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Interview Heinrich Oberreuter zum Streit um die K-Frage: „Schuld am Dilemma trägt Merkel“

Der Politikwissenschaftler warnt vor den Folgen des Unions-Streits um die Kanzlerkandidatur – und sieht schon jetzt die CDU schwer beschädigt.
16.04.2021 - 06:14 Uhr 5 Kommentare
Bundeskanzlerin Merkel, NRW-Ministerpräsident Laschet (M.) und Bayerns Regierungschef Söder (r.) beim Bund-Länder-Treffen am 15. April im Bundeskanzleramt. Quelle: dpa
Merkel im Gespräch mit Söder und Laschet

Bundeskanzlerin Merkel, NRW-Ministerpräsident Laschet (M.) und Bayerns Regierungschef Söder (r.) beim Bund-Länder-Treffen am 15. April im Bundeskanzleramt.

(Foto: dpa)

Berlin Nach Einschätzung des Passauer Politikwissenschaftlers Heinrich Oberreuter trägt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Mitverantwortung für den Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Union. „Schuld am Dilemma trägt Merkel, die das Kanzleramt und den Parteivorsitz getrennt hat, was niemandem genutzt hat außer ihr selbst“, sagte Oberreuter dem Handelsblatt. Dazu gehöre auch die „Demontage“ der Ex-CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sowie die darauffolgende Suche nach einem Nachfolger.

Für Oberreuter ist in dem aktuellen Konflikt zwischen Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) schon jetzt ein Schaden für die Christdemokraten eingetreten. „Der CDU schadet der Streit deutlich, weil die Partei offensichtlich in der Fläche gespalten ist“, sagte der Politikprofessor mit Blick auf die Positionierung in manchen CDU-Landesverbänden.

So hat sich etwa die Hauptstadt-CDU geschlossen hinter den CSU-Vorsitzenden Söder gestellt. Am Donnerstag rückte auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) von Laschet ab. Ein Grund dürfte darin liegen, dass in dem Bundesland im Juni ein neuer Landtag gewählt wird.

Oberreuter attestierte Schröder Politikunfähigkeit, weil er „seine persönlichen Interessen und Maßstäbe über alles stellt“. Quelle: picture alliance / Eventpress
Heinrich Oberreuter

Oberreuter attestierte Schröder Politikunfähigkeit, weil er „seine persönlichen Interessen und Maßstäbe über alles stellt“.

(Foto: picture alliance / Eventpress)

„Für die CDU in Sachsen-Anhalt ist es sehr wichtig, dass die K-Frage nun schnell geklärt wird“, sagte Oberreuter. „Größere Aussichten bestehen für sie bei der Landtagswahl mit einem Kanzlerkandidaten Söder.“ Unverzichtbar dabei sei aber, dass der Unionsstreit beigelegt und dabei ein „ordentlicher Stil“ gewahrt werde.

Wie dies gelingen kann, wisse er nicht. Die Idee, der CSU attraktive Ministerien zu versprechen, hält Oberreuter allerdings für „schwachsinnig, weil man Preise nicht verteilen kann, bevor man sie in Händen hält – noch dazu bei der zu erwartenden abenteuerlichen Koalitionsbildung“.

Lesen Sie hier das gesamte Interview:

Herr Oberreuter, wie gefährlich ist der Konflikt um die Kanzlerkandidatur von CDU und CSU für den Zusammenhalt in der Union?
Wenn ein Zusammenhalt keine Konflikte aushält, ist er nicht viel wert. Wenn er darauf beruht, dass einer der Partner sich zu beugen hat, auch nicht. Dass zwei kooperierende Parteien unterschiedliche Ansichten darüber haben können, wer eine gemeinsame Führungsposition wahrnehmen soll, ist normal.

Was folgt daraus für den konkreten Konflikt?
In diesem Fall sollte der größere Partner vielleicht auch einbeziehen, dass seine Chance und die des Unionsverbunds, das Kanzleramt zu besetzen, nicht zuletzt von den erheblich besseren Wahlergebnissen der CSU abhängt.

