Hochwasserkatastrophe Strafanzeigen nach der Flut: Vier Staatsanwaltschaften prüfen Ermittlungsverfahren

Im Gebiet Ahrweiler sind 141 Menschen durch die Katastrophe gestorben.
Düsseldorf Etwa drei Wochen nach der Unwetterkatastrophe prüfen neben der Staatsanwaltschaft Koblenz nun auch die Staatsanwaltschaften in Köln, Bonn und Aachen, ob sie Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Verantwortlichen einleiten. Das teilten Sprecher der Behörden auf Anfrage des Handelsblatts mit. Bis zu ersten Ergebnissen könnten mehrere Wochen vergehen.
Im Ahrtal, wo das Unwetter die meisten Todesopfer forderte, prüft die Staatsanwaltschaft Koblenz seit Montag, ob sie Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung einleitet. In dem Gebiet sind 141 Menschen durch die Katastrophe gestorben. Weiterhin vermisst werden 17 Personen. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat ein E-Mail-Postfach eingerichtet, an das Bürger Hinweise zur Unwetterkatastrophe einreichen können.
Gegen wen sich eine mögliche Ermittlung richten könnte, ist laut Staatsanwaltschaft allerdings noch unklar. Zunächst müsse die Prüfung ergeben, ob es tatsächlich Anhaltspunkte dafür gebe, dass eine Straftat begangen worden sei, teilte der Staatsanwalt Harald Kruse mit. Erst wenn dies bejaht werden sollte, würde sich die Frage stellen, ob es auch eine Person gebe, gegen die Ermittlungen zu richten seien. Die Staatsanwaltschaft könne zunächst auch gegen unbekannt ermitteln.
Auch in den anderen betroffenen Gebieten wird die Flutkatastrophe untersucht. Die Staatsanwaltschaft in Bonn prüfe von Amts wegen und anlässlich mehrerer Strafanzeigen, ob sie förmliche Ermittlungen aufnehmen werde, sagte Staatsanwalt Sebastian Buß.
Anders als in Koblenz könne man den möglichen Straftatbestand noch nicht herunterbrechen, sondern prüfe alle in Betracht kommenden Delikte. Gegen wen sich die mögliche Ermittlungen richten könnten, sei ebenfalls noch unklar.
Staatsanwalt: „Komplett neue Situation“
Eine der Strafanzeigen, die die Staatsanwaltschaft untersucht, richtet sich gegen die Eigentümer und Betreiber der Steinbachtalsperre in Euskirchen, wie lokale Medien berichten. Die Talsperre drohte auch Tage nach der Flut wegen eines verstopften Abflusses zu brechen und musste mit einem Bagger freigeräumt werden.
Die Kölner Staatsanwaltschaft prüft derzeit ebenfalls, ob sie Ermittlungen aufnimmt. Man befinde sich in engem Austausch mit den Staatsanwaltschaften in Koblenz und Bonn, sagte Staatsanwältin Lisa Klefisch. In Köln gebe es bereits eine Strafanzeige. Ob ermittelt werden soll, werde auch von Amts wegen geprüft. Welche Straftatbestände in Betracht kommen, sei noch unklar.
„Die Situation bei uns ist ein bisschen anders, auch was das Schadensbild angeht“, sagte Klefisch. Zunächst müsse sich die Behörde einen Überblick über die Schäden und etwaige strafrechtliche Handlungen verschaffen.
Auch die Staatsanwaltschaft Aachen prüft nach der Flutkatastrophe die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Die Untersuchungen seien ergebnisoffen, erklärte der zuständige Staatsanwalt Jan Balthasar. Die Behörde befinde sich im Austausch mit drei anderen Staatsanwaltschaften.
Ein konkreter Anfangsverdacht bestehe im Moment gegen niemanden, juristisch seien die Ermittlungen in Sachen Hochwasserkatastrophe einmalig. Balthasar: „Die Situation gab es so noch nicht und ist für uns komplett neu.“
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