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Gesundheitspolitik Um Pleite abzuwenden: Bund will Pflegekassen mit Milliardenspritze stützen

Kurz nach der Wahl sollen die Pflegekassen eine Milliarde Euro erhalten, um die Pandemieausgaben zu schultern. Fraglich ist, ob das Geld reicht.
24.09.2021 Update: 24.09.2021 - 15:48 Uhr Kommentieren
Die Pflegeversicherung musste in der Pandemie mehr Geld aufwenden. Quelle: Reuters
Gesundheitsminister Jens Spahn

Die Pflegeversicherung musste in der Pandemie mehr Geld aufwenden.

(Foto: Reuters)

Berlin Welch große Baustelle Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger überlässt, zeigt sich schon wenige Tage nach der Bundestagswahl. Am 5. Oktober soll die Pflegeversicherung einen Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro erhalten, um eine Insolvenz der Pflegekassen abzuwenden.

Das geht aus einem Verordnungsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums hervor, der dem Handelsblatt vorliegt. Die „unvorhergesehenen pandemiebedingten Mehraufwendungen“ könnten nicht vollständig im Rahmen des geltenden Beitragssatzes bis Ende dieses Jahres finanziert werden, heißt es in der Begründung.

„Zur Liquiditätssicherung der Pflegekassen ist daher die Gewährung von Bundesmitteln an die soziale Pflegeversicherung notwendig.“ Mit anderen Worten: Ohne den Steuerzuschuss droht den Pflegekassen die Zahlungsunfähigkeit.

In einem anderen Schreiben, das ebenfalls dem Handelsblatt vorliegt, bittet das Finanzministerium den Haushaltsausschuss um Einwilligung in die Freigabe der Haushaltsmittel bis zum Stichtag im Oktober.

Fraglich allerdings ist, ob das Geld überhaupt ausreicht. In einem internen Schreiben des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) an Spahn geht der Verband von deutlich höheren Mehrausgaben der Pflegekassen durch die Pandemie aus. Diese könnten bis zu fünf Milliarden Euro betragen – je nach Verlauf der vierten Welle.

Pflegeversicherung am Steuertropf

„Damit die Pflegekassen zum Jahresende tatsächlich ihr Betriebsmittel- und Rücklagensoll erreichen können, wird nach aktuellen Modellberechnungen des GKV-Spitzenverbandes ein Bundeszuschuss in Höhe von rund fünf Milliarden Euro benötigt“, heißt es in dem Schreiben.

Es bestehe die erhebliche Gefahr, „dass es bei einzelnen Pflegekassen im November zu Liquiditätsproblemen kommen wird“. In diesem Monat sei die Belastung der Kassen mit einem Defizit von 2,1 Milliarden Euro am größten, das erst im Dezember durch höhere Beitragseinnahmen auf die 1,6 Milliarden minus wieder aufgefüllt werde.

Anders gesagt: Die von Spahn zugesagte eine Milliarde Euro ist nach Ansicht der GKV-SV zu wenig, um die Pflegekassen über Wasser zu halten. Damit steigt nicht nur die Abhängigkeit der gesetzlichen Krankenkassen von Steuerzuschüssen, die stetig gestiegen sind und in diesem Jahr bei bereits 21,5 Milliarden Euro liegen. Auch die Pflegekassen geraten zunehmend in Abhängigkeit vom Staatshaushalt, die überhaupt erst seit 2020 einen Steuerzuschuss erhalten.

Im Sommer vergangenen Jahres sagte Spahn den Pflegekassen zum ersten Mal eine 1,8-Milliarden-Euro-schwere Finanzspritze aus dem Bundeshaushalt zu, um höhere Beiträge an die Pflegeversicherung abzuwenden.

Unterschiedliche Konzepte

Die Bundesregierung hätte sonst ihre Garantie nicht halten können, dass die Sozialbeiträge nicht über die 40-Prozent-Marke steigen. Die in diesem Jahr beschlossene Pflegereform beinhaltet zudem einen regelmäßigen Steuerzuschuss von einer Milliarde Euro ab dem kommenden Jahr. Zudem sollen die Beitragssätze für Kinderlose angehoben werden.

Die pflegepolitische Sprecherin der Grünen, Kordula Schulz-Asche, sagte dem Handelsblatt: „Die Pflegeversicherung ist in der Krise.“ Die Partei fordert gar einen Steuerzuschuss von drei Milliarden Euro und eine Bürger-Pflegeversicherung, in die auch Besserverdienende einzahlen. „Die Pflegeversicherung muss dringend und umfassend reformiert werden, damit sie fit für die Zukunft ist“, sagt sie.

Die FDP wiederum will „die private Vorsorge in der Pflege stärken und staatlich fördern“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Michael Theurer. „Daneben wollen wir mit einem Digitalisierungsschub und Bürokratieabbau den mittelfristigen Kostenanstieg deutlich lindern.“

Kurz vor der Wahl zeigt sich: Die dramatische Finanzlage wird eine der wichtigsten Aufgaben von Spahns Nachfolgerin oder Nachfolger sein, wenn das Problem nicht immer weiter durch steigende Steuerzuschüsse in die Zukunft verschoben werden soll.

Mehr: Was nach der Wahl auf das Gesundheitssystem zukommt

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