank/Getty Images)

Düsseldorf Während in Deutschland die Spende von Blut oder Organen gesetzlich geregelt ist, gibt es für Patienten bisher keine Möglichkeit, ihre Gesundheitsdaten zu spenden. Das müsse schleunigst geändert werden, fordert Iris Plöger, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

„Die Datenspende muss ein Bestandteil des zweiten Digitale-Versorgung-Gesetzes sein, welches das Bundesgesundheitsministerium Anfang 2020 vorlegen will. Ähnlich der Blut- oder Organspende ließen sich durch eine Datenspende eine Vielzahl von Menschenleben retten“, sagte sie dem Handelsblatt.

Mit der Möglichkeit der Spende könnten Patienten freiwillig und unentgeltlich ihre Daten der Forschung zur Verfügung stellen, damit anhand eines Datenpools neue Medikamente entwickelt oder Künstliche Intelligenzen (KI) trainiert werden könnten.

Die Datenspende entstammt samt einer Reihe anderer Forderungen dem 110-seitigen Papier „Digital Patient Journey Oncology“ des BDI, das dem Handelsblatt exklusiv vorliegt. Darin hat der BDI die Potenziale der Digitalisierung beispielhaft anhand von Szenarien in der Krebsvorsorge und -therapie ermittelt.

Plöger schlägt vor, dass Patienten Informationen aus ihrer elektronischen Patientenakte zur Verfügung stellen könnten, in der ab 2021 alle gesetzlich Krankenversicherten (GKV) ihre Gesundheitsdaten digital sammeln können. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) befürwortet ebenfalls eine Regelung zur Datenspende. Ein dafür notwendiges Gesetzespaket hat er trotz Ankündigung bisher nicht vorgelegt.

Der Datenspende steht zurzeit die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Weg, die die Verwendung personenbezogener Daten grundsätzlich verbietet. Für forschende Institutionen gibt es zwar Ausnahmen, allerdings nur, wenn der Patient umfassend über die Dauer der Verwendung seiner Daten, den Verwendungszweck und die verantwortlichen Forscher informiert wird.

Der Aufbau eines Datenpools sei so nicht möglich, kritisiert der BDI: „Zudem müssen die Daten nach Erlöschen des Verwendungszwecks vernichtet werden, was bei der Nutzung in KI-Modellen technisch nahezu unmöglich ist.“

Hohe Bereitschaft bei GKV-Versicherten

In der DSGVO ist darüber hinaus ein Widerrufsrecht formuliert, der Patient kann die Erlaubnis zur Nutzung seiner Daten im Nachhinein zurücknehmen. Das sei laut BDI bei KI-Anwendungen komplex und fast unmöglich, weil die Daten zur Entwicklung von Algorithmen verwendet und in weiten Teilen transformiert würden. So bestünde für Forscher die Gefahr, das sie ihre gesamten Arbeitsergebnisse verwerfen müssen, wenn sie mit DSGVO-erhobenen Daten arbeiten würden.

Im zweiten Digitale-Versorgung-Gesetz müssten deshalb Regelungen ergänzt werden, die den Versicherten „das Recht und die technischen Möglichkeiten [einräumen], ihre Behandlungsdaten auf einer anonymisierten Zugriffsebene zur Verfügung zu stellen.“

73 Prozent der GKV-Versicherten seien bereit, ihre Gesundheitsdaten für Forschungszwecke zu spenden, hat eine Forsa-Umfrage ergeben. Drei Viertel würden dies ohne Festlegung auf ein bestimmtes Vorhaben tun wollen. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), das höchste Gremium der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen, spricht sich gar für eine verpflichtende Datenspende aus.

Hecken sieht vor allem bei der Versorgungsforschung große Lücken durch einen Mangel an Daten. Deshalb müsse darüber nachgedacht werden, in bestimmten Bereichen Patienten zu verpflichten, ihre Daten zur Verfügung zu stellen: „Solidarität kann keine Einbahnstraße sein.“

Behandlungsdaten wertvoll

Die Projektgruppe „KI und Gesundheit“ der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags fordert in einem Bericht die Bundesregierung ebenfalls auf, die Datenspende 2020 in eine KI-Strategie einzubringen. Dafür empfiehlt die Projektgruppe eine freiwillige und widerrufbare Datenfreigabe zu ermöglichen. Die Datenethikkommission der Bundesregierung gibt allerdings zu bedenken, dass der Schutz sensibler Patientendaten „besonders zu gewichten“ sei.

Im ersten Digitale-Versorgung-Gesetz, das vor wenigen Wochen verabschiedet worden war, hatte Gesundheitsminister Spahn verankert, dass aktuelle Daten der gesetzlichen Krankenversicherung anonymisiert der Forschung zur Verfügung gestellt werden – ohne Einwilligung der Patienten. Die GKV-Abrechnungsdaten versprechen für die Forschung allerdings einen geringeren Nutzen als Diagnose- und Behandlungsdaten, die bei einer Datenspende berührt würden.

Mehr: Datenschutz ist besonders im Gesundheitswesen ein hohes Gut. Aber er darf kein Argument dafür sein, Fortschritt bei der Digitalisierung bewusst zu verzögern, meint unser Autor Julian Olk.

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