Hans-Werner Sinn „Wir sitzen so oder so in der Falle“

Hans-Werner Sinn sieht Deutschland in einer schlechten Situation.
Berlin Der Präsident des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, Hans-Werner Sinn, sieht Deutschland in der Europäischen Zentralbank (EZB) zunehmend an den Rand gedrängt. „All die schönen Sprüche, dass die EZB nach dem Modell der Bundesbank funktionieren würde und Deutschland als größtes Land eine Sonderrolle behalte, erweisen sich als Schall und Rauch,“ sagte Sinn dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“.
Dass mittlerweile weder der Präsidentenposten noch die Aufgabe des Chefvolkswirts von Deutschen besetzt seien, verdeutliche diese Entwicklung.
Vergangene Woche wurden die Spitzenposten in der Notenbank neu verteilt. Chefvolkswirt wurde der Belgier Peter Praet. Der deutsche Favorit für den Posten, Jörg Asmussen, bekam stattdessen den Bereich „Internationale und europäische Beziehungen“ zugewiesen. „Personell ist das durchaus vertretbar“, gesteht Sinn ein.
Trotzdem sieht er die Zukunft kritisch. Der neue EZB-Präsident Mario Draghi werde zwar nicht unbedingt einknicken im Streit um höhere Staatsanleihen-Käufe durch die EZB. Stattdessen werde er „vermutlich den Druck auf die Staatengemeinschaft erhöhen, die Staatspapiere über den Luxemburger Rettungsfonds ESM zu kaufen“. „Das ist zwar weniger schlimm, als wenn die EZB kauft, aber schlimm genug, weil Deutschland auch damit zu einem Gläubiger der Südländer wird. Wir sitzen so oder so in der Falle“, sagte Sinn.
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Ja, wir sitzen in der Falle. Diese aktuelle Krise ist keine Konjunkturzykluskrise, sondern das Ergebnis des Aushebelns des Grundkonsenses einer funktionierenden Marktwirtschaft. Der entscheidende Konsens für das Funktionieren ist der freie Wille der Marktteilnehmer. Bisher betrachteten wir lediglich Monopol- und Oligopolstrukturen als Bedrohung und haben diese mehr oder minder erfolgreich bekämpft. Nun müssen wir aber feststellen, dass Staaten, die eigentlich für Interessenausgleich sorgen müssten, diese Aufgabe nicht mehr erfüllen können, weil sie im Zuge der Globalisierung selbst zu Marktteilnehmern geworden sind. Während der Staat unter den klassischen Marktteilnehmer als Ordnungskraft zur Durchsetzung von Fairness taugte, fehlt eine Ordnungskraft, die das Marktverhalten der Staaten ordnet und für Fairness sorgt. Gegenwärtig sehen wir die fatalen Folgen: Die Politik trennt die Chancen von Risiko und Haftung. Statt für Fairness zu sorgen, zwingt sie die Bevölkerung in den Schuldenturm. Dabei beruft sie sich auf Alternativlosigkeit, ohne offen zu legen, dass die Entscheidungsalternativen seit Jahren verspielt worden sind. Während die USA Schuldverhältnisse stets konsequent als Beziehung zwischen Gläubigern und Schuldner behandelte, haben insbesondere die europäischen Regierungen ihre Bevölkerungen zu universellen Generalschuldnern gemacht. Ein Mandat der Wähler besitzen sie dafür nicht. Dies ist eine Perversion der Marktwirtschaft, die m.E. den Euro mehr gefährdet als die Rückkehr imperialen Denkens. ESM, Fiskalunion dgl. werden trotz immenser Kosten und Risiken nichts bewirken, solange die Schuldverhältnisse solidarisiert werden und die Enteignung der Bevölkerung als probates Mittel der Marktwirtschaft betrachtet wird. Letztlich wird den Konsumenten das Geld entzogen, das den Güterkreislauf auf bisherigem Niveau erhält. Das könnte uns oder die schuldenüberfrachteten Folgegenerationen in die Depression treiben.
Obwohl es mich anwidert, man kann nur noch an Verschwörungstheorien glauben. Mit dem normalen Verstand, unter der Prämisse die Deutschen hätten eine Vertetung, glaubt man nur in der Zentrale der Irrenstal Europas zu leben.
Geld ist eine Schuldverschreibung, d.h. von Anfang an, konnte es nur auf diese Entwicklung hinauslaufen. Am Ende wird der Euro nur Verlierer produzieren,darunter auch die deutsche Industrie. Wenn der letzte Gläubiger nicht mehr kann, wird die ganze Europa-Romantik auseinanderfallen.
Europa ist ein Vielvölkerkonklomerat - ein gemeinsames europäisches Bewußtsein unter den Völkern gibt es nicht.
Der einzig funktionierende Weg wäre der ECU gewesen, über den man die großen europäischen Warenströme hätte abwickeln können und dessen Kurs aus einer Gewichtung der nationalen Währungen der EU-Staaten hätte festlegt werden können. Die Bürger hätten ihre nationalen Währungen behalten und wären dadurch aus der direkten Haftung gewesen - aber das war politisch nicht gewollt ...
@anonymus_007:
"Die Überschuldung der Länder hat doch nichts mit dem Euro zu tun! Siehe Ungarn, USA, Japan...
Der Fehler lag einzig darin, Staaten mit geringer Bonität Kredite zu viel zu niedrigen Zinsen zu geben."
Das war doch eines der expliziten Ziele des Euros, nämlich die Zinskosten für alle Euro-Staaten auf das deutsche Niveau zu senken. Also hat das sehr wohl etwas mit dem Euro zu tun, oder?
Das hat bis 2008 super funktioniert, da alle Kreditgeber von einer impliziten Bail-Out Garantie aller Eurostaaten ausgingen. Erst mit der Finanzkrise haben sich die Zinsspreads wieder aufgeweitet.
Deswegen brauchen die Schuldenmeister jetzt Eurobonds, damit die Zinsspreads wieder angeglichen werden und die Schuldenparty weitergehen kann.
Wobei ich persönlich glaube, das für die Eurobonds am Ende gar niemand gerade stehen wird.
@Steuerschaetzer
Ich wäre mit "falsch" vorsichtig. Ihre Argumentation beruht nämlich schlicht auf Unwissen. Der Export in den asiatischen Raum beträgt gerade mal 15%, der in die Eurozone ca. 50% und in die Europäische Union etwa 70%. Und was Sie mit Weltmarkt meinen ändert nichts. Dass andere unsere Überproduktion abgenommen haben ist Fakt. Müssen tun sie gar nichts. Wenn Deutschland mehr Güter und Dienstleistungen produziert als es selber in Form von Konsum oder Investitionen nutzt, dann lebt es eben unter seinen Verhältnissen. Die Frage ist, wie lange das gut gehen kann. Zu beachten ist auch, dass es sich nicht immer um Waren handelt. Das sind oft um Beteiligungen
eines inländischen Unternehmens an einem ausländischen handelt. Die Verkäufer der Gesellschaftsanteile im Ausland verwenden die Verkaufserlöse zum Kauf von Immobilien, deren Preise daraufhin steigen, oder zur Rückzahlung von Schulden. Tatsache ist, und das hat man inzwischen eingehend analysiert, dass bei der Entstehung der meisten Leistungsbilanzdefizite die Initiative meist von Wirtschaftssubjekten der Überschussländer ausgeht
(Unternehmen, Banken, Individuen); zumal, Regierungen der Defizitländer können dies kaum verhindern. Deutschland ist nicht allein an der Finanzkrise schuld, aber an der Verschuldung der Peripherieländer. Das ist insoweit keine Pseudo-Analyse, sondern anhand der Fakten nachzuweisen.
Dr.NorbertLeineweber an puk:
Völlig falsch, meine Antwort ist verrutscht.
Sie haben die Zusammenhänge nicht verstanden. Die Exporte in die EU sind für Deutschland als Volkswirtschaft ein Verlustgeschäft, denn es bekommt dafür keine fungiblen Gegenwerte, sondern nur Target2-Forderung gegen die EZB, die aber nicht fällig gestellt werden können. D.h. die PIGS-Staaten kaufen hier gratis ein.
"Deutschland als größtes Land eine Sonderrolle behalte"
Deutschland 357.111 km²,
Frankreich (ohne Überseedépartements)555.706 km² -
Wo ist der Mann zur Schule gegangen?
Auch das die Größe eine Rolle spielt ist mir neu.
Dem nach sollten große Menschen 2 Stimmzettel bei den Wahlen bekommen. Oder wie?
Dr.Norbertleineweber:
Ihren Ausführungen ist schlichtweg nur eines zu entnehmen: Sie haben noch nie eine einzige Vorlesungsstunde in VWL genossen. Der Unsinn der von Ihnen propagiert wird reicht, um ein halbes Semester beim Examen durchfallen zu lassen. Natürlich hat keiner den besseren Focus als Sinn. Der eine macht wahrlich Sinn, der andere nur geballten Unsinn. Alternativ könnten Sie sich mit Ihrer Saldemnmechanik um den Nobelpreis bemühen, so neuartig ist diese "Sicht der Dinge."
Dr.NorbertLeineweber:
Prof. Sinn ist so ziemlich der Einzige, der die Wahrheit sagt. Der Rettungsschirm kostet uns gehebelt 400 Mrd., dazu Target 2 mit 500 Mrd. Und der anteilige Kauf der EZB von Schrottpapieren ist noch offen. Sinn sollte seine Billionenrechnung wöchentlich publizieren, damit der Deutsche weiß wie teuer der Wegfall des Umtausches im Urlaub war. Man mus sich dass einmal vorstellen, dass doch der Chefvolkswirt der deutschen Bank Meyer das letzte Woche als Vorteil herausgearbeitet hat. Unfassbar was diese bezahlten "Volkswirte" bzw. Meinungsmacher im Amt der Finanzindustrie propagieren. Deswegen brauchen wir Professoren wie Sinn.