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Interview Ministerpräsident Reiner Haseloff: „Friedrich Merz bildet den Wirtschaftsflügel gut ab“

Der CDU-Regierungschef von Sachsen-Anhalt fordert die Rückkehr zur Freiheit in der Pandemie und erklärt, welche Folgen die Wahlen in seinem Land für Armin Laschet haben.
28.04.2021 - 16:29 Uhr Kommentieren
Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt fordert eine Verordnung, die die Rechte von Geimpften und Genesenen regelt. Quelle: imago/Hoffmann
Reiner Haseloff

Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt fordert eine Verordnung, die die Rechte von Geimpften und Genesenen regelt.

(Foto: imago/Hoffmann)

Berlin Reiner Haseloff verkörpert in diesen Tagen zwei wichtige Funktionen. Zum einen ist er Bundesratspräsident und wird daher genau gehört, wenn es um die Bund-Länder-Verhandlungen in der Corona-Politik geht. So hält Haseloff gar nichts davon, dass der Bund mit dem jüngst beschlossenen Notbremsengesetz Kompetenzen an sich gezogen und damit für viel Durcheinander gesorgt hat. „Wir haben mit dem Notbremsengesetz gelernt: Es wird nicht besser, wenn es der Bund allein macht“, sagte der 67-Jährige im Interview mit dem Handelsblatt.

Nun regle nicht mehr das Land in Verordnungen, was etwa mit testunwilligen Schülern geschieht oder wer die Elternbeiträge bei geschlossenen Kitas bezahlt, sondern das ferne Bundesgesundheitsministerium in Berlin.

Entsprechend unklar ist auch, inwieweit Grundrechte von Geimpften und Genesenen in der Corona-Pandemie noch beschnitten werden dürfen. „Ich fordere den Bund auf, so schnell wie möglich – am besten noch in dieser Woche – eine Verordnung vorzulegen, mit denen die Rechte von Corona-Geimpften und -Genesenen klar geregelt werden“, sagte Haseloff und bot gar eine Sondersitzung des Bundesrats an, um die Regeln schnell zu beschließen.

Zum anderen regiert Haseloff seit elf Jahren Sachsen-Anhalt und will es auch über den 6. Juni hinaus tun. In der Funktion fordert er seine Partei auf, mit der Streiterei aufzuhören. „Die Grünen profitieren aber nicht von eigenen Impulsen, sondern von der fehlenden Geschlossenheit in unseren eigenen Reihen. Solange das so ist, gibt es keine Wechselstimmung, sondern allein nur die Aufforderung in die eigenen Reihen: Leute, aufwachen! Wir müssen jetzt das, was wir können, als PS auf die Straße bringen.“

Er selbst hatte sich für CSU-Chef Markus Söder als Kanzlerkandidaten starkgemacht. Nun lobt er den CDU-Vorsitzenden Armin Laschet und dessen Entscheidung, Friedrich Merz ins Wahlkampfteam zu holen. „Armin Laschet und ich haben dies im Vorfeld besprochen und sehen mit Friedrich Merz den Wirtschaftsflügel gut abgebildet. Er hat mich schon 2010 unterstützt und wird mich auch bis zur Landtagswahl am 6. Juni mit mehreren Auftritten unterstützen“, sagte Haseloff.

Neben Laschet und Merz werden auch Söder und andere CDU-Granden wie Parteivize Julia Klöckner im Wahlkampf auftreten, geht es doch um viel. Vor allem aber ist für Haseloff entscheidend, dass die Pandemie besser bewältigt wird. „Die Pandemie einzudämmen ist das eine. Gesellschaftliches Leben muss aber auch funktionieren. Diese Klammer muss deutlich werden, dann vertrauen uns die Menschen auch wieder.“

Lesen Sie hier das komplette Interview:

Herr Ministerpräsident, Ihr Parteivorsitzender Armin Laschet hat Friedrich Merz für sein Wahlkampfteam benannt und ihm eine zentrale Rolle in Wirtschaftsfragen zugewiesen. Hilft Ihnen das in Ihrem Landtagswahlkampf?
Es ist eine wichtige Entscheidung, Friedrich Merz frühzeitig ins Wahlkampfteam für die Bundestagswahl aufzunehmen. Armin Laschet und ich haben dies im Vorfeld besprochen und sehen mit Friedrich Merz den Wirtschaftsflügel gut abgebildet. Er hat mich schon 2010 unterstützt und wird mich auch bis zur Landtagswahl am 6. Juni mit mehreren Auftritten unterstützen.