Ist der Konflikt nicht trotzdem kontraproduktiv?
Diese Inszenierung ist zumindest nicht nützlich, aber letztlich auch dann nicht schädlich, wenn am Ende eine gemeinsam getragene Lösung herauskommt. Schuld am Dilemma trägt Merkel, die das Kanzleramt und den Parteivorsitz getrennt hat, was niemandem genutzt hat außer ihr selbst – die Demontage von Annegret Kramp-Karrenbauer und die nachfolgende Vorsitzendensuche inklusive.

Trotzdem noch einmal die Frage: Schadet der Streit am Ende dann nur der CDU oder auch der CSU?
Der CSU kaum, zumal sie das Verhalten der offiziellen CDU eher zusammenschweißt. Der CDU schadet der Streit deutlich, weil die Partei offensichtlich in der Fläche gespalten ist.

In der Unions-Bundestagsfraktion machen sich schon einige CDU-Abgeordnete Sorgen um ihr Mandat, sollte Laschet Kanzlerkandidat werden. Ist die Sorge berechtigt?
Vielleicht weniger als angenommen. Weitaus die meisten haben Direktmandate, und die wird man angesichts der neuen Stimmenverteilungen auch mit unter 30 Prozent verteidigen können. Mit Erdrutschverlusten allerdings nicht.

Markus Söder hat aktuell die viel besseren, auch persönlichen Umfragewerte. Warum scheint das in der unionsinternen Debatte für die CDU-Spitze keine große Rolle zu spielen?
Zunächst einmal sind Umfragen in der Tat nicht alles. Man muss dahinterschauen und die Fähigkeiten und Eigenschaften befragen. Dabei kommt Söder Corona zu Hilfe: Führungslinie und Führungskraft, Geradlinigkeit, Ausstrahlung. Alles in der Wahrnehmung. Laschets größere Verbindlichkeit ist ein inneres CDU-Kriterium – auf den oberen Etagen. Darunter spielt die Demoskopie doch offensichtlich eine wesentliche Rolle samt den dort berücksichtigten Söder’schen Tugenden.

Müsste nicht generell der Willen der CDU-Mitglieder stärker berücksichtigt werden?
Darum geht es ja, speziell aus Sicht der CSU. Aber verbindlich lässt sich dieser Wille jetzt und in kurzer Zeit kaum feststellen. Die Interpretationen der Fraktionssitzung durch die Laschet-Gruppe zeigen auch kein Interesse daran.

Der CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagt, Umfragen spielten nicht die ausschließliche Rolle, es gehe noch um andere Fähigkeiten, wenn man später eine Regierung führen und eine Partei zusammenhalten wolle. Und diese Fähigkeiten bringe Laschet mit. Sehen Sie das auch so?
Ich denke schon, dass Laschet das kann, vielleicht freundlicher. Aber ich denke nicht, dass Söder es nicht kann. Entscheidend ist aber: Um eine Regierung zu führen, muss man erst einmal die Chance kriegen, sie zu bilden. In diesem Kontext hat die Tugend der Parteiführung nicht keine, aber doch nachrangige Qualität.

Markus Söder hat als Wahlziel ein deutlich besseres Ergebnis als 30 Prozent gefordert. Wem trauen Sie das am ehesten zu – Söder oder Laschet?
Die Frage ist zu sehr konzentriert auf den Augenblick. Sind wir im September einigermaßen durch Corona durch und fällt der Union dann wieder ein bisschen Regierungsbonus zu, sollte sie mit jedem der beiden die Hürde 30 ein wenig überspringen können. Hält die Krise an, dann höchstens mit Söder.

Halten Sie es für denkbar, dass die Grünen in der Wählergunst noch an der Union vorbeiziehen?
Nur, wenn die Kandidatenfrage schmutzig gelöst wird und insofern in den Wahltermin einstrahlt. Findet die Union keine klare Linie, könnte ihr die weibliche Herausforderung durch die Grünen Probleme bereiten.

Im Juni sind in Sachsen-Anhalt Landtagswahlen. Wie wichtig ist es vor diesem Hintergrund, dass die K-Frage nun schnell beantwortet wird und die Union dann auch geschlossen hinter der Entscheidung steht?
Für die CDU in Sachsen-Anhalt ist es sehr wichtig, dass die K-Frage nun schnell geklärt wird. Größere Aussichten bestehen für sie bei der Landtagswahl mit einem Kanzlerkandidaten Söder. Unverzichtbar dabei ist aber, dass der Unionsstreit beigelegt und dabei ein ordentlicher Stil gewahrt wird.

Wie könnte ein Konsens zwischen Laschet und Söder aussehen?
Jenseits dessen, dass nach der Einigung, wer es macht, man sich gegenseitig so ehrlich wie möglich unterstützt, kann man dazu nichts sagen. Die Idee, der CSU attraktive Ministerien zu versprechen, ist schwachsinnig, weil man Preise nicht verteilen kann, bevor man sie in Händen hält – noch dazu bei der zu erwartenden abenteuerlichen Koalitionsbildung.

Wie ist es eigentlich zu erklären, dass es überhaupt zu diesem Machtkampf kommen konnte? Dass über die K-Frage entschieden werden muss, war doch lange bekannt...
Wie gesagt: Die von Merkel herbeigeführte Übergangssituation hat AKK demontiert und die Prozedur einer Vorsitzendenfindung heraufbeschworen. Das hat bis zu Beginn des Wahljahres gedauert, in dem Corona Aufmerksamkeit erforderte. Gleichwohl war es von allen Beteiligten leichtfertig, in diese Situation hineinzurutschen.

Welche Lehren sollten CDU und CSU aus diesem Hickhack für die Zukunft ziehen?
Sie sollten kollegialer und überlegter handeln.

Herr Oberreuter, vielen Dank für das Interview.

Mehr: Was die Wirtschaft von einem Kanzlerkandidaten Laschet hält

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5 Kommentare zu "Interview: Heinrich Oberreuter zum Streit um die K-Frage: „Schuld am Dilemma trägt Merkel“"

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  • Das ist schon ein bizarres Schauspiel: Jetzt soll Frau Merkel auch noch die Schuld tragen, das zwei Ministerpräsidenten nicht zu einer gemeinsamen Verantwortung für das Land finden können. Wenn die zwei Blagen sich streiten, geht das Gekreische los: Mutti war's. Mehr als infantil.

  • Endlich wird wieder diskutiert und gerungen, der Merkel Mief, wo alle nur ja sagen und Duckmäusertum scheinen zu Ende zu gehen. Ich bin weder für Söder noch für Laschet, Merz hat Merkel weggebissen und die CDU Parteiler haben sich an ihre Sessel geklammert. Lasst sie doch streiten, das gehört zur Demokratie.
    In der Presse wird doch nur Grün gelobt, die kleinste Fraktion hat die meiste und beste Presse.

  • Herr Siegmund: das sehe ich absolut genauso! Frau Merkel ist es scheinbar egal, was sie hinterlässt oder wie sie rückblickend gesehen wird. Eklatante Fehler sind neben der Besetzung der EU-Kommissions-Vorsitzenden mit Frau v.d.Leyen auch das Durchsetzen von AKK als Parteivorsitzende - spätestens seit dem Wahldebakel in Thüringen war zu erkennen, dass sie sich nicht durchsetzen kann. (Als Verteidigungsministerin bemüht sie sich redlich um Fortschritte für die Bundeswehr und deren Wehrtechnik - nachdem dort Herr Guttenberg und Frau von der Leyen gehaust haben) Aber: Frau Merkel hat immerhin - für sie wichtig - Herrn Merz als Vorsitzenden verhindert. Herr Söder versucht, Franz Josef Strauss nachzueifern - da fehlt ihm einfach das Format - Machtinstinkt und Darstellungskünste reichen einfach nicht.

  • Merkel und die Mehrheit der deutschen Presse haben die CDU ruiniert.
    Söder kann eventuell noch Grün Rot Rot verhindern.

  • Ja - ich teile die Meinung das FR. Merkel Schuld hat an dem ganzen Desaster. Wenn sie nach 2 Jahren ihrer 4-jährigen Amtszeit eine vernünftige Nachfolge und Übergabe für den Parteivorsitz und das Kanzleramt organisiert hätte, wäre alles gut gelaufen für die Union.
    So hat sie aus purem Egoismus gehandelt und neben ihrer mageren Bilanz auch noch Chaos und Zoff hinterlassen.
    Meine Güte was für eine verschenkte Zeit und liegengelassene Möglichkeiten. Sie hat es genauso wenig hinbekommen wie seinerzeit Helmut Kohl. Sie lernen es einfach nicht!

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