Impulspapier Unternehmer unterstützen Frauenquote für Vorstände

In börsennotierten Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern soll der Vorstand künftig mit wenigstens einer Frau besetzt sein, wenn er mehr als drei Mitglieder hat.
Berlin Unternehmer und Führungskräfte springen Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (beide SPD) bei deren Vorhaben bei, eine Frauenquote für Vorstände einzuführen. „Die Quote wird helfen, das gesamte Potenzial unserer gut ausgebildeten Führungskräfte zum Erfolg unserer Unternehmen in Deutschland zu nutzen“, heißt es in einem Impulspapier des Managerkreises der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, das dem Handelsblatt vorliegt. Im Managerkreis haben sich Unternehmer und Führungskräfte zusammengeschlossen, um wirtschaftspolitische Debatten in Deutschland anzustoßen.
„Es gibt viele gute Gründe für mehr Frauen in Vorständen; sie sind oft genannt und vorgetragen worden“, heißt es in dem Papier. „Trotz allem scheint es Fortschritt in der Frage nur zu geben, wenn es klare Vorgaben dazu gibt.“
Bislang existiert eine gesetzliche Geschlechterquote für Aufsichtsräte: Börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen müssen einen Anteil von 30 Prozent des „unterrepräsentierten“ Geschlechts in das Gremium bringen. In der Praxis sind das stets Frauen. Die fixe Quote greift derzeit bei etwas mehr als 100 Gesellschaften.
Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag drauf geeinigt, das entsprechende Gesetz zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen (FüPoG) zu reformieren. Vereinbart wurden Sanktionen für große Unternehmen, die als Zielgröße für Frauen in der Chefetage „null“ angeben und das nicht stichhaltig begründen.
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Im Gesetzentwurf, den Giffey und Lambrecht dann in die Ressortabstimmung gaben, fand sich jedoch auch eine Frauenquote für Vorstände. Das Vorhaben: In börsennotierten Unternehmen mit mehr als 2000 Mitarbeitern soll der Vorstand künftig mit wenigstens einer Frau besetzt sein, wenn er mehr als drei Mitglieder hat. Die Regelung soll für Neubesetzungen greifen.
Bedenken in der Union
Bislang wehrt sich die Union gegen eine solche Vorstandsquote. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, sieht darin den „ordnungspolitischen Sündenfall“, der rechtspolitische Sprecher, Jan-Marco Luczak, fürchtet einen „erheblichen Eingriff in die unternehmerische Freiheit“. Auch die Wirtschaft zeigte sich alarmiert. Durch die Coronakrise hat es die Gesetzesvorlage noch nicht ins Kabinett geschafft.
Im Impulspapier des Managerkreises wird nüchtern Bilanz gezogen: Zwar sei durch die gesetzliche Quote der Anteil der Frauen in Aufsichtsräten seit 2015 von 21,3 auf aktuell 33,9 Prozent gestiegen. Der Frauenanteil in den Vorständen dieser Unternehmen habe sich in dem Zeitraum von einem sehr niedrigen Ausgangsniveau von 4,9 auf nur 9,6 Prozent erhöht.
Verfasst wurde der Aufruf für die Vorstandsquote von der Wirtschaftsprüferin Katrin Rohmann, die lange Partnerin bei Deloitte Deutschland war; der Agentur-Gesellschafterin Beate Kummer und der Chefin der Frankfurter Arbeiterwohlfahrt, Petra Rossbrey.
Die Autorinnen verweisen auf internationale Studien, nach denen Geschlechtergerechtigkeit sowohl in der Führungsriege als auch bei den Mitarbeitenden zu einem höheren wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen führt. So habe eine Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey 2018 festgestellt, dass sich die Profitabilität dadurch merklich verbessert.
„Kritik an Quoten generell gibt es meist von den Arbeitgebern“, heißt es in dem Papier. Demnach ignoriere eine solche Quote, dass das entscheidende Kriterium die fachliche Qualifikation sein müsse. Eine gesetzliche Vorgabe schade Unternehmen wie Beschäftigten.
Auswahl nach Ähnlichkeit
Dem hält der Managerkreis entgegen, dass für die Tätigkeit in einer Top-Führungsposition eine ganze Palette von Eigenschaften und Kompetenzen wesentlich seien. „In Deutschland spielt bei den Entscheidungen für die Besetzung einer Führungsposition ein Bild von der Führungskraft eine Rolle, das am ehesten von Männern mittleren Alters erfüllt wird“, bemängeln Rohmann, Kummer und Rossbrey.
Interne Stellenbeschreibungen offener Vorstandsposten basierten auf den Vorgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden und – nicht selten – auch auf den Vorstellungen des Vorstandsvorsitzenden. „Beide sind in der Regel männlich“, heißt es in dem Papier. „In Stellenbeschreibungen für Vorstandspositionen finden sich dann genau die Eigenschaften, die sie selbst beschreiben.“ Die Auswahl erfolge nach dem Ähnlichkeitsprinzip: Gleiches Geschlecht, ähnliche soziale Herkunft, vergleichbarer Werdegang.
Dieses Bild der Führungskraft stelle für Frauen eine „schwerwiegende Hürde“ dar. Sie hätten schon einen strukturellen Nachteil, bevor sich ein Entscheider überhaupt mit ihren Qualifikationen und Kompetenzen befasse. Beschrieben werde ein Führungsstil, der auch aus Sicht der Unternehmen zu einseitig erscheine. Kompetenzen wie Motivation in der Führung von Mitarbeitern, Fähigkeit zu Kompromiss und Konsens im Führungsteam, Konfliktlösung, Kooperation, Integration verschiedener Sichtweisen bei der Lösungsfindung, Kreativität und Innovation kämen häufig zu kurz.
„Die Kompetenzen, die Frauen aus ihrer gesellschaftlichen Erfahrung eher mitbringen, sollten ein stärkeres Gewicht erhalten“, lautet die Forderung im Impulspapier des Managerkreises. Solche Kompetenzen würden für den Erfolg von Unternehmen zunehmend wichtiger.
Die Coronakrise, so Beate Kummer, zeige einmal mehr, dass Vorgaben für Frauen in Führungspositionen nötig seien: „Länder wie Dänemark, Finnland, Island, Taiwan, Neuseeland und Deutschland – alle frauenregiert – haben die geringsten Fallzahlen.“
Mehr: Bundesfrauenministerin Giffey will der Regierung eine nationale Gleichstellungsstrategie verordnen.
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