Immobilienunternehmer „Klimaschutz ist kein Gutmenschentum“: Warum Sebastian Schels den Grünen eine Viertelmillion Euro spendet

„Wir haben eine Menschheitsaufgabe vor uns, eine, die wir endlich angehen müssen“, sagt der Unternehmer.
Berlin Der Begriff „Klimawandel“ ist Sebastian Schels zu verharmlosend. „Klimakatastrophe“ hält der geschäftsführende Gesellschafter von Ratisbona Handelsimmobilien für passender. Und die ist auch der Grund, warum er den Grünen 250.000 Euro gespendet hat.
Nach Steven Schuurman ist Schels der zweite Unternehmer innerhalb weniger Tage, der die Ökopartei auf der Zielgeraden vor den Bundestagswahlen am 26. September mit einer hohen Summe Geld unterstützt – ein enormer Zuspruch aus der Wirtschaft, die oft eher kritisch mit den Grünen ist. Zufall? Oder haben Unternehmen das Gefühl, die Grünen stärken zu müssen, die in Umfragen derzeit nur auf dem dritten Platz nach SPD und Union gesehen werden?
„Es ist meine erste Parteispende überhaupt“, erzählt Schels dem Handelsblatt. Weder den Grünen noch der Politik insgesamt sei er besonders eng verbunden. Aber wie der niederländische Technologieunternehmer Schuurman, der den Grünen jüngst 1,25 Millionen Euro überwiesen hatte, sagt Schels: „Wir haben eine Menschheitsaufgabe vor uns, eine, die wir endlich angehen müssen.“
Schels stammt aus einer traditionsreichen Unternehmerfamilie. Sein Großvater, Michael Schels, legte den Grundstein mit der Belieferung kleiner Läden mit Lebensmitteln, sein Vater Rudolf entwickelte den Markendiscounter Netto. Schels selbst ist auf die Entwicklung und Verwaltung von Lebensmittelmärkten und Fachmarktzentren spezialisiert.
„Unsere Art zu leben, unsere Art zu wirtschaften, ist eine Hypothek für die Zukunft – heute sozialisieren wir die Umweltfolgekosten auf künftige Generationen“, sagt der 40-Jährige. Er traue den Grünen zu, „am konsequentesten die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und so die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft und unseren Wohlstand zu sichern. Dazu muss jemand so verrückt sein, das Wissen aus 40 Jahren Klimaforschung umzusetzen.“
Den regelmäßig erhobenen Vorwurf, die Grünen gängelten die Wirtschaft, legten ihnen gar Fußfesseln an, sieht Schels so: „Ich bin in erster Linie Mensch, in zweiter Linie Unternehmer, in dritter Linie Immobilienunternehmer“, sagt Schels. Als Mensch und Familienvater beobachte er den Klimawandel, den Artenschwund. „Man muss das ins richtige Verhältnis setzen, denn da rollen momentan mehrere Tsunamis auf uns und vor allem auf die uns nachfolgenden Generationen zu, eine Naturkatastrophe in Zeitlupe“, sagt Schels. „Wenn mich meine Kinder oder Enkelkinder einmal fragen werden, was ich in den 2020er Jahren getan habe, dann möchte ich ihnen eine Antwort geben können, auf die ich stolz sein kann.“
Als Unternehmer rechne er die Dinge bis zum Ende durch. Und da sei schon heute klar, dass die finanziellen Folgen des Nichtstuns täglich immer größer würden. „Klimaschutz ist kein Gutmenschentum“, so Schels. Die Natur zu erhalten sei profitabler als sie zu zerstören.
Als Unternehmer will Schels dazu beitragen, die „Mauer des Schweigens“, wie er es nennt, einzureißen. „Wir haben in 40 Jahren Klimadiskussion eine gewisse Schwerhörigkeit entwickelt, weil die meisten vernehmbaren Stimmen von Wissenschaftlern und Klimaschützern kommen.“ Schels ist überzeugt: Wenn die Menschen jetzt aber merkten, „dass aus einem Teil der Gesellschaft, von dem sie es nicht unbedingt erwarten, Zustimmung und Unterstützung kommt, dann hat das eine große Hebelwirkung.“.
Radikales Umdenken
Es gehe jetzt darum, größer zu denken und den Mut aufzubringen, neue Wege zu gehen. „Stattdessen werden aber nur Trippelschritte gemacht. In der Politik dominieren die Bedenkenträger.“ Schels fordert eine Vision, eine Positivgeschichte – auch wenn diese noch längst nicht alle Lösungswege aufzeigen könne und auch nicht müsse. „Auch Business-Pläne in der Wirtschaft sind nicht dazu da, um 1:1 umgesetzt zu werden“, sagt Schels, „aber sie geben eine Richtung, einen Entwicklungspfad vor.“
Die eigene Branche sieht Schels als zentral an. In der Immobilienwirtschaft brauche es ein radikales Umdenken. Ob Wohnungen, Gewerbe, Hotels: Nicht nur der Bau von Immobilien sei ressourcenintensiv und klimaschädlich. „In der Betriebszeit werden Immobilien dann energieintensiv gewärmt, gekühlt, beleuchtet, belüftet und bewirtschaftet und wenn sie dann – oft viel zu früh – abgerissen werden, landet der Großteil der Gebäudesubstanz auf der Deponie.“
Die heutigen „Wegwerf-Immobilien“ zeigten: „Wir haben das Bauen in den letzten Jahren verlernt. Unsere Großeltern und Vorfahren haben noch kreislauffähig und für Generationen gebaut.“ Schels hat die Hoffnung, dass die Grünen die Umfragen noch drehen können und Teil der nächsten Regierung sind. „Jeder Prozentpunkt mehr tut dem Zukunftsthema Klima- und Umweltschutz gut.“
Auf den Vorwurf, die Grünen seien eine Verbotspartei, gibt er nicht viel. „Wir sind umgeben von Verboten, von denen wir die meisten gar nicht als solche empfinden.“ Das Verbot, auch um Mitternacht auf gänzlich leeren Straßen über eine rote Ampel zu fahren, sei so eines. Zugunsten einer funktionierenden Gesellschaft halte man sich daran. Das Rauchverbot in Restaurants, zu Beginn als Einschränkung der individuellen Freiheit kritisiert, „empfinden heute die meisten als Gewinn“. So sei es auch mit mehr Klimaschutz: „Später werden wir hoffentlich stolz darauf zurückschauen können, den Mut gefunden zu haben, unangenehme, aber richtige Entscheidungen getroffen zu haben.“
Mehr: Wie sich Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock im TV-Triell geschlagen hat
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Dieser Beitrag ist mal was anderes als ständiges Malen von Katastrophenszenarien, wenn Grün mitregieren sollte.
Das Beispiel des Herrn Schels gefällt mir sehr gut.
Chapeau👍🏻the healing begins ,der Erleuchtung ist es egal wann sie kommt……