Gigafactory in Brandenburg CDU-Wirtschaftspolitiker will für Tesla Naturschutz lockern

Der Fall Tesla zeige, „dass das Genehmigungs- und Planungsprozedere in Deutschland völlig überbürokratisiert, zu langwierig und zu schwerfällig ist“, sagte der CDU-Politiker.
Berlin Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), will verhindern, dass überzogene Umweltschutzauflagen die geplante Ansiedlung des US-Elektroautobauers Tesla in Grünheide bei Berlin gefährden.
„Dieser Fall zeigt wieder ganz klar, dass das Genehmigungs- und Planungsprozedere in Deutschland völlig überbürokratisiert, zu langwierig und zu schwerfällig ist“, sagte Pfeiffer dem Handelsblatt. Es gelte daher, nicht nur Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und Rechtswege zu verkürzen, sondern auch Investitionsvorhaben abzuwägen.
„So ist beispielsweise bei Investitionen, die einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten, wie die Elektromobilität, eine differenzierte Bewertung der Ausgleichsflächen, die dem Natur- und Artenschutz dienen, vorzunehmen“, verlangte Pfeiffer. Als Vorbild könne dafür der Vorschlag der Union zum Ausbau der Windenergie dienen. „Darin schlagen wir vor, das Bundesnaturschutzgesetz so weiterzuentwickeln, dass Maßnahmen zum Klimaschutz von den Ausgleichspflichten vollständig ausgenommen werden.“
In der geplanten Tesla-Fabrik im Kreis Oder-Spree sollen ab Juli 2021 bis zu 500.000 E-Autos pro Jahr vom Band rollen. Das umweltrechtliche Genehmigungsverfahren läuft derzeit, Wald auf dem Gelände muss noch gerodet werden. Offene Fragen gibt es auch bei der Wasserversorgung.
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) betonte, beim Thema Umweltschutz liege der Ball bei Tesla. „Die Antragsunterlagen für die Genehmigung müssen überzeugend darlegen, dass alle materiell-rechtlichen Umweltanforderungen eingehalten werden und ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt sichergestellt ist“, sagte Steinbach im Interview mit dem Handelsblatt. „Andernfalls ist das Projekt nicht genehmigungsfähig.“
Zeit für die Waldrodung drängt
Auch mit Blick auf den Baubeginn sieht Steinbach noch Risiken. „Bis Mitte März muss die Rodung des Waldes spätestens erledigt sein. Sonst würde sich das Projekt um voraussichtlich ein Dreivierteljahr verzögern“, sagte der SPD-Politiker. „Das wäre dann eine Situation, in der ich deutlich skeptischer wäre, ob wir Tesla noch bei der Stange halten können.“
Die Waldrodung ist zum Schutz von Vögeln, Tieren und Vegetation nur bis Ende Februar zugelassen, danach ist noch eine Verlängerung bis Mitte März möglich. Bis zur Rodung muss laut Steinbach noch die Beseitigung von Kampfmitteln und die Entsorgung von Müll abgeschlossen sein. Entsprechend zurückhaltend gibt sich der Minister. „So sehr ich mich über die grundsätzliche Standortentscheidung gefreut habe, wirklich freue ich mich erst in dem Augenblick, wenn der erste von Tesla beauftragte Arbeiter tatsächlich einen Spaten in die Erde sticht, um eine Baugrube auszuheben.“
Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, warnte vor einem Scheitern des Projekts. „Nach dem Imageschaden für unser Land durch die jahrelangen Verzögerungen beim Berliner Großflughafen muss die Hauptstadtregion hier liefern“, sagte Steiger dem Handelsblatt.
Auch die FDP schickte eine Warnung nach Brandenburg. „Sollten sich die Pläne von Herrn Musk, seine erste europäische Gigafactory nächstes Jahr zu eröffnen, wegen der Umweltschutzauflagen für ein seit 20 Jahren als Gewerbefläche ausgeschriebenes Gebiet zerschlagen, wäre das ein fatales Signal“, sagte der Bundestagsfraktionsvize Michael Theurer dem Handelsblatt. Die Wirkung wäre bei weitem nicht auf Brandenburg begrenzt.
Die Grünen halten die Aufregung für unbegründet. „Umweltschutzauflagen müssen erfüllt werden, das gilt für jedes Projekt dieser Größe“, sagte der industriepolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Dieter Janecek, dem Handelsblatt. Manche Einwände, die in den letzten Wochen kommuniziert worden seien, wirkten zudem etwas konstruiert. „Wir reden hier ja nicht über ein Waldidyll, sondern um ein Industriegebiet neben der Autobahn, auf dem eine Kiefer-Monokultur steht“, betonte Janecek.
Bedenken der Anwohner
Bei Bürgern in Grünheide und Umgebung gibt es Bedenken wegen der Rodung von Wald und wegen des Trinkwassers, das Tesla in der Fabrik benötigt. Tesla-Chef Elon Musk hatte vor kurzem getwittert, die Fabrik werde unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit und der Umwelt entwickelt.
Für die Region ist die geplante Tesla-Fabrik von großer Bedeutung. Das Projekt sei schon in der ersten Ausbaustufe die größte industrielle Ansiedlung seit der Wende für Brandenburg und ein „enormer Beschäftigungsmotor“, sagte Landeswirtschaftsminister Steinbach. Er geht davon aus, dass Facharbeiter zunächst aus Brandenburg kämen. Darüber hinaus werde ein Teil derer, die wegen des Strukturwandels in der Autoindustrie ihren Arbeitsplatz etwa in Süddeutschland verlieren, nach Brandenburg ziehen. „Ein weiterer Teil wird vielleicht aus Polen kommen.“
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