Aus dem Schneider ist Europas größte Volkswirtschaft noch nicht, auch wenn sie mit einem kräftigen Wachstum im ersten Quartal eine Rezession verhindern konnte. Im Gegenteil: Die Risiken ballen sich wie selten zuvor - vor allem von außen droht jede Menge Ungemach.
„Das größte Abwärtsrisiko für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland geht nach wie vor von der Schulden- und Vertrauenskrise im Euroraum aus, die im Kern noch nicht gelöst ist“, warnen führende Institute in ihrem Gutachten für die Bundesregierung. Schon jetzt lastet die Krise auf der exportabhängigen Wirtschaft: Die Ausfuhren in die Euro-Zone schrumpften im März um 3,6 Prozent, weil Krisenländer wie Spanien und Griechenland wegen der Rezession ihre Importe einschränken. Da 40 Prozent der Ausfuhren in die Währungsunion gehen, spürt Deutschland die Schwäche der Nachbarn deutlich.
Jede Zuspitzung der Schuldenkrise sorgt für Wirbel an den Finanzmärkten. Kann sich ein großes Euro-Land wie Spanien nicht mehr am Kapitalmarkt finanzieren und flüchtet unter die Rettungsschirme EFSF und ESM, würde das einen erneuten Vertrauensverlust auslösen. Unternehmen würden weniger investieren, Verbraucher größere Anschaffungen scheuen. Der Bund ist mit der Beteiligung an den Rettungspaketen enorme Risiken eingegangen. „Im Zuge der Rettungspakete summieren sich die Zusagen auf rund 80 Milliarden Euro“, so die Institute.
Kann etwa Griechenland das Geld nicht zurückzahlen, belastet das den deutschen Staatshaushalt. Eine Herabstufung durch die Ratingagenturen droht dann, was höhere Zinsen zur Folge hätte. Der Spardruck würde steigen, Hauhaltslöcher müssten mit höheren Steuern und Ausgabenkürzungen gestopft werden. Beides würde die Konjunktur belasten.
Seit mehr als einem Jahr hält sich die Teuerungsrate in Deutschland über der Marke von zwei Prozent, bis zu der die Europäische Zentralbank (EZB) von stabilen Preisen spricht. Manche Experten befürchten, dass die Preise künftig deutlich schneller steigen könnten - um vier bis fünf Prozent. Das würde die Kaufkraft der Verbraucher erheblich einschränken.
Grund für die Inflationsgefahr: Wegen der guten Konjunktur haben die Arbeitnehmer kräftige Lohnerhöhungen durchgesetzt. Den Unternehmen fällt es angesichts der guten Beschäftigungslage leichter, steigende Lohnkosten an die Verbraucher weiterzureichen - sprich: die Preise für Waren und Dienstleistungen anzuheben. Es droht eine Spirale, bei der sich Löhne und Preise gegenseitig nach oben schaukeln. Bei ersten Anzeichen dafür müsste die EZB ihre Zinsen anheben, um Konsum und Investitionen zu drosseln, was die Nachfrage dämpfen und den Preisauftrieb dämpfen könnte. Aus Rücksicht auf die Wirtschaftskrise in Ländern wie Spanien wird sie ihren Leitzins aber vorerst wohl auf dem Rekordtief von einem Prozent belassen.
