Islamischer Staat: So rekrutiert die Terrormiliz IS
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Islamischer StaatSo rekrutiert die Terrormiliz IS
Auf der Wunschliste des IS stehen Akademiker ganz weit oben. Die Terrororganisation geht in Pakistans Metropole Karachi mit Vorliebe in gebildeteren Gesellschaftskreisen auf Anhängersuche – mit erschreckendem Erfolg.
04.03.2016 - 19:13 Uhr
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IS-Anhänger in
Die Terrormiliz - hier in Mossul, Irak, will auch in Pakistan Anhänger rekrutieren.
(Foto: AP)
Karachi „Bruder, du könntest so ein Gewinn für die islamische Gemeinschaft sein“, versicherte Anwerber Hasan Abdullah. Mit diesen Schmeicheleien wollte er den pakistanischen Journalisten zur Terrormiliz Islamischer Staat locken. Aber vergebens: Abdullah antwortete, er genieße das Leben und habe nicht die Absicht, sich den Dschihadisten anzuschließen. „Das Vergnügen dieses Lebens ist kurz. Du solltest für das Achira, das Leben danach, arbeiten“, drängte der Anwerber.
Der IS hatte auf Abdullah ein Auge geworfen, nicht weil er Anhänger einer extremistischen Ideologie war, sondern weil die Dschihadisten glaubten, er könnte als Journalist ein Segen für ihre Propaganda-Maschinerie sein, sagt Abdullah.
Das Buhlen des IS begann damit, dass ihm auf einer Social-Media-Plattform Informationen für eine Story angeboten wurden. Wochen später sprach ein Mann in einem Park Abdullah an und teilte ihm mit, er würde genau verfolgen, was er schreibe - er sei vom IS. Viele Fachleute würden sich dem IS anschließen, behauptete der Mann am Ende des Gespräches.
Die vielen Namen der Extremistenmiliz IS
Die Abkürzung steht für „Islamischer Staat im Irak und der Levante“ und ist vor allem im Englischen noch häufig zu hören. Sie kommt der Übersetzung des arabischen Namens recht nahe. Dort ist vom Islamischen Staat im Irak und „al-Scham“ die Rede, also Großsyrien unter den Omajaden und später den Abbasiden.
Die Kurzform von „Islamischer Staat im Irak und Syrien“.
Diese Abkürzung benutzt die Bundesanwaltschaft in ihren Pressemitteilungen. Sie steht für den „Islamischen Staat im Irak und Großsyrien“.
So nennt sich die Organisation selbst seit der Ausrufung ihres Kalifats 2014. Die Abkürzung steht für „Islamischer Staat“. Kritiker lehnen diese Bezeichnung ab, weil sie den Anspruch der Miliz untermauere, einen echten Staat – und noch dazu einen islamischen – geschaffen zu haben. Manche sprechen deshalb vom „sogenannten Islamischen Staat“.
Als Alternative ist in den vergangenen Monaten vermehrt die Bezeichnung Daesch oder Daisch in Mode gekommen. Dies ist die arabische Abkürzung für die Bezeichnung „Islamischer Staat im Irak und al-Scham“ (Al Daula al-Islamija fi al-Irak wa al-Scham). In den Ohren von Muttersprachlern klingt sie despektierlich, der IS selbst lehnt sie ab. Das ist ein Grund mehr für Gegner der Extremisten, sie zu verwenden.
Abdullahs Begegnung ist Ausdruck davon, wie der sogenannte Islamische Staat nach gebildeten Anhängern in Pakistan Ausschau hält. Die Häscher umwerben Studenten, Doktoren, Anwälte, Journalisten und Geschäftsleute und setzen zur Geldbeschaffung Frauengruppen ein. Eine Frauen-Akademie beispielsweise warb Frauen an, indem sie IS-Videos in den Klassenräumen zeigte. Die zwanzig Studentinnen drängten daraufhin wohlhabende Frauen aus der Mittelschicht zu religiösen Spenden an den IS, damit dieser sein Kalifat errichten könne.
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An renommierten Top-Universitäten des Landes sollen sogar radikalisierte Professoren unterrichten, die den geschützten Bereich des Klassenraumes nutzen, um die Studenten zu beeinflussen.
„Menschen zu finden, die bereit sind, sich eine Selbstmordweste umzuschnallen und sich in die Luft zu sprengen, ist einfach. Da gibt es Hunderte, Tausende“, sagt der Journalist Abdullah. Aber die Gebildeteren seien kostbarer: Fachleute eignen sich gut für Führungsposten und lassen sich einbinden in die machtvolle Propagandamaschinerie, die auf technisch anspruchsvolle Videos und den professionellen Einsatz von Social Media setzt.
In Karachi, der größten Stadt Pakistans, zeigen die IS-Kämpfer größte Präsenz. Die Hafenstadt mit rund 20 Millionen Einwohnern am Arabischen Meer ist beliebte Operationsbasis für militante Gruppen. In den wohlhabenden Bezirken lässt sich gut Geld beschaffen, und in den überbevölkerten, heruntergekommenen ärmeren Vierteln rund um die Stadt lassen sich neue Kämpfer anwerben und gute Unterschlupfe finden. Außerdem können die IS-Rekrutierer hier Verbindung in andere Teile des Landes herstellen. Denn die Bevölkerung besteht aus vielen Menschen, die aus ländlichen Gegenden oder Afghanistan auf der Suche nach Arbeit gekommen sind.