Immobilienregister Einführung des „Datenbankgrundbuchs“ verzögert sich um mehrere Jahre

Immobiliengeschäfte gelten als Einfallstor für Geldwäschepraktiken.
Berlin Die für November 2019 geplante Einführung einer Datenbank, über die Behörden auf alle Grundbücher zugreifen können, ist gescheitert und soll nun erst im März 2024 umgesetzt werden. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen hervor.
Begründet wird die Verzögerung des 2016 gestarteten Projekts unter anderem mit dem „enormen Aufwand bei der Programmentwicklung und der Umsetzung der komplexen Fachlichkeit“. Für das bundeseinheitliche „Datenbankgrundbuch“ sollen 40 Millionen Grundbuchblätter so digitalisiert werden, dass sich ihre Daten online abrufen lassen.
Hintergrund ist auch, dass der deutsche Immobiliensektor als anfällig für Geldwäsche gilt. Experten schätzen, dass in diesem Bereich jährlich 20 bis 30 Milliarden Euro gewaschen werden. Geld, das aus kriminellen Geschäften stammt, wird also in Immobilien investiert, um es auf diese Weise in den Wirtschaftskreislauf einzuschleusen.
Für die Finanzexpertin der Grünen, Lisa Paus, ist die Verzögerung der Datenbank darum ein Armutszeugnis: „Die zentrale Plattform zur Ermittlung der Immobilieneigentümer in Deutschland ist überfällig“, sagte sie dem Handelsblatt. „Es ist besorgniserregend, wenn selbst Strafverfolgungsbehörden mit einem veralteten System zu kämpfen haben“, so die Grünen-Politikerin. Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit pflichtet ihr bei: „Das ist ein ganz massiver Rückschlag bei der Geldwäschebekämpfung“, sagte er dem Handelsblatt.
Dass die Intransparenz des Immobiliensektors ein Einfallstor für Geldwäsche ist, wird durch die Nationale Risikoanalyse des Finanzministeriums bestätigt. Diese soll Aufschluss geben über Bereiche, die für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besonders anfällig sind. Die Anfälligkeit bestehe darin, dass die Herkunft der Mittel und auch die zugehörigen Eigentumsverhältnisse verschleiert werden können – durch die Vielzahl bestehender rechtlicher Gestaltungsoptionen von Immobilientransaktionen für in- und ausländische juristische Personen, aber auch für Privatpersonen.
Vor diesem Hintergrund lobte die Bafin den Plan der Bundesländer, eine einheitliche Datenbank für die Grundbücher zu entwickeln. Bislang sind nur einzelne Grundbücher nach Namen durchsuchbar. „Ein darauf aufbauendes gemeinsames Portal der Länder ermöglicht bundesweite Recherchen, insbesondere für die Strafverfolgungsbehörden“, so die Finanzaufsicht. Das waren Vorschusslorbeeren, wie sich jetzt herausstellte.
Hinweise auf Zeitverzug bei Verdachtsfällen
Eine weitere Baustelle ist die Arbeit der Financial Intelligence Unit (FIU) des Zolls. Sie soll Meldungen aus dem Finanz- und Nichtfinanzsektor wegen Verdacht der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung filtern. Bei eilbedürftigen Verdachtsmeldungen, sogenannten Fristfällen, muss sie die Meldungen innerhalb von drei Tagen an Strafverfolgungsbehörden weiterleiten.
Da kann es um Personen gehen, nach denen gefahndet wird, oder um Konten mit großen Guthaben, über die kurzfristig verfügt werden soll.
Nach Angaben der Bundesregierung gingen bei der FIU zwischen Juni 2017 und Anfang Dezember 2019 knapp 21.800 Meldungen ein, von denen rund 3760 als Fristfälle klassifiziert wurden. Nur in 20 Fällen wurde dabei die Dreitagesfrist überschritten, so die Bundesregierung.
Das deckt sich nach Angaben des FDP-Finanzexperten Markus Herbrand aber nicht mit Recherchen seiner Partei. Diverse Staatsanwaltschaften wurden befragt, ob sich die FIU bei ihnen mit Zeitverzug meldete. „Schon dabei wurden uns Fälle genannt, die weit über die von der Bundesregierung kolportierten 20 hinausgehen“, so Herbrand. Zudem vermutet Herbrand Tricksereien bei der juristischen Definition, um die Fälle „künstlich herunterzurechnen“.
Als „katastrophal“ wertet der FDP-Politiker die personelle Situation bei der FIU. Für die Behörde sind 475 Stammbeschäftigte vorgesehen. Derzeit gibt es aber nur 277 Stammbeschäftigte und 161 sogenannte Geschäftsaushilfen. „Ich habe meine Zweifel, ob so das Missmanagement ursächlich behoben werden kann.“ Die Geschäftsaushilfen von ihren eigentlichen Tätigkeiten abzuziehen, damit die FIU nicht kollabiert, sei nicht im Sinne der Sache, moniert Herbrand.
OECD untersucht deutsche Maßnahmen
Die Zustände bei den Grundbüchern und bei der FIU dürften die Financial Action Task Force (FATF) der OECD interessieren, die derzeit dabei ist, die Geldwäschebekämpfung in Deutschland zu begutachten. Die FATF ist das wichtigste internationale Gremium, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen. Bei der Prüfung achtet sie nicht nur auf den bestehenden Rechtsrahmen, sondern analysiert auch, wie effektiv die Instrumente wirken, die das Land eingeführt hat. Der letzte Bericht fiel nicht sehr schmeichelhaft aus.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.