Zusätzliche Gefahren gehen von der Politik der EZB aus, den Finanzhäusern billiges Geld in Hülle und Fülle zur Verfügung zu stellen. „Noch bleibt die zusätzliche Liquidität erst einmal im Finanzsektor“, sagt Postbank-Chefvolkswirt Marco Bargel. „Doch wenn die Kreditvergabe an die Unternehmen erst einmal steigt, kann das sehr schnell in Inflation münden.“
Die Preise für deutsche Wohnimmobilien steigen immer schneller. 2011 legten sie mit 5,5 Prozent mehr als doppelt so stark zu wie 2010 mit 2,5 Prozent. „Erstmals seit dem Wiedervereinigungsboom Anfang der neunziger Jahre ist hierzulande somit ein konjunktureller Aufschwung wieder mit einer markanten Preisreaktion auf den Häusermärkten verbunden“, stellt die Bundesbank fest. Niedrige Bauzinsen und die Angst vor Inflation verlocken immer mehr Deutsche dazu, in Immobilien zu investieren. „Wenn das jahrelang so weitergeht mit den extrem niedrigen Zinsen, besteht das Risiko einer Immobilienpreisblase in Deutschland“, warnt der Konjunkturchef des Instituts für Weltwirtschaft, Joachim Scheide. Die hat es in Spanien gegeben, ihr Platzen hat eine schwere Rezession ausgelöst. „So etwas ist für Deutschland auch nicht ausgeschlossen“, sagt Scheide.
China wird nach Prognose des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) in diesem Jahr zum zweitwichtigsten Kunden der deutschen Exportwirtschaft aufsteigen - nach Frankreich, aber noch vor den USA. Für viele Unternehmen ist die Volksrepublik schon jetzt der wichtigste Absatzmarkt, beispielsweise für die Autobauer Volkswagen, Audi und Porsche. Bekommt China einen Husten, wird auch die deutsche Wirtschaft krank. Erste Warnsignale gibt es bereits: Die chinesischen Importe stagnierten im April. „Das ist Besorgnis erregend“, sagte Ökonom Alistair Thornton von IHS Global Insight in Peking. „Das deutet auf eine echte Schwäche der Binnenwirtschaft hin.“ Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt wird einer Reuters-Umfrage unter Ökonomen zufolge in diesem Jahr um 8,2 Prozent wachsen. Das wäre das kleinste Plus seit einem Jahrzehnt. Die hohen Schulden der Kommunen, eine Immobilienblase und eine anziehende Inflation könnten das Wachstum aber noch kleiner ausfallen lassen.
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eben kam die Meldung: das etwa 3 Millionen Fachkräfte in Deutschland fehlen!?
Dem kann ich nur zustimmen. Ein furchtbarer Headline-Journalismus!
Reißerisch? Ja, wahrscheinlich!
Aber eine Gesellschaft, die schon gute Wachstumsraten der nächsten 20, vielleicht 50 und mehr Jahre fest verfrühstückt hat, ist das fraglos ein gewisser Einbruch. Man könte schon hochrechnen: Bis 2020 Steuermindereinnahmen (skuriler Begriff, skurile Sicht, aber so sind die Polit-Kasper) von rund 80 Mrd. € .........! Problem?
Nööö kein Problem. MINDEReinnahamen. Konjunkturell bedingt. Na dann machen wir Wachstuzmsprogramme auf Pump ..... Da ist ja dann so richtig sinnvoll. Die Staatsschulden bauen wir dann 2080 ab. Also nicht ab, wir Senken den Zuwachs der Neuverschuldung. Also nach 2080, versteht sich.
Wer es glaubt wird seelig ......
Wie tönte der scheidende Finanzminister des am höchsten verschuldeten Flächenlandes vor wenigen Tagen: Wir können schon voir 2020 ohne neue Schulden auskommen. Voraussetzung ist, dass die Steuereinnahmen so hoch bleiben wie zur Zeit.
In der auf Kante genähten Verschuldungsorgie sind schon verschiedene Nähte geplatzt. Mehr Druck und es platzen weitere. So einfach ist das. Deshalb ist der Artikel eben nicht nur reißerisch.
Nachdem die Reaktionen auf den Artikel sehr eindeutig waren, wurde die headline dem Inhalt des Artikels angepasst. Diese umgehende Reaktion auf die Kritik ist anerkennenswert! Danke an die Redaktion!
