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Honeckers Tagebuch „Dass geschossen wurde, war nichts Besonderes“

Das Gefängnis-Tagebuch von Erich Honecker wird nun veröffentlicht. Das Werk gibt Einblick in die Gedankenwelt eines Politikers, der die DDR bis zuletzt als beispielhaft verteidigte - und den Schießbefehl für gut befand.
19.02.2012 - 13:33 Uhr 4 Kommentare
Bis zuletzt hielt Honecker die Idee der DDR und die tödlichen Konsequenzen an der Mauer für gerechtfertigt. Quelle: dpa

Bis zuletzt hielt Honecker die Idee der DDR und die tödlichen Konsequenzen an der Mauer für gerechtfertigt.

(Foto: dpa)

Berlin Im Mercedes wird Erich Honecker ins Berliner Untersuchungsgefängnis Moabit gebracht. Es sei ein großer Empfang mit Rufen von „unseren Berlinern“ gewesen, schreibt der frühere SED-Parteichef und Staatsratsvorsitzende Erich Honecker am 29. Juli 1992. Es ist der Tag, an dem er zum Untersuchungshäftling wurde. 20 Jahre später kommen seine letzten Aufzeichnungen als Buch heraus.

Nach der Wiedervereinigung sollte sich Honecker mit fünf weiteren Spitzenfunktionären wegen der Todesschüsse auf DDR-Flüchtlinge vor Gericht verantworten. Zuvor mussten die Honeckers ihre letzte Fluchtstation Moskau verlassen, er wurde nach Berlin gebracht, sie flog nach Chile. Im November 1992 begann der als historisch eingestufte Prozess, doch bald überwogen die medizinischen Probleme der Angeklagten. Zu einer Bewertung der Rolle Honeckers kam das Gericht nicht mehr.

Anfang 1993 ordnete das Berliner Verfassungsgericht die Einstellung des Prozesses gegen den krebskranken Honecker an. Nach 169 Tagen Haft verließ der frühere Spitzenfunktionär am 13. Januar Deutschland für immer und flog zu seiner Frau sowie zu Tochter Sonja und den Enkeln nach Chile. Erich Honecker starb am 29. Mai 1994 im Alter von 81 Jahren im Exil in Santiago de Chile.

Die letzten Notizen aus der Berliner Untersuchungshaft zeigen neben dem sturen Ex-Funktionär einen alten Mann, der sich Sorgen um die Familie und seinen hohen Blutdruck macht. „Meine Kleine“, nennt er überraschend seine Frau Margot. „Liebe Margot - ich denke viel an Dich“, notiert Honecker. Zum Prozess „hierher in diese Hölle“ solle sie aber nicht kommen.

Nach Verlagsangaben wusste von dem Manuskript bis zum September 2011 niemand außer Margot Honecker. Sie habe lange gezögert, die Tagebuch-Notizen ihres Mannes aus der Hand zu geben, sagt die frühere DDR-Ministerin für Volksbildung. Die Aufzeichnungen könnten einige Wahrheiten ins Licht rücken „inmitten der Lügen, Fälschungen und Verleumdungen“., schreibt die 84-Jährige im Vorwort.

Unerschütterlich sind die Koordinaten des Weltbildes von Erich Honecker. So schreibt er: „Eine Diktatur, wie man sie der DDR unterstellt, hat so nicht existiert.“ Die Perestroika sei ein Unglück, Michail Gorbatschow ein Verräter. Und: „Die BRD ist kein Rechtsstaat, sondern ein Staat der Rechten“, ist sich der Untersuchungshäftling sicher. Honecker schreibt von Klassenjustiz, „die sich nicht von der der Nazis unterscheidet“.

Der Prozess gegen ihn sei Rache und Fortsetzung des Kalten Krieges, geprägt von Siegermentalität. „... man entledigt sich der politischen Gegner mit den Mitteln des Strafrechts, aber natürlich ganz rechtsstaatlich.“ Die DDR habe keine Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, schreibt der einstige Dachdeckergehilfe. Die Maueropfer? „Dass an der Grenze geschossen wurde, war nichts Besonderes. An fast allen Grenzen wird geschossen, wenn diese verletzt werden“, so Honecker. „Wir haben mit der DDR gezeigt, dass Sozialismus möglich ist. Das wird bleiben.“

  • dpa
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4 Kommentare zu "Honeckers Tagebuch: „Dass geschossen wurde, war nichts Besonderes“"

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  • Hat Honecker wirklich alles in seine Tagebücher geschrieben? Entstand daraus etwa eine Lektüre mit neuen Inhalten? Nun denn! Wäre sensationell, denn auch Honecker, wusste nicht alles, begründet durch den hohen Sicherheitsanspruch des DDR-Geheimdienstes.
    Margot war "die Kleine", Bürger, die anders dachten Staatsfeinde und der Aufenthalt in Moabit die Hölle. Waren Haftanstalten für DDR-Flüchtlinge etwa Sanatorien? Mein Bruder war 18 Jahre alt, als er einsaß. „Dumm, es versucht zu haben. Hat nun 18 Monate zum Nachdenken!“ Dieser Beitrag könnte glatt von der Honeckern stammen. Nach ihrer und Erichs Version gab es auch keinen Schießbefehl, sondern nur Waffengebrauchsbestimmungen.
    Erich, der Jagdwaffenliebhaber, herumballernd auf seinem Jagdsitz am Drewitzer See blieb vom Jagdfieber gepackt – trotz Demos und Mauerfall. Aber er war um seine atomare Sicherheit besorgt – weniger um die Wirtschaft. Man baute am Honecker-Bunker bis 1983 - zum Teil Genickbrecher der DDR-Industrie. Damals war die Republik von solchen Bauwerken schon förmlich übersät.
    Jedenfalls hatte man für den Krisenfall eine 250-Mio.-Zufluchtsstätte für Honi & Co. geschaffen. Die Herren wussten sogar, wie es nach einem atomaren Inferno weitergeht – Abmarsch in die SU. Moderne Technik und „Wohlfühlinnenleben“ im teuersten Schutzbauwerk des Warschauer Vertrages machten wie in ähnlichen Objekten auch Devisen notwendig. Hätte es den „vermaledeiten“ Klassenfeind nicht gegeben, was dann? 15 Minuten soll es Honecker in diesem Bunker nach der Übergabe ausgehalten haben. Platzangst? Hat Honecker für die Nachwelt auch diese Vorgänge notiert? Der Honecker-Bunker wurde damals in Regie der DDR-Führung errichtet und nicht „im Auftrag des Großen Bruders“ …

  • Hat Honecker wirklich alles ins Tagebuch geschrieben? Entstand daraus etwa eine Lektüre mit neuen Inhalten? Nun denn! Wäre sensationell, denn auch Honecker, wusste nicht alles ...
    Margot war die Kleine, Bürger, die anders dachten Staatsfeinde und der Aufenthalt in Moabit die Hölle. Waren Haftanstalten für DDR-Flüchtlinge etwa Sanatorien? Mein Bruder war 18 Jahre alt, als er einsaß. „Dumm, es versucht zu haben. Hat nun 18 Monate zum Nachdenken!“ Dieser Beitrag könnte glatt von der Honeckern stammen. Nach ihrer und Erichs Version gab es auch keinen Schießbefehl, sondern nur Waffengebrauchsbestimmungen.
    Erich, der Jagdwaffenliebhaber, blieb vom Jagdfieber gepackt – trotz Demos und bis zum Mauerfall. Aber er war um seine atomare Sicherheit besorgt – weniger um die Wirtschaft. Man baute am Honecker-Bunker bis 1983 - zum Teil Genickbrecher der DDR-Industrie. Jedenfalls hatte man für den Krisenfall eine 250-Mio.-Zufluchtsstätte für Honi & Co. geschaffen. Die Herren wussten sogar, wie es nach einem atomaren Inferno weitergeht. Hat Honecker auch das notiert? Man darf gespannt sein. Moderne Technik und „Wohlfühlinnenleben“ im teuersten Schutzbauwerk des Warschauer Pakts machten sogar Devisen notwendig. Hätte es den „vermaledeiten“ Klassenfeind nicht gegeben, was dann? 15 Minuten soll es Honecker in diesem Bunker nach der Übergabe ausgehalten haben. Platzangst? Diese Bauwerk wurde in Regie der DDR-Führung errichtet und nicht „im Auftrag des Großen Bruders“.

  • Immer diese flachen Kommentare,wer die DDR mit der Nazidikatur vergleicht, der ist politisch unterbelichtet.
    Der hat von Weltpolitik,Klassenkampf und Ausbeutung so viel Ahnung, wie eine Kuh vom Tango.

  • Die DDR hätte nach heutiger Denkschule, wie "Gutdenk", eigentlich ein ökologisches Paradies sein müssen: Keine Flüge nach Mallorca, keine Kiwis aus Neuseeland, eingeschränkter Individualverkehr, kein MC Donald's, Konsumverzicht allenthalben. Doch heraus kam eine gigantische Sondermülldeponie.

    Ich möchte nie wieder von (roten) Nazis regiert werden!

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