Markus Söder warnt die CDU davor, „Helmut Kohl 2.0“ darzustellen.
Ich weiß nicht, ob er damit Friedrich Merz meint. Eine Volkspartei hat viele Flügel und Gruppierungen. Unsere Stärke liegt darin, dass wir keine Klassenkämpfe führen, sondern Positionen zivil vereinen: das Soziale wie das Wirtschaftliche, Jung und Alt sowie vieles mehr. Dafür brauchen wir Leitfiguren, die Kompetenzen verkörpern. Ich bin froh, dass sich in meinem Wahlkampf alle bereit erklärt haben zu helfen: neben Friedrich Merz auch Armin Laschet und Markus Söder, aber auch andere Persönlichkeiten wie Julia Klöckner.

Wie muss sich die Union denn als neue Partei nach 16 Jahren Angela Merkel inhaltlich präsentieren?
Wir erleben eine Zeitenwende – personell, aber auch mit Blick auf die Herausforderungen wie Klimawandel und Digitalisierung. Die Pandemie hat auch die Vorzüge und Defizite der Europäischen Union aufgezeigt. Der Nationalstaat wurde in besonderem Maße gefordert, etwa beim Gesundheitsschutz und bei den Hilfen für Wirtschaft, Kultur und für viele Bürgerinnen und Bürger. Es hat sich gezeigt, dass Staaten handlungsfähig bleiben müssen. Sie müssen zusammen mit der Wirtschaft die Grundversorgung sicherstellen können, was weniger globale Arbeitsteilung zur Folge haben wird.

Sie haben den Kohleausstieg mitbeschlossen. Allein Ihr Bundesland bekommt fast fünf Milliarden Euro für den Strukturwandel. Was tun Sie damit?
Wir müssen Alternativen zur heutigen Energieversorgung entwickeln und zukunftssichere Arbeitsplätze schaffen. Das alles geschieht jetzt bei uns in den Industrie- und Chemieparks und soll helfen, dass wir klimaneutral werden und gleichzeitig eine starke Wirtschaft behalten. Das können wir als Union.

Die Grünen wähnen sich aber schon im Kanzleramt. Spüren Sie eine Wechselstimmung im Bund?
Von einer Wechselstimmung würde ich nicht sprechen. Wir sind in der Defensive, weil wir in einer schweren Zeit regieren, uns auf Bundesebene personell neu aufstellen und nicht alles optimal vermitteln und auch umsetzen.

Das Schreckgespenst der Union: Die Kanzlerkandidatin der Grünen Baerbock läuft CDU-Kandidat Laschet den Rang ab. Quelle: AFP
Grünen-Chefin Annalena Baerbock

Das Schreckgespenst der Union: Die Kanzlerkandidatin der Grünen Baerbock läuft CDU-Kandidat Laschet den Rang ab.

(Foto: AFP)

Das ist sehr vornehm formuliert...
Keine Frage, es ist nicht leicht. Die Grünen profitieren aber nicht von eigenen Impulsen, sondern von der fehlenden Geschlossenheit in unseren eigenen Reihen. Solange das so ist, gibt es keine Wechselstimmung, sondern allein nur die Aufforderung an die Union: Leute, aufwachen! Wir müssen jetzt das, was wir können, als PS auf die Straße bringen.

Bislang aber köchelt der Konflikt zwischen CDU und CSU. Herr Söder spricht sogar von einem unterschiedlichen Demokratieverständnis zwischen ihm und Herrn Laschet.
Wir sind eine Union. Es gibt viele bei uns in der CDU, weil es die CSU gibt. Und es gibt viele in der CSU, die Gedanken der CDU gut finden. Das sollte jeder respektieren. Nur so sind wir eine starke Volkspartei.

Ihr Erfolg oder Misserfolg am 6. Juni wird entscheidend sein, um die Grundstimmung für die Bundestagswahl zu legen. Verlieren Sie, dann steht der Bundesvorsitzende wieder in der Kritik. Wie sehr schadet Ihnen die Lage der Union im Wahlkampf?
Natürlich prägt die Stimmung in der Partei die Landtagswahl, auch wenn es zunächst ein regionales Ereignis ist. Hinzu kommen die überregionalen Themen: 2016 war es die Flüchtlingskrise, dieses Mal ist es die Pandemie. Aber wir setzen auf unsere eigenen Themen, und wir haben während der vielen Jahre des erfolgreichen Regierens in Sachsen-Anhalt Vertrauen aufgebaut. Ich bin zehn Jahre im Amt, und die Menschen wissen: Wir gehen unseren Sachsen-Anhalt-Weg und meistern die Herausforderungen unseres Landes mit eigenen Ansätzen und unter meiner Führung.


Sie liegen in den Umfragen bei 27 Prozent. Trotz K-Frage, Maskendeals und interner Streitereien im Landesverband haben Sie es in der Hand, mit wem Sie regieren. Wirkt da der Amtsbonus?
Ich bin da sehr vorsichtig bei Umfragen. 2016 haben viele Menschen am Wahltag aus Protest gegen die Flüchtlingspolitik die AfD gewählt. Deshalb ist es wichtig, dass wir als Exekutive auch im Bund gut arbeiten. Deswegen muss das Notbremsengesetz nachgebessert werden, damit die Menschen es verstehen. Die Pandemie einzudämmen ist das eine. Gesellschaftliches Leben muss aber auch funktionieren. Diese Klammer muss deutlich werden, dann vertrauen uns die Menschen auch wieder.

Es steht die Frage im Raum, welche Freiheiten Geimpfte genießen sollen, ob sie etwa noch Tests machen müssen. Reicht es, die Frage angesichts der Verfassungsklagen erst Ende Mai im Bundesrat zu beraten?
Ich fordere den Bund auf, so schnell wie möglich – am besten noch in dieser Woche – eine Verordnung vorzulegen, mit der die Rechte von Corona-Geimpften und -Genesenen klar geregelt werden. Ansonsten entsteht ein Flickenteppich, bei dem niemand mehr weiß, was gilt. Wir können im Parallelverfahren von Bundestag und Bundesrat die Verordnung noch in der kommenden Woche verabschieden. Der Bundesrat könnte schon am 7. Mai in seiner regulären Sitzung beschließen. Es wäre aber auch jederzeit eine Sondersitzung vor oder kurz nach diesem Datum möglich.

Und was ist, wenn der Bund sich Zeit lässt?
Im Grundgesetz ist klar festgelegt, welche Grundrechte den Bürgerinnen und Bürgern zustehen. Wenn der Staat in diese Rechte eingreift, dann muss er diese Eingriffe sehr gut begründen. Wenn wir nicht schnell handeln, werden Gerichte über Einschränkung der Grundrechte entscheiden. Geimpfte und Genesene müssen von der Testpflicht befreit werden, weil ihre Grundrechte nur aus zwingenden Gründen eingeschränkt werden dürfen. Offen ist die Frage der genauen Regelung für Genesene. Hier muss der Bund in Abstimmung mit dem Robert Koch-Institut und der Ständigen Impfkommission eine Antwort geben. Wir reden hier inzwischen von einer Gruppe von circa drei Millionen Menschen.

Der Bund hat die Kompetenz an sich gezogen. Muss der Föderalismus neu austariert werden?
Wir haben mit dem Notbremsegesetz gelernt: Es wird nicht besser, wenn es der Bund allein macht. Jetzt muss das Bundesgesundheitsministerium beantworten, was mit testunwilligen Schülern geschieht oder wer die Elternbeiträge bei geschlossenen Kitas bezahlt. Klar ist: Der Bund hat sich mit dem Gesetz keinen Gefallen getan. Wir haben damit Qualität und Tempo verloren. Daraus sollten wir lernen und wieder klar darauf achten, die Entscheidungen dort zu belassen, wo sie hingehören: bei den Menschen vor Ort.
Herr Haseloff, vielen Dank für das Interview.

Mehr: Verhältnismäßig oder nicht? So urteilten Gerichte bisher über lokale Ausgangssperren

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