Wir retten alle und den Euro mit!!! Weil wir nun demnächst bis 67 Jahre arbeiten die Franzosen gehen dann wieder mit 60 Jahren in Rente und die haben einen flächendeckenden Mindestlohn von 9 Euro. Bei uns hingegen müssen Menschen für Dumpinglöhne von 4-5 Euro arbeiten. Da bleiben der Franzose und andere doc liebr im Bett liegen und schauen den Duestchen beim Arbeiten zu.
Und wenn es schlimmer wird, dann aebiten wir eben bis 72 Jahre und 55 Wochenstunden. Hauptsache Arbeit, das wird doch immer seitens der Politik proklammiert. Die Sklaven früher (Gott habe sie seelig) hatten auch immer Arbeit und als Lohn gab es die Knute !!
Dumm, dümmer, deutsch. Der tumbe Deutsche Michel lässt sich ausnutzen und ist noch stolz auf den Titel des Exportweltmeisters. Dabei übersieht er, dass alles was von Deutschen Firmen in Billiglohnländern produziert wird (also nicht bei uns), auch zum deutschen Export zählt !
Fachkräftemangel?
Hier sind sicher die leichten Mädchen für die Mittagspause in den Führungsetagen gemeint.
Es ist schon seltsam: Was sollen so reißerische Überschriften, die gar nicht der Realität entsprechen. Selbst im Artikel steht das anders.
Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung nicht bestätigen, daß die Stimmung dreht. Wir haben im Unternehmen sehr gut zu tun und auch der AE ist absolut ok.
nee. der kann dann weiterjaulen und jammern, dass die bisherigen tarifabschlüsse zu hoch angesetzt waren bei dieser jetzt angeblich kommenden rezession.
Ehrlich gesagt: Man hat doch schon all die Jahre auf dem Abschwung gewartet, und es wurde prognostiziert. Warum sollte nun Deutschland als Exporteur das Land der Glückseeligen bleiben???
Nein mich wundert es, dass der (milde) Abschwung nicht schon früher gekommen ist.
Aber eigentlcih bin ich auf froh, dass er nun da ist und ALLE wissen: Auch Deutschland hat ein Wachstumsproblem. Denn wie vor kurzem zu lesen war, hat Herr Soros vorgeschlagen (in Trient, Italien) Deutschland müsse sooofort was unternehmen, und zwar noch BEVOR der Abschwung kommt, so dass das Deutsche Wahlvolk sich gerade noch in Sicherheit wähnt.
Ich finde das einen ungeheurlichen Vorgang!!! Das ist quasi zu fordern, nochmal richtig Geld den PIIGS hinterherwerfen beovor ihr dann endgültig und richtig in der Sch...se steckt.
NEIN: Soros und PIIGS-Europa, Frankreich inkl. müssen jetzt einfach mal zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland einfach auch nicht mehr zahlen kann (als ob ESM nicht genug wäre), ach ja .....die Spanier wollen kein Geld vom ESM, auch gut. Aber anderes gibts halt momentan nicht und wirds hoffentlich auch niemals geben.
Letztlich sind dies alles Gelder aus UNSEREN Sozialkassen, und das werden ALLE merken, auch die eigenen Konjunktur. Man verlangt nun tatslächlich, dass wir mit unseren Sozialkassen spanische Banken retten.
Man muss die Rezession nutzen, um die aufgeblasene Finanzwirtschaft und die Schattenbanken auszutrocknen.
Zustimmung! Genau das habe ich auch gedacht, zumal im Artikel selbst die Überschrift vollständig widerlegt wird! Gegenüber Februar verbleibt noch immer ein Zuwachs von über 1%. Wegbrechen sieht anders aus. Leider ein weiteres Beispiel für eine Tendenz im Journalismus, die immer häufiger zu beobachten ist. Dies spricht entweder für oberflächliches Arbeiten oder aber man verfolgt einen bestimmten Zweck mit derartiger Berichterstattung. Beides ist fehl am Platze und hlchst gefährlich in einer fragilen Welt, die wir heute haben.