Handelsblatt GovTech-Gipfel Rente mit 68: Laschet und Habeck lehnen höheres Rentenalter ab

Der Co-Chef der Grünen warnt vor einer polemischen Debatte um das Rentenalter.
Berlin Manchmal bedarf es des sprichwörtlichen Tropfens, der das Fass zum Überlaufen bringt. Das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Wirtschaftsministerium, das „schockartig steigende Finanzierungsprobleme in der gesetzlichen Rentenversicherung ab 2025“ heraufbeschwor, war so ein Tropfen.
Seither wird hitzig über die Zukunftsfestigkeit der Rentenfinanzen diskutiert – und das Renteneintrittsalter. Der Beirat empfiehlt, es an die steigende Lebenserwartung anzupassen, sodass etwa im Jahr 2042 die Rente mit 68 erreicht wäre.
Kein populäres Thema für Wahlkämpfer. Die Rente mit 68 sei „ein Vorschlag eines wissenschaftlichen Gremiums“, sagte CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Armin Laschet auf dem GovTech-Gipfel des Handelsblatts. „Ich sehe nicht, dass das jetzt umgesetzt wird.“
Natürlich werde man irgendwann möglicherweise auch über eine Veränderung der Lebensarbeitszeit nachdenken müssen. Aber jetzt gehe es zunächst darum, die Rente mit 67 umzusetzen, die 2031 erreicht wird.
Auch Grünen-Chef Robert Habeck warnte bei der Handelsblatt-Veranstaltung vor einer „polemischen Debatte“ über ein höheres Rentenalter. „Es ist kein Tabu für mich, darüber zu reden, aber im Wahlkampf rate ich davon ab.“ Der Fokus auf die Rente mit 68 verstelle den Blick auf andere Lösungen.
Einfangen lässt sich die Debatte aber nicht so schnell wieder. Das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) bringt in einem neuen Kurzbericht gar die Rente mit 70 ins Spiel, um den Beitragssatzanstieg zu bremsen und das Sicherungsniveau zu stabilisieren. Nach geltendem Recht würde in der IW-Simulation der Rentenbeitrag bis 2060 auf 23,6 Prozent steigen und das Rentenniveau auf 44,4 Prozent sinken.
Wird dagegen die erwartete Steigerung der Lebenserwartung im Verhältnis 2:1 auf das Erwerbsleben und die Rentenphase aufgeteilt, wäre ab dem Jahr 2052 die Rente mit 70 erreicht. Der Beitragssatz stiege dann bis 2040 auf 21,4 Prozent und bliebe danach bis 2060 annähernd konstant bei 21,3 Prozent. Das Rentenniveau läge 2060 dann noch bei 45,6 Prozent.
Damit könnten die bis 2030 definierten Haltelinien von maximal 22 Prozent Beitragssatz und mindestens 43 Prozent Sicherungsniveau „dauerhaft unterschritten beziehungsweise übertroffen werden“, schreibt IW-Forscher Jochen Pimpertz.
Olaf Scholz sprich von „Horrorszenarien“
Grüne und SPD werben im Wahlkampf mit einer dauerhaften Stabilisierung des Rentenniveaus bei mindestens 48 Prozent. Finanziert werden soll das dadurch, möglichst viele Menschen in Beschäftigung zu bringen und die Einnahmebasis der Rentenversicherung durch die Einbeziehung aller Erwerbstätigen zu verbreitern.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte den Beratern von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auch vorgeworfen, „Horrorszenarien“ an die Wand zu malen, „mit denen Rentenkürzungen begründet werden sollen, für die es keinen Anlass gibt“. Auch Altmaier hatte sich die Vorschläge seines Beratergremiums nicht zu eigen gemacht.
„Die Minister Altmaier und Scholz machen sich grober Wirklichkeitsverweigerung schuldig, wenn sie den Verschleiß des Rentensystems nicht endlich angehen“, kritisiert Sarna Röser, Bundesvorsitzende des Wirtschaftsverbands Die Jungen Unternehmer. Wer nichts tue, nehme in Kauf, dass die junge Generation immer weiter und stärker belastet werde. Dabei habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Klimaurteil gerade erst mehr Generationengerechtigkeit angemahnt.
Altmaiers Beirat hatte errechnet, dass ohne Änderung des Eintrittsalters 2060 deutlich mehr als die Hälfte des Bundeshaushalts als Zuschuss in die Rentenkasse fließen müsste, um einen Beitrag von maximal 20 Prozent und ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent finanzieren zu können.
In ihrem „Wahlprogramm“ mit Forderungen an die Parteien machen sich die Jungen Unternehmer dafür stark, das Geld lieber für dringende Zukunftsaufgaben aufzuwenden, statt den „Nanny-Staat“ zu verfestigen.
Mehr: Bei der Rente ist gar nicht mehr viel sicher: Welche Pläne die Parteien haben
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Klar, das Rentenalter nicht zu erhöhen, bringt Wählerstimmen. Aber die Menschen werden älter und müssen länger wohnen und essen und das ganze am besten auch angenehm. Woher soll das kommen, wenn die Menschen nicht länger arbeiten?