Industriepolitik Rohstoff-Strategie der Bundesregierung: Altmaier will mit 17 Maßnahmen die Versorgung sichern

Seltene Erden und seltene Metalle sind begehrt wie nie.
Berlin Energiewende, Elektromobilität und Digitalisierung haben ihren Preis: Sie lassen die Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen in die Höhe schießen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will mit der neuen „Rohstoffstrategie der Bundesregierung“ dazu beitragen, die Versorgung der Industrie mit begehrten Rohstoffen sicherzustellen. Die Strategie, die dem Handelsblatt vorliegt, wurde am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet.
Das 41 Seiten umfassende Papier umfasst 17 konkrete Maßnahmen, darunter Kreditgarantien für Rohstoffprojekte („Ungebundene Finanzkredite“, kurz UFK), die Forschungsförderung im Bereich Rohstoffverarbeitung sowie die Weiterentwicklung des Rohstoffmonitorings durch die Deutsche Rohstoffagentur und eine Stärkung der Kooperation mit rohstoffwirtschaftlich interessanten Ländern.
Das aktuelle Papier schreibt die 2010 veröffentlichte Rohstoffstrategie fort. Die neue Strategie kombiniert bewährte Instrumente mit neuen Ansätzen. Ziel der Strategie sei es, „die Unternehmen bei einer sicheren, verantwortungsvollen und nachhaltigen Rohstoffversorgung zu unterstützen“, heißt in dem Papier.
Während die erste Rohstoffstrategie noch unter dem Eindruck extrem erhöhter Preise gestanden habe, seien heute „vor allem die Nachfrageveränderungen durch disruptive Technologien, Handelsstreitigkeiten, hohe Marktmacht einzelner Akteure sowie gestiegene Anforderungen, sozial- und umweltgerechte Lieferketten und die Achtung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten zu garantieren, das beherrschende Thema“.
Die Wirtschaft ruft seit langem nach größerer Unterstützung durch die Politik bei der Rohstoffversorgung. Die Unternehmen argumentieren, es seien zum erheblichen Teil politische Entscheidungen, die eine erhöhte Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen auslösten. Daher müsse die Politik auch helfen, die Versorgung sicherzustellen.
Verkehrswende braucht viele Rohstoffe
Allein am Beispiel der politisch forcierten Wende im Verkehrssektor wird der erhöhte Rohstoffbedarf deutlich: Für Lithium-Ionen-Akkus in E-Autos braucht man Kobalt, für Brennstoffzellen Platin, für den Bau besonders leichter Fahrzeuge Aluminium, für Elektromotoren Kupfer. Insbesondere Kobalt gehört zu den Rohstoffen mit den höchsten Beschaffungsrisiken. Die hohe Konzentration von Förderung und Vorkommen in Risikoländern wie der Demokratischen Republik Kongo, Russland und Kuba ist dabei ausschlaggebend.
Und weil die Mobilität von morgen in hohem Maße vernetzt sein wird, ist sie zwingend mit dem Ausbau der Breitband-Infrastruktur verbunden. Die wiederum erfordert Glasfasernetze, die ohne das knappe Metall Germanium nicht denkbar sind.
Auch die Energiewende löst einen Run auf knappe Rohstoffe aus. Ohne Mangan, Selen, Molybdän und Niob dreht sich kein Windrad. „Bei einigen metallischen Rohstoffen gehen wir davon aus, dass sich der Bedarf bis 2035 um den Faktor zwei erhöht. Das könnte zu Problemen führen. Dabei geht es nicht um die Verfügbarkeit, sondern um den Zugang“, heißt es etwa bei der Wirtschaftsvereinigung Metalle (WVM).
Tatsächlich sind die meisten Rohstoffe nicht physisch knapp. Vielmehr erschwert ein wachender Ressourcennationalismus die Versorgung. In den vergangenen Jahren ist die Zahl handelsbeschränkender Maßnahmen massiv gestiegen. Hinzu kommt, dass China und andere Staaten versuchen, sich weltweit mit teilweise aggressiven und unfairen Strategien metallische Rohstoffquellen zu erschließen.
Das Bundeswirtschaftsministerium will mit seiner Strategie gegensteuern. Das Instrument der ungebundenen Finanzkredite dürfte dabei auch künftig eine zentrale Rolle spielen. Bislang wurden nach Angaben des Ministeriums für neun Projekte Garantien in einer Größenordnung von 4,4 Milliarden Euro übernommen.
Recycling-Prozesse sollen optimiert werden
Das Instrument soll ausgebaut und künftig auch für solche Finanzierungen angeboten werden, die nicht an ein konkretes Investitionsvorhaben gebunden sind. Voraussetzung werde weiterhin sein, dass im Gegenzug langfristige Abnahmeverträge zur Sicherung der Rohstoffversorgung deutscher Abnehmer geschlossen werden, heißt es in der neuen Rohstoffstrategie.
Auch innerhalb der Landesgrenzen sieht das Bundeswirtschaftsministerium Potenziale zur Rohstoffsicherung. Daher soll die Akzeptanz für die heimische Rohstoffgewinnung gestärkt werden.
Außerdem richtet sich der Blick auf die Kreislaufwirtschaft: „Die Bundesregierung wird Forschungs- und Entwicklungsprojekte in den Bereichen Aufbereitungstechnik und Metallurgie fördern, um komplexe Recyclingprozesse zu optimieren“, heißt es in der Strategie. Dies gelte insbesondere für Rohstoffe wie Seltene Erden, Indium, Gallium, Germanium und Lithium.
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