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Interview „Nicht meckern, sondern mitmachen“ – Warum die Jungunternehmerin Hubertz in die Politik wechselt

Verena Hubertz gehört zu den wenigen Unternehmerinnen im Bundestag. Die erfolgreiche Gründerin will für die SPD eine Perspektive einbringen, die im Parlament unterrepräsentiert ist.
17.10.2021 - 13:15 Uhr Kommentieren
„Mein Weg ist sehr ungewöhnlich gewesen.“Foto: PR
Verena Hubertz

„Mein Weg ist sehr ungewöhnlich gewesen.“

Foto: PR

Berlin Verena Hubertz ist eine der wenigen Unternehmerinnen, die im neuen Bundestag vertreten sind. Die 33-Jährige hat bei der Bundestagswahl den Wahlkreis Trier/Saarburg in Rheinland-Pfalz für die SPD gewonnen. Für das Parlamentsmandat verlässt Hubertz das von ihr mitgegründete Start-up „Kitchen Stories“. Über 20 Millionen Mal haben Nutzer die Koch-App bisher heruntergeladen.

Hubertz findet es schade, dass so wenige Unternehmer in die Politik wechseln. „Unternehmerisches Denken, Handeln und Agieren kann auch für die politische Arbeit wichtig sein“, sagt sie.

Lesen Sie hier das gesamte Interview:

Frau Hubertz, was war für Sie die Motivation, in die Politik zu wechseln?
Ich bin schon seit elf Jahren in der SPD aktiv und habe mich sehr oft geärgert. Dann dachte ich: nicht meckern, sondern mitmachen. Und wenn man Dinge verändern will, dann im Herzen der Demokratie, dem Deutschen Bundestag. Dort geht mir vieles zu langsam voran. Die großen Herausforderungen wie der Klimawandel oder die Digitalisierung werden nicht entschlossen genug angepackt.

Und dann haben Sie gedacht: Jetzt ist es Zeit, in Berlin mitzumischen.
Nicht nur. Die Gelegenheit war auch günstig, weil in meiner Heimatregion Trier im dortigen SPD-Wahlkreis eine Nachfolge für Katarina Barley gesucht wurde, die ja nach Brüssel gewechselt ist. So kamen die Dinge zusammen. Ich habe mich dann entschieden, mich aus dem operativen Geschäft meines Unternehmens zu verabschieden und für den Bundestag zu kandidieren.

Ist es ein Problem, dass die Zahl der Unternehmer im Parlament sehr überschaubar ist?
Es ist generell ein Problem, dass der Bundestag für die Gesellschaft nicht repräsentativ ist. Wir haben gewisse Berufsgruppen, die das Parlament dominieren: Juristen, Lehrerinnen und Lehrer, viele, die aus dem öffentlichen Dienst kommen. Ich würde mir wünschen, dass die Vielfalt der Berufe besser abgebildet wäre. Zum Beispiel, dass der Pflegebereich stärker repräsentiert ist, dass wir mehr Menschen mit Migrationsgeschichte im Parlament haben, auch deutlich mehr Frauen. Der geringe Frauenanteil ist ein Riesenproblem.

Wäre es wichtig, mehr Unternehmerinnen und Unternehmer in der Politik zu haben, um zu verstehen, was die reale Wirtschaft wirklich umtreibt?
Definitiv. Unternehmerisches Denken, Handeln und Agieren kann für die politische Arbeit wichtig sein. Es müssen aber nicht unbedingt klassische Unternehmer sein, die diese Eigenschaften mitbringen. Thomas Sattelberger von der FDP zum Beispiel war Vorstand bei der Telekom.

Warum entscheiden sich so wenige Unternehmer für die Politik?
Das hängt stark damit zusammen, wie Parteien ihre Bundestagskandidaten aufstellen. Es ist schwierig, sich neben dem beruflichen Alltag in Parteien zu engagieren. Wenn man das nicht ein paar Jahre gemacht hat, wird man kaum die Chance bekommen, bei einer Wahl zu kandidieren.

Wie war das bei Ihnen?
Mein Weg ist sehr ungewöhnlich gewesen. Die SPD hat ein offenes Bewerbungsverfahren gemacht, und ich konnte mich für den Wahlkreis Trier bewerben. Ich habe also nicht vorher gewisse Stufen durchlaufen, war nicht im Stadtrat oder im Kreisvorstand aktiv. Deswegen bin ich für mehr Durchlässigkeit, damit nicht nur Parteipolitiker mit klassischem Weg eine Chance in der Politik haben. Das passiert noch viel zu selten.

Dann liegt es vor allem an den Parteien, dass es so wenige Quereinsteiger gibt?
Natürlich.

Könnte es auch daran liegen, dass der Wechsel in die Politik für einen Unternehmer finanziell nicht so attraktiv ist?
Ich glaube nicht, dass Geld entscheidend ist. Ausschlaggebend ist eher die Motivation, jetzt mitzuwerkeln. Natürlich ist ein Bundestagsmandat ein Amt auf Zeit. Aber hier kommt es auch auf den unternehmerischen Spirit an. Wir sind eben nicht Beamte, die ein Rückkehrrecht zu ihrer früheren Tätigkeit haben. Wir sind unternehmerische Menschen, die sich mit vollem Engagement den Herausforderungen stellen und sich mit Leib und Seele reinhängen. Da ist das Finanzielle eher zweitrangig.

Haben Sie eine Präferenz, in welchen Parlamentsausschuss Sie gehen möchten?
Wir durften schon einen Zettel bei der Fraktionsspitze abgeben und Wünsche äußern. Ich habe Wirtschaft, Finanzen, Digitales und Arbeit angekreuzt und bin gespannt, was es wird.

Was wollen Sie im Bundestag konkret bewegen?
Wenn man sich den Dax anschaut, dann sieht man ein Problem, vor dem Deutschland steht. Wir sind dominiert von großen Automobilherstellern, aber der letzte digitale Welterfolg war SAP. Klar kommen jetzt auch Unternehmen wie Hellofresh nach oben. Aber eigentlich haben wir es in den vergangenen Jahren vernachlässigt, die Zukunft so zu gestalten, dass neue Ideen groß werden können und die Gesellschaft davon profitiert.

Was muss sich ändern?
Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen für junge Unternehmer. Wir müssen schon in der Schule damit anfangen, das Gründer-Mindset, also Schritte in die Selbstständigkeit, zu unterrichten. Wir brauchen auch mehr Kapital, um Unternehmenserfolge zu ermöglichen.

Was schwebt Ihnen da vor?
Eine konkrete Idee von mir ist ein sogenannter Zukunftsfonds 2.0. Es kann doch nicht sein, dass ein Unternehmen wie Biontech aus Mainz sein Wachstum mit Geld aus dem Staatsfonds in Singapur finanziert. Warum haben wir keinen deutschen Staatsfonds, um solche Unternehmen zu unterstützen? Ich würde das gern mit der Rente verknüpfen. Da haben wir ein Finanzierungsproblem. Mit dem Zukunftsfonds 2.0 investieren wir in die Unternehmen der Zukunft und sichern mit der Rendite die Rente.

Frau Hubertz, vielen Dank für das Interview.

Mehr: Unternehmer Herrenknecht rechnet ab: „Die Grünen sind für mich Tagträumer“

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