Hotels und Gastronomie Fachkräftemangel und knappe Kassen: Der schwierige Neustart im Gastgewerbe

Das Beherbergungsgewerbe stellt sich auf eine Rückkehr der Gäste ein.
Berlin Endlich geht es wieder aufwärts: Touristen kehren in die Urlaubsorte zurück, Hotels und Restaurants öffnen wieder, erste Veranstaltungen mit begrenzter Teilnehmerzahl finden statt. Doch beim Treffen der Betriebsräte aus 22 Dorint-Hotels am Dienstag in Dresden trübten auch ein paar Sorgen den optimistischen Blick nach vorn.
„Wir haben je nach Hotel zwischen zehn und 20 Prozent der Belegschaft verloren, weil Mitarbeiter bessere Angebote hatten oder während der Krise einen anderen Job angenommen haben, der ihnen besser gefällt“, sagt Dorint-Gesamtbetriebsratschef Polis Raptis. Der Neustart muss also mit weniger Personal gestemmt werden, die Arbeitsbelastung könnte nach der langen Zwangspause rapide zunehmen.
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Es ist nicht das einzige Problem beim Neustart im Gastgewerbe. Auf rund 60 Milliarden Euro belaufen sich nach Angaben des Branchenverbands Dehoga die pandemiebedingten Umsatzverluste. Von Januar bis März dieses Jahres lagen die Erlöse aus der Beherbergung um 77 Prozent und in der Gastronomie um 53 Prozent unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums, als die Pandemie noch kaum Wirkung gezeigt hatte.
Nach einer diese Woche veröffentlichten Dehoga-Branchenumfrage fürchtet immer noch knapp jeder zweite Betrieb um seine Existenz. „Aufgabe der Politik ist es jetzt, für dauerhafte Öffnungen zu sorgen und ausreichend Impfstoff bereitzustellen“, forderte Verbandspräsident Guido Zöllick. Und für Betriebe, die noch nicht öffnen dürften oder weiter unter herben Umsatzverlusten litten, müsse die Überbrückungshilfe III bis Jahresende verlängert werden.
Denn selbst wenn in den Touristenorten wieder Gäste empfangen werden: Bis auch Kongresse, Messen oder Tagungen wieder in größerem Umfang stattfinden und die entsprechenden Hotels ausgelastet sind, wird es noch dauern.
Sorge um Liquidität
Nach einer Sonderauswertung der jüngsten DIHK-Umfrage unter gut 27.000 Unternehmen ist knapp die Hälfte der Beherbergungsbetriebe immer noch mit Liquiditätsengpässen konfrontiert, knapp zwei Drittel beklagen einen Rückgang des Eigenkapitals. In der Gastronomie stellt sich die finanzielle Situation nur unwesentlich besser dar.
Deshalb macht sich auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für eine Fortsetzung der Hilfen stark – und eine Aufstockung. „Große Hotels mit 700 bis 900 Millionen Euro Umsatz zahlen allein mehrere Millionen Euro Pacht im Monat“, sagt NGG-Chef Guido Zeitler. Die Überbrückungshilfe III ist aber bislang bei zwölf Millionen Euro im Jahr gedeckelt.
Fachkräftemangel könnte zu einem ernsten Problem für die Branche werden
Nicht alle Besitzer der Hotelimmobilien lassen mit sich über eine Stundung oder Reduzierung der Pacht reden. Zeitlers Sorge: Gerade die großen Hotels, die oft noch Tarifverträge und Mitbestimmung hochhalten, könnten sich zu Entlassungen im größeren Stil gezwungen sehen. Deshalb fordert die NGG eine deutliche Anhebung des Deckels bei der Überbrückungshilfe III. „Wir erwarten dann aber auch Beschäftigungsgarantien von den Hotelbetreibern“, sagt Zeitler. Mit der neuen Überbrückungshilfe III Plus, die das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen hat, soll die Obergrenze nun angehoben werden.
Sollte der Betrieb wieder richtig anlaufen, droht aber auch der Fachkräftemangel zu einem echten Problem zu werden. Im März arbeiteten laut Bundesagentur für Arbeit 118.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte weniger im Gastgewerbe als im Vorjahresmonat. Viele Arbeitnehmer mussten nicht nur mit dem geringeren Kurzarbeitergeld klarkommen, sondern auch den Verlust des Trinkgelds verkraften – und haben sich umorientiert.
Es sei schon vor Corona schwierig gewesen, beispielsweise einen Koch zu finden, sagt Dorint-Gesamtbetriebsrat Raptis. Und das werde jetzt nicht leichter, wenn sich an den Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten nichts ändere: „Wir sollten die Krise als Chance sehen und die Branche modernisieren.“
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