Interview „Ein KfW-Transformationsfonds wäre ein Fehler“ – Ökonom Lars Feld kritisiert Finanzierungspläne der Ampel

„Es sollte mittlerweile klar sein, dass der Staat nicht der bessere Unternehmer ist.“
Lars Feld rät davon ab, öffentliche Investitionen in Klimaschutz oder Digitalisierung über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) abzuwickeln. Ein KfW-Transformationsfonds sei ein Fehler. „Denn – das scheint den meisten in der aktuellen Debatte nicht klar zu sein – Investitionen sind etwas anderes als Subventionen“, sagte der Direktor des Walter-Eucken-Instituts dem Handelsblatt. „Soll der Staat den Unternehmen dann eine Gewinnausschüttung untersagen, damit das Geld auch ja für Investitionen genutzt wird?“
Im Umfeld der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP bestehen Überlegungen, die KfW zu nutzen, um bei Erhalt der Schuldenbremse die notwendigen Investitionen zu finanzieren.
Alternativ könnte die KfW durch staatliche Garantien Kredite absichern, damit sich Unternehmen günstiger verschulden und so einfacher investieren können. „Das halte ich in einem gewissen Rahmen für sinnvoll“, erklärte Feld. Das sei aber nur in einem begrenzten Umfang clever.
Die Idee, die KfW könne sich direkt an Unternehmen beteiligen, hält Feld für gefährlich. „Es sollte mittlerweile klar sein, dass der Staat nicht der bessere Unternehmer ist und solche Einstiege bei Herausforderungen wie dem Klimaschutz nicht helfen, weil sie Innovationshemmnis und Schwerfälligkeit mit sich bringen.“
Als Mittel für finanziellen Spielraum sieht er daher neben einer Ausgabenrevision die Möglichkeit, im nächsten Jahr eine Rücklage zu bilden. Dann ist die Schuldenbremse wegen der Corona-Pandemie noch ausgesetzt. Diesen Vorschlag hatten allerdings Staatsrechtler kritisiert. Feld erwiderte nun: „Das ist eine Frage der Verhältnismäßigkeit.“
Wenn jegliche öffentlichen Investitionen über diese Rücklage gestemmt würden, müsse im kommenden Jahr womöglich ein mittlerer dreistelliger Milliardenbetrag beiseitegelegt werden. Das sei nicht machbar. „Wenn die Rücklage bloß Teil der Maßnahmen zur Abmilderung der Pandemie-Folgen wäre, könnte dies verfassungsgemäß sein“, sagte der ehemalige Vorsitzende der Wirtschaftsweisen.
Lesen Sie hier das ganze Interview:
Herr Feld, haben Sie Hoffnung, dass die von SPD, Grünen und FDP geplanten massiven Investitionen im Rahmen der Schuldenbremse finanzierbar sind?
Trotz Schuldenbremse besteht finanzieller Spielraum. Wir brauchen uns aber nichts vorzumachen: Die Schuldenregel schränkt den finanzpolitischen Handlungsspielraum ein. Es wird also darauf ankommen, finanzpolitisch die richtigen Prioritäten zu setzen, um diese Investitionen zu leisten.
Die mögliche Ampel-Koalition könnte dafür die KfW nutzen. Eine gute Idee?
Das kommt ganz darauf an. Die KfW könnte durch staatliche Garantien Kredite absichern, damit sich Unternehmen günstiger verschulden und so einfacher investieren können. Das halte ich in einem gewissen Rahmen für sinnvoll. Hebelungsfantasien à la Juncker-Plan, mit dem die EU privates Kapital im Umfang des 15-Fachen der bereitgestellten öffentlichen Mittel mobilisieren wollte, taugen hingegen nicht. Das Bankensystem muss vielmehr in die Lage versetzt werden, Kredite an die Unternehmen zur Transformation zu vergeben.
Die KfW könnte stattdessen zu einem Transformationsfonds umgebaut werden und Unternehmen direkt bei Klimaschutz-Investitionen unterstützen.
Ein KfW-Transformationsfonds wäre ein Fehler. Denn – das scheint den meisten in der aktuellen Debatte nicht klar zu sein – Investitionen sind etwas anderes als Subventionen. Wenn der Staat über die KfW Unternehmen direkt Geld zur Verfügung stellt, ist das noch längst keine Investition. Soll der Staat den Unternehmen dann eine Gewinnausschüttung untersagen, damit das Geld auch ja für Investitionen genutzt wird? Außerdem ist die Ausstattung der KfW mit staatlichen Mitteln neben dem Haushalt mehr als heikel. So etwas muss immer einem klaren Sachzweck zuzuordnen sein. Klimaschutz an sich ist dafür zu vage.
Alternativ könnte der Staat direkt einsteigen und operativ agieren.
Ich sehe keinen Grund, dass das helfen würde. Der Bund ist bis in die 1990er-Jahre mit viel Mühe seine Industriebeteiligungen losgeworden. Es sollte mittlerweile klar sein, dass der Staat nicht der bessere Unternehmer ist und solche Einstiege bei Herausforderungen wie dem Klimaschutz nicht helfen, weil sie Innovationshemmnis und Schwerfälligkeit mit sich bringen. Eine Teilverstaatlichung der deutschen Industrie, nichts anderes beschreibt dieser Ansatz, ist keine Lösung.
Unternehmen wie die Deutsche Bahn könnten direkt kreditfinanzierte Investitionen in die Infrastruktur vornehmen. Dafür bräuchte der Staat erst gar nicht eingreifen, er ist ja schon Eigner.
Der Weg über öffentliche Unternehmen ist machbar, aber er muss praxistauglicher werden. Erstens dauern Genehmigungsverfahren viel zu lange. Bis ein Konzern wie die Deutsche Bahn solche Programme durchgebracht hat und zum Beispiel neue Schienen tatsächlich gelegt werden, vergeht viel zu viel Zeit. Zweitens gibt es nicht genügend öffentliche Unternehmen auf Bundesebene, um darüber einen signifikanten Investitionsanteil umzusetzen. Für den sozialen Wohnungsbau etwa mag einem die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in den Sinn kommen. Sie hat jedoch keinerlei Kompetenz im sozialen Wohnungsbau. Das muss auf kommunaler Ebene geplant und umgesetzt werden, das kann der Bund gar nicht sinnvoll.
Wenn die KfW bloß Kredite absichern soll, und das auch nur eingeschränkt: Wie sollen Investitionen dann finanziert werden?
Neben einer Ausgabenrevision bleibt die Möglichkeit, im nächsten Jahr eine Rücklage zu bilden. Dann ist die Schuldenbremse wegen der Corona-Pandemie noch ausgesetzt.
Diesen Vorschlag haben Sie kürzlich gemeinsam mit DIW-Präsident Marcel Fratzscher gemacht. Staatsrechtler haben jedoch erhebliche Bedenken, dass das verfassungskonform ist. FDP-Chef Christian Lindner nannte den Ansatz „unseriös“.
Es ist richtig, dass die Notfallklausel nur Verschuldung über die Schuldenbremse hinaus erlaubt, wenn diese die Abmilderung der Corona-Folgen zum Zweck hat. Aber genau dafür wäre die Rücklage schließlich gedacht. Investitionen, ob in Klimaschutz oder Digitalisierung, würden genau das tun, weil sie den Aufschwung stützen würden.
Die Juristen halten das aber für zu weit hergeholt.
Das ist eine Frage der Verhältnismäßigkeit. Wenn jegliche öffentlichen Investitionen über diese Rücklage gestemmt würden, müsste im kommenden Jahr womöglich ein mittlerer dreistelliger Milliardenbetrag beiseitegelegt werden. Das wäre sicherlich nicht machbar. Wenn die Rücklage bloß Teil der Maßnahmen zur Abmilderung der Pandemie-Folgen wäre, könnte dies verfassungsgemäß sein.
Mehr: Rettungsfonds ESM will europäische Schuldengrenze anheben.
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Die übliche alte Angstmacherei mit dem Popanz Verstaatlichung. Dümmer geht's nimmer.
Meiner Meinung nach sollte man eher das Fantasiekonstrukt "Schuldenbremse" einen Schritt näher an die Realität anpassen und die jährliche Inflation berücksichtigen. Würde man neben dem BIP auch noch die Geldentwertung berücksichtigen, so könnte Deutschland weit aus mehr Schulden aufnehmen und damit die notwendigen Investitionen finanzieren.