HDE-Konsumbarometer Der Wunsch nach Konsum ist groß – und an Geld scheint es vielen nicht zu fehlen

In Deutschland war der Wirtschaftseinbruch deutlich stärker als im gesamten Europa.
Düsseldorf Deutschlands Verbraucher würden gerne Geld ausgeben, wenn sie es denn dürften. Das HDE-Konsumbarometer für Mai kletterte den vierten Monat in Folge und notiert mit 97,34 Zählern nun auf dem höchsten Stand seit November 2020. Das Barometer sagt die Entwicklung des privaten Konsums in den kommenden drei Monaten voraus, es basiert auf einer repräsentativen Verbraucherbefragung und wird vom Handelsblatt Research Institute (HRI) monatlich für den Handelsverband HDE berechnet.
Insbesondere die Anschaffungsneigung der Verbraucher zog kräftig an. Sie erreichte erstmals wieder das Vorkrisenniveau. Schätzungen zufolge haben die Verbraucher mehr als 200 Milliarden Euro während der Pandemie unfreiwillig gespart, weil insbesondere große Teile der Freizeitmöglichkeiten untersagt blieben; Nachholbedarf und Wunsch nach Konsum sind also groß, und an Geld scheint es vielen auch nicht zu fehlen.
Die Mehrzahl der Konsumenten ist durchaus zuversichtlich bezüglich der Entwicklung der eigenen Einkommen. Der entsprechende Teilindex des HDE-Barometers notiert ebenfalls wieder auf Vorkrisenniveau; alle Sorgen wegen Kurzarbeit und Pleitewelle scheinen bei der Mehrzahl der Verbraucher verschwunden zu sein.
Offenbar haben sich viele der Befragten vom Optimismus in der Industrie anstecken lassen. Angesichts des anziehenden Welthandels haben viele deutsche Konzerne die Pandemie abgehakt, wie verschiedene Stimmungsindikatoren signalisieren.
Amtliche Daten unterfüttern diesen Optimismus bislang jedoch nicht. Wie das Statistische Bundesamt in einer Schnellschätzung am Freitag mitteilte, sank die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal um 1,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Damit war der Rückgang zwar etwas geringer als von vielen Ökonomen befürchtet. „Doch sollte das nicht darüber hinwegtäuschen, dass das erste Quartal 2021 das viertschlechteste Vierteljahr seit der deutschen Einheit war“, betonte HRI-Präsident Bert Rürup. Lediglich auf dem Höhepunkt der Finanzkrise Anfang 2009 sowie in den ersten beiden Quartalen 2020 schrumpfte die Wirtschaft noch stärker.
Vom Einbruch zum Jahresstart besonders betroffen war der private Konsum, während die Warenexporte die Wirtschaft stützten, teilte das Statistische Bundesamt mit. Detailliertere Angaben wird das Amt erst in rund vier Wochen veröffentlichen. Wahrscheinlich hatte auch die eigentlich florierende Baubranche mit den ungewöhnlich vielen Frost-Tagen zu kämpfen.
Laune wird durch Preissteigerungen getrübt
In Deutschland war der Wirtschaftseinbruch deutlich stärker als im gesamten Europa. Laut Schnellschätzung schrumpfte die Wirtschaftsleistung in der Euro-Zone um 0,6 und in der EU um 0,4 Prozent. Wachstumsstars waren Litauen, Belgien und Schweden, wo die Wirtschaft um 1,8, 1,1 und 0,6 Prozent wuchs. Noch stärker als in Deutschland waren die Rückgänge in Portugal und Lettland mit 3,3 und 2,6 Prozent.
Getrübt wird die Konsumlaune in Deutschland durch die kräftigen Preissteigerungen der vergangenen Wochen. Im April kletterte die Inflationsrate in Deutschland auf zwei Prozent. Gegenüber März stiegen die Preise um 0,7 Prozent. Die Sorge der Verbraucher vor weiterer Teuerung ist mittlerweile so hoch wie noch nie seit Beginn der Datenreihen des HDE-Barometers Ende 2016.
Volkswirte erwarten, dass die Inflationsrate in der zweiten Jahreshälfte zeitweise sogar auf rund drei Prozent klettern dürfte. Wesentliche Gründe sind die deutlich höheren Energiepreise sowie die Rückkehr zum ursprünglichen Umsatzsteuersatz. Um die Konjunktur zu stabilisieren, hatte die Bundesregierung den Regelsatz der Steuer im zweiten Halbjahr 2020 von 19 auf 16 Prozent gesenkt – offenbar mit Erfolg.
Nach den Ergebnissen einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Bundesfinanzministeriums tätigten von August bis Dezember 2020 jeden Monat 20 bis 25 Prozent der Privathaushalte aufgrund der befristeten Steuersenkung zusätzliche Anschaffungen oder zogen geplante Anschaffungen vor. Die vorgezogenen Käufe fehlten dann allerdings im ersten Quartal – was einen Anteil am Einbruch der Wirtschaftsleistung gehabt haben dürfte